Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
Vom Netzwerk:
Rückgrat.
    »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, könnte ich eher ein weiches Kissen vertragen. Ich bin das Reiten nicht mehr gewohnt.«
    Der Bauer lachte schallend, während Bresser eher peinlich berührt aussah. »Wir werden sehen, was wir tun können«, sagte Temser. »Nun kommt erst einmal herein.« Er drehte sich um und blieb fast sofort wieder stehen, als er die beiden Pferde sah, die der Hofknecht zur Tränke auf der anderen Seite des Hofes geführt hatte. »Welches Pferd hat dieser 163
    nichtswürdige Kerl Euch gegeben?« fragte er. »Den Schecken oder die schwarze Stute?«
    »Die Stute«, antwortete Tobias, während Bressers Augen kleine Blitze in Temsers Richtung zu verschießen schienen.
    »Das sieht ihm ähnlich. Der Gaul ist fast so alt wie er selbst und kaum noch gut genug, einen kleinen Wagen zu ziehen.« Er seufzte tief und bedachte Bresser mit einem vorwurfsvollen Blick. »Ich werde Euch ein anderes Pferd geben, wenn Ihr weiterreitet«, sagte er. »Eines, auf dem man auch reiten kann. Ulbert!« fügte er mit erhobener Stimme hinzu.
    »Sattelt die Graue für den Herrn. Und beeil dich!«
    »Ich habe ein friedliches Pferd herausgesucht«, verteidigte sich Bresser. »Wäre es dir lieber, ich hätte eines genommen, auf dem er sich den Hals bricht?«
    Temser würdigte ihn nicht einmal einer Antwort, sondern ging zum Haus, und Tobias folgte ihm. Kurz bevor er es betrat, blieb er noch einmal stehen und sah sich um. Die meisten der kleinen Gestalten auf dem Scheunendach hatten ihre Arbeit wieder aufgenommen, und das Hämmern und Rufen hallte wieder genauso laut über den Hof wie vorhin.
    Nur einer der Männer regte sich noch nicht, sondern blickte weiter zu ihnen herab. Dann erkannte ihn Tobias. Es war Derwalt. Er widerstand im letzten Moment der Versuchung, ihm zuzunicken, und beeilte sich, Temser zu folgen.
    Im Haus hatte die Bäuerin bereits das vorbereitet, was sie unter einer einfachen Mahlzeit verstehen mochte: der große Tisch in der hellen, überraschend geräumigen Wohnküche bog sich schier unter den aufgetragenen Speisen und Getränken, so daß Tobias unwillkürlich stehenblieb und die beiden Bauersleute überrascht ansah.
    »Oh, das ist nur ein Zufall«, sagte Temser lächelnd. »Wir haben schon alles für ein Mahl vorbereitet. Die Leute drau-
    ßen, Ihr versteht?« Er deutete auf das Fenster, hinter dem die im Bau befindliche Scheune sichtbar war. »Wir können nicht viel bezahlen. Die letzte Ernte war nicht sehr gut. Die meisten arbeiten nur für eine Mahlzeit und einen Laib Brot, den sie mit nach Hause nehmen können.«
    »Ihr . . . eßt sehr früh«, sagte Tobias, während er zum 164
    Tisch ging und sich setzte - eigentlich nur, um überhaupt etwas zu sagen, denn er bemerkte aus den Augenwinkeln, daß Bresser schon wieder zum Sprechen angesetzt hatte.
    Allmählich begann ihm seine Art, sich ständig einzu-mischen, auf die Nerven zu gehen.
    »Gezwungenermaßen, Vater. Die Männer gehen früh nach Hause. Der Weg nach Buchenfeld ist weit, und sie haben Angst, von der Dunkelheit überrascht zu werden.«
    Seine Stimme klang bei diesen Worten so spöttisch, daß Tobias ihn unwillkürlich fragte: »Ihr nicht?«
    »Nein«, antwortete Temser. »Sie sind ein abergläubisches Pack, wenn Ihr mich fragt.«
    »Ihr habt keine Angst vor den . . . Dingen, die hier nachts geschehen?« fragte Tobias.
    »Dinge?« Temser schien das Wort einen Moment auf der Zunge zu behalten wie einen Schluck Bier, dessen Geschmack er prüfte - und der ihm nicht gefiel. Schließlich zuckte er mit den Schultern. »Dinge geschehen oder auch nicht«, antwortete er geheimnisvoll. »Aber jetzt greift doch erst einmal zu. Hier, nehmt - bei einem guten Schluck spricht es sich besser.«
    Er beugte sich über den Tisch und füllte Tobias' Becher randvoll mit goldgelbem Bier, das köstlich schmeckte. Und nach dem anstrengenden Ritt hierher war es eine schiere Wohltat. Tobias leerte den Becher mit dankbaren großen Schlucken und ließ sich ohne Protest nachschenken, nippte aber danach nur noch daran. Er brauchte einen klaren Kopf.
    Bresser trank einen winzigen Schluck, ehe er seinen Krug wieder absetzte. Er starrte aus dem Fenster.
    Mit ihnen waren auch ein paar von den Kindern hereingekommen, die sich jetzt ohne Scheu von den aufgetischten Speisen bedienten. Tobias sah lächelnd auf sie herab. Er mochte Kinder. Wie sagte doch der Herr? Ihnen gehörte das Himmelreich.
    »Das sind doch nicht alles Eure Kinder, oder?« fragte Tobias.
    Temser

Weitere Kostenlose Bücher