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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Kater ging ihr dabei um die Beine, die in dicke, selbst gestrickte Strümpfe aus echter peruanischer Alpakawolle gefasst waren. Darüber schloss sich ein nicht minder gesunder Morgenmantel aus rauschmittelfreiem Hanf an, den sie der amerikanischen Importware aus gifttriefender Baumwolle entgegensetzte. Die rettende Flucht in ökologisch erzeugte Produkte hatte sie längst angetreten, und sie gipfelte, zu Heinleins Entsetzen, in einem hennafarbenen Schopf, der sie als eines der fünf Wilden Weiber Würzburgs, kurz WWW, kenntlich machte. Die Gruppe war im Sommer mit dem Ziel gegründet worden, dem bevorstehenden Übergang einer von Männern dominierten Gesellschaftsform hin zu einer matriarchalischen Vorschub zu leisten. Wie dies politisch vonstatten gehen sollte, wurde einmal wöchentlich in der Wasserpfeife, einem türkischen Café am jenseitigen Mainufer, ausbaldowert. Dabei lümmelten sich die wilden fünf zwischen Sitzkissen und füllten reihum die Lungen mit dem kühlen Rauch einer geheimnisvollen Mischung aus dem Amazonas, bevor sie sinnierend neue demokratische Modelle der aufkommenden Weibergesellschaft entwarfen. Ihrer Ehe mit einem Polizeibeamten hatte es Claudia zu verdanken, dass sie Sprecherin für den Bereich Familie, Erziehung & Beruf war – wohlgemerkt in einer Gesellschaft, in der Frauen die Geschicke des Staates leiteten, während die Männer sich um die Aufzucht der Kleinen zu kümmern hatten. Die anderen vier Wilden waren alle nicht (mehr) verheiratet, also geschieden oder niemals gefreit. Diese Erfahrung qualifizierte sie für die staatstragenden Fragen einer neuen Innen- und Außenpolitik bis hin zur Entscheidung, inwieweit die faszinierenden Möglichkeiten der Genetik, besonders mit Blick auf die männliche Nachkommenschaft, anzuwenden seien.
    Heinlein ahnte Schlimmes auf sich zukommen, wenn er Claudia am nächsten Morgen nach dem Verlauf der Diskussionen in der Weiberrunde befragte. Zu seiner Zufriedenheit besann er sich letztlich auf die von Gott gegebene Ordnung, in der Frauen noch immer die Kinder zur Welt brachten und Männer das Heim unterhielten und es gegen Gefahren von außen schützten.
    Was er jedoch übersah, war die Gefahr von innen. Und dazu gehörte seit neuestem auch dieser schwarze Kater, der Claudia nicht mehr von der Seite ging.
    Das Katzenvieh hatte sie sich gegen seinen vergeblichen Protest von einer der wilden fünf aufschwatzen lassen, die sich für schamanische Exerzitien nach Mexiko verabschiedet hatte. Heinlein konnte Merlin, so war er in der Walpurgisnacht der Urgöttin Gaia geweiht worden, nicht ausstehen, er zerkratzte hemmungslos das gute Wohnzimmersofa und machte ihm seinen Stammplatz streitig. Seine anfänglich vorsichtigen Versuche, dem Katzenvieh die Hackordnung im Hause nahe zu bringen, quittierte Merlin mit zusammengekniffenen gelben Schlitzaugen und dem drohenden Fauchen eines Konkurrenten. Seitdem setzte der verschmähte Hausherr hinter Claudias Rücken Pfefferspray gegen den Aggressor ein, um seine Ansprüche durchzusetzen.
    »Welche Leichen?«, fragte Thomas, Heinleins pubertierender Stammhalter. Er hatte seine Giovane-Elber-Phase des Sommers hinter sich gebracht und konzentrierte sich nun auf die Weltanschauung des Hip-Hop. Baggy-Pants, Sneakers, Kapuzen-T-Shirt und ein immer wiederkehrendes Yo! oder Respect! gingen einher mit den Moves einer an die Slums der Schwarzen verlorenen deutschen Jugend.
    »Na die, hinter denen der Kilian die ganze Zeit her war«, antwortete Vera, seine ältere, 14-jährige Schwester. Seit ihrem Mitwirken am Mozartfest im Kreise der Bamberger Symphoniker hatte auch sie sich weiterentwickelt. Zurzeit befand sie sich im Bann des minimalistischen Calvin Klein und dessen androgyner Mode, die ihr Taschengeld und Heinleins Einkommen schwer belastete. Den Werbe-Claim »She wants me« fand sie zwar voll behämmert, aber sie zeigte Herz für gerade Linien und das ausgezehrte Super-Männer-Model im Werbespot. »Er schaut so unschuldig und unverdorben«, meinte sie. Wer von den beiden ein Er sein soll, hatte Claudia gefragt. Für sie sahen beide Darsteller aus, als wären sie ausgehungert einem Asylantenheim entsprungen und müssten nun alle möglichen Arbeiten annehmen, um an Geld für Klamotten und Essen zu kommen. Denn so, wie sie aussahen, müsste man ja davonlaufen, wenn man ihnen tagsüber begegnete. Vera beruhigte sie. Mit Asylantenheimen hätten die beiden nun wirklich nichts zu tun. Mit Geld schon eher. Manche der Models
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