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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall
Autoren: Roman Rausch
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musste Schröder erreichen, damit er Verstärkung holen konnte. Er tippte seine Nummer ein und wartete auf das Rufzeichen.
    Das Gebimmel eines Handys, nicht weit entfernt, ließ ihn hochschrecken. Es kam aus der Richtung, aus der geschossen wurde. Kilian blickte überrascht dorthin. Schröder?, fragte er sich, war Schröder doch in der Nähe? Er konnte nicht viel erkennen, nur so viel, dass über dem blutüberströmten Leibwächter Galina kniete. Sie durchsuchte seine Taschen. Die übrigen Männer waren verschwunden.
    »Verdammt«, beschwor er das Handy, »wo steckst du?«
    Das Knirschen von Kieselsteinen ließ ihn herumfahren. Er blickte nach oben und spürte im selben Augenblick einen Schlag an seinem Kopf. Bevor es gänzlich Nacht um ihn herum wurde, glaubte er, die grinsende Fratze von Otter erkannt zu haben.

2
    Fünf Monate später.
    Es war die zweite Woche nachdem sich der Sommer endgültig aus Würzburg verabschiedet hatte. Der Main und die Uferpromenade waren in dichten Nebel gehüllt. Nur die Brücken trotzten der grauen Einvernahme und waren in das schummrig orangefarbene Licht der Straßenbeleuchtung getaucht. Durch die Straßen schleppte sich stockend der morgendliche Berufsverkehr. Auf dem Main lagen Ausflugsboote und Containerschiffe fest vertäut. Darüber dröhnte ein Nebelhorn durchs Maintal, das jeden sonstigen Laut für eine Minute schluckte.
    Sein Hall drang durch die Gauben in den Dachstuhl eines vierstöckigen Hauses zwischen alter und neuer Mainbrücke. Kilian schreckte hoch und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zu, bis das Dröhnen abgeklungen war. Er saß aufrecht im Bett und blickte auf die Umzugskartons, die sich vor ihm bis an die Decke stapelten. Die meisten waren unberührt und verschlossen. Seine Yamaha-Stereoanlage stand auf einer Kiste mit der Aufschrift »Genova-Francoforta«. Daneben ragten drei Säulen CDs in die Höhe. Alles in Greifweite eines Tisches mit zwei Stühlen, der vom faden Licht eines Dachfensters erhellt wurde. Darüber verliefen horizontal massive Balken, auf denen der Dachstuhl ruhte. Mitten im Raum stand ein alter Holzofen, dessen Abzugsrohr provisorisch durch das Dach getrieben war.
    Der Raum war alles in allem kahl, unwirtlich und hatte seinem Bewohner keine Annehmlichkeit zu bieten, außer dass er Kilian kostenlos und unbefristet zur Verfügung stand. Diese zeitliche Unbestimmtheit war genau nach seinem Geschmack. Er brauchte sich um Mietverträge, Kaution und Renovierung keine Gedanken zu machen, genauso, wie er diesem Taubenschlag von heute auf morgen in Richtung Süden entfliehen konnte, ohne jemandem Bescheid geben zu müssen, zumal ihm seine finanzielle Lage als degradierter Sonderermittler auf dem Posten eines Kommissars keinen großen Bewegungsspielraum ließ.
    Doch eine Bedingung hatte ihm Heinlein, sein Kollege im Kommissariat 1 für Tötungsdelikte und der Vermittler der Behausung, abgerungen: Verschwiegenheit.
    Der Dachstuhl war ein frostsicherer Lagerplatz für Erichs Beutestücke. Er war ein Freund Heinleins und hatte auf sein Drängen seine Schatzkammer als Übergangsquartier zur Verfügung gestellt. Kilian war damit fürs Erste einverstanden. Längerfristig hatte er seinen Aufenthalt in der ungelittenen Stadt ohnehin nicht geplant. Über die Herkunft und Deklaration der eingelagerten Kühlschränke, Handys und Computerteile sollte und wollte er schließlich nichts wissen. Sie waren einen Raum weiter untergebracht, den er nicht betrat. Für Erich hingegen war die Anwesenheit Kilians ein Geschenk des Himmels. Seine Betriebsmittel standen fortan unter polizeilichem Schutz, der ihn zudem nichts kostete. So bekamen alle, Kilian wie Erich, was sie brauchten.
    Eine Hand glitt Kilians Rücken hinauf und streichelte ihn sanft. Kilian zuckte zurück. Der Schmerz war noch immer da. Zwei gebrochene Rippen und eine neue Erfahrung waren das Ergebnis des Einsatzes im Residenzgarten gewesen.
    »Immer noch Schmerzen?«, fragte Pia.
    Sie setzte sich auf und küsste ihn auf Schultern und Hals. Kilian erhob sich wortlos und schlurfte zum Tisch. Die Flasche Carlos lag kopfüber am Rand. Auf dem Wachs, das den Kerzenständer fest mit der Tischplatte verband, glänzten noch ein paar Tropfen. Kilian streifte mit seinem Finger darüber und leckte ihn ab. Dabei sah er aus dem Fenster hinunter auf den Alten Kranen. Die zwei Löscharme ragten zur Hälfte aus der grauen Suppe heraus. Er hob den Blick hinüber auf die andere Mainseite. Die Festung Marienberg
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