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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall
Autoren: Roman Rausch
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verdienten pro Tag Zehntausende Mark. Davon könnte man sich viel Brot und Kleider kaufen. »Und wieso tun sie es dann nicht?«, fragte Claudia neugierig. »Weil sie Profis sind«, entgegnete Vera. Und Profis pflegen ihren Stil. Denn Stil sei die Grundlage für Erfolg im Beruf und im Leben. Claudia hatte sich daraufhin die Stilfrage vor dem Spiegel gestellt. Ein paar Pfund waren über den Sommer dazugekommen. »Meinst du, ich habe Stil?«, hatte sie Vera gefragt. »Sicher«, antwortete sie. Mutter Beimer würde es nicht ewig machen. Und wenn gar nichts mehr ginge, dann gäbe es ja auch noch die Weight Watchers. Vorher und Nachher. »Und? Was bin ich? Vorher oder Nachher?«, wollte Claudia wissen. Vera behielt die Antwort für sich. Claudias Ehemann Schorsch hatte die gleiche Frage folgendermaßen beantwortet: »Es kommt zusammen, was zusammen gehört. Vorher oder nachher. Das ist egal. Hauptsache, her.« Claudia hatte sich mit dieser Antwort vorerst zufrieden gegeben. Sollte er ihr beim nächsten Mal aber auch mit einer derart zweideutigen Antwort kommen, dann würde sie ihn sich eindeutig zur Brust nehmen.
    »Geschlagene fünf Monate hat der Kilian das ganze K1 verrückt gemacht«, sagte Heinlein. »Wenn der Oberhammer nicht rechtzeitig eingeschritten wäre, dann würde er noch immer den Friedhof umgraben wollen.«
    »Yo! Friedhöfe umgraben ist voll krass«, lobte Thomas die Idee und schnallte den Schulranzen über.
    »Dann hast du deinen Traumjob ja endlich gefunden«, sagte Vera und folgte ihm hinaus.
    »Eure Pausenbrote!«, rief Claudia die beiden zurück.
    »Muss das sein?«, fragte Thomas, während er die beiden in Alufolie eingewickelten Päckchen entgegennahm.
    »Keine Widerrede«, schmetterte Claudia jeden Einwand gegen den Magerquark mit rohem Spinat und Kressegarnierung zwischen zwei Dinkelvollkornscheiben ab. »Das gibt Kraft und ist gesund, besonders für deine kleinen grauen Zellen.«
    Sein flehender Blick richtete sich an seinen Vater. Doch Heinlein seufzte nur tief, teils in stiller Solidarität mit seinem Sprössling, zum anderen in weiser Vorausahnung, dass auch er mit Claudias Öko-Kraft-Happen rechnen musste.
    Thomas gab sich geschlagen. »Womit habe ich diese Eltern nur verdient …«, und schon war er zur Tür hinaus.
    »Was glaubst du? Ist der Kilian jetzt tatsächlich plemplem geworden?«, fragte Claudia Heinlein.
    »Viel fehlt nicht mehr dazu. Nur gut, dass Pia noch zu ihm hält. Ohne sie hätte er schon längst seinen Jagdschein in der Tasche. Dann hätte er freie Fahrt.«
    »Freie Fahrt wohin?«
    »Wohin auch immer. Alles scheint besser für ihn zu sein als Würzburg.«
    »Aber ich dachte, dass er eine Wohnung gefunden und sich eingelebt hat.«
    Heinlein nickte wortlos. Es war besser, Erichs Lager nicht preiszugeben. Zum Schluss wollte sie ihn dort auch noch besuchen. Es wäre peinlich für ihn geworden, wenn Claudia in Erichs geheimer Dachboden-»Schatzkammer« auf ihr nächstes Geburtstagsgeschenk, ein Designerkleid von zweifelhafter Herkunft, gestoßen wäre. Der Kleiderständer mit den »Markenschnäppchen« stand dort immer noch herum.
    »Wie läuft’s eigentlich mit Pia und Kilian?«
    »Gut, schlecht, gut. Ich weiß nicht, was heute dran ist. Ich hab Pia von Anfang an abgeraten. Die beiden passen einfach nicht zusammen. Aber, du weißt ja, wie so was ist.«
    »Was soll das heißen, ›ich weiß, wie so was ist‹?!«
    *
    Die junge Thai-Frau stand frierend auf dem Balkon. Eingepackt in eine dicke pinkfarbene Daunenjacke rauchte sie nervös eine Zigarette. Sie zitterte am ganzen Körper und trat von einem Bein auf das andere. Die Balkontür war fest zugezogen, damit kein Rauch in die Wohnung eindringen konnte. Wenn sie auf den Petersplatz hinunterblickte, sah sie den voll besetzten Parkplatz der Regierung von Unterfranken. Davor schlängelten sich Nase an Stoßstange zahlreiche wild geparkte Fahrzeuge das Kopfsteinpflaster entlang, sodass der Kreuzungsbereich nicht nur für Autofahrer schwer einzusehen war. Auch Fußgänger hatten ihre liebe Not, heranfahrende Autos rechtzeitig zu erkennen und sich vor dem Überqueren der Straße bemerkbar zu machen.
    Über allem thronte das vierstöckige Kastengebäude der Regierung von Unterfranken, im gleichsam schmucklosen wie auch einfallslosen Stil schnell hochgezogener Betonbauten der 50er Jahre. Damit das Grau des Baus nicht ganz so trist auf Besucher und Mitarbeiter wirkte, verzierten zum einen marmorierte Steinplatten die Fassade, zum
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