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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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Gewitter, kein Donner?«
    »Hinterher«, sagte Bert. »Kurz darauf brach ein Gewitter los.«
    »Das war unser Glück«, fügte Temser hinzu. »Hätte es nicht zu regnen begonnen, dann wäre vielleicht alles abgebrannt. So waren es nur ein paar Sack Korn und eine alte Scheune.«
    »Ihr nehmt den Verlust Eurer Ernte sehr gelassen«, sagte Tobias.
    Temser zuckte mit den Schultern. »Es war ohnehin nicht viel. Ich bekomme nichts zurück, wenn ich mit dem Schicksal hadere. Außerdem . . .« fügte er mit einem raschen, spöttischen Blick in Bressers Richtung hinzu, ». . . wird uns der Graf sicherlich helfen, das Schlimmste zu überstehen.
    Und wir haben noch ein paar Vorräte für den Winter.«
    Bresser starrte ihn wütend an, enthielt sich aber jedweder Antwort.
    »Was für ein Wetter herrschte an diesem Tag?« wandte sich Tobias an Stefan.
    170
    Der Knecht überlegte nicht lange. »Es war heiß«, sagte er.
    »Sehr heiß. Und schwül. Man konnte kaum atmen, so
    schlimm wurde es. Die Luft knisterte.«
    »Vielleicht war es wirklich nur ein Gewitter«, sagte Tobias nachdenklich. Fast nur um Bresser zu beruhigen, fügte er hinzu: »Vielleicht. Ich werde . . . darüber nachdenken.«
    »Tut das, Vater«, sagte Bresser, während er und Temser weiter zornige Blicke wechselten. Und hinter ihm sah Derwalt kurz von seiner Arbeit auf und warf Tobias einen fast beschwörenden Blick zu. Er antwortete mit einem angedeuteten Nicken.
    »Ich denke, es wird jetzt wirklich Zeit«, sagte er. »Geht und holt die Pferde, Bresser. Ich möchte mich noch etwas umsehen.« Er machte eine Kopfbewegung auf eine Rußspur in der Wand. »Nur einen Moment.«
    Bresser blickte ihn fast ebenso finster an, wie er gerade den Bauern und seine beiden Knechte gemustert hatte, aber dann verschwand er ohne ein weiteres Wort, und Tobias ging rasch zur Wand hinüber, ehe Temser Gelegenheit fand, ihn wieder in ein Gespräch zu verwickeln. Nach einigen Augenblicken schickte der Bauer die beiden Knechte wieder an ihre Arbeit zurück und ging ebenfalls.
    Für eine Weile blieb Tobias einfach vor dem verschmorten Wandstück stehen und betrachtete es interessiert. Nicht, daß ihm der Anblick irgend etwas gesagt hätte - der Stein war schwarz verkohlt und brüchig geworden. Aber er hatte nie zuvor einen Blitzschlag gesehen, von einigen gespaltenen Bäumen einmal abgesehen. Trotzdem untersuchte er die Stelle äußerst gewissenhaft, ehe er sich umwandte und dann scheinbar ziellos durch die Scheune zu schlendern begann.
    Neben Derwalt blieb er stehen und fragte so laut, daß seine Worte überall gehört werden mußten: »Und was ist mit Euch, guter Mann? Habt Ihr den Blitz auch gesehen?« Sehr viel leiser, und ohne die Lippen zu bewegen, fügte er hinzu:
    »Was war gestern abend los mit Euch, Derwalt?«
    »Nein«, antwortete Derwalt in der gleichen, schon fast übertriebenen Lautstärke. »Ich lebe nicht hier auf dem Hof.
    Ich bin aus Buchenfeld.« Flüsternd fügte er hinzu: »Geht 171
    nicht zum Grafen, ich beschwöre Euch! Nicht heute!« Und wieder laut und deutlich hörbar: »Ich muß Euch sprechen.
    Kommt heute nacht hierher. Ich werde Temser bitten, hier schlafen zu dürfen. Um Mitternacht an der Scheune.«
    »Ist noch mehr Volk aus Buchenfeld hier?« fragte Tobias laut, und mit einem neugierigen Blick in die Runde.
    Der Zimmermann hob die Hand und machte eine Geste,
    die die ganze Scheune einschloß. »Fast alle, Herr. Soll ich sie rufen?«
    Tobias tat so, als überlege er eine Weile. In Wahrheit betrachtete er die winzigen Gestalten auf dem Dach über sich aufmerksam. Einige hatten in ihrer Arbeit innegehalten und blickten zu Derwalt und ihm herab. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Aber ich rede später noch mit ihnen.
    Vielleicht am Sonntag - nach der Messe.«

7
    Das Schloß des Grafen lag mitten im Wald, eine Viertelstunde über eine sich durch das Unterholz quälende Straße, die dermaßen von Wagenspuren und Löchern durchzogen war, daß ihre Pferde mehrmals stolperten und sie alle Mühe hatten, in den Sätteln zu bleiben. Der Anblick des Schlosses war seit langer Zeit das erste Bild, das Tobias' Vorstellungen so genau entsprach, als hätte er es schon einmal gesehen: Eigentlich war es eher eine Burg als ein Schloß; eine finstere, zinnengekrönte Burg mit einer niedrigen Mauer und einem Turm, der breiter als hoch war und keine Fenster hatte. Die Mauern waren dreifach mannshoch, so daß selbst das flache Dach des Turmes nicht über die

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