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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Obduzent, ab und zu ins Mikrophon sprach. Der Rest von Stahl lag ausgebreitet auf dem Seziertisch. Für Kilian war es leicht zu erkennen, dass er sich beim Sturz alle Knochen gebrochen hatte und der größte Teil der inneren Organe geplatzt oder zerrissen war. Ernst, der von Pia und Karl geschätzte Assistent bei den Obduktionen, hatte alle Hände voll damit zu tun, genügend Schalen heranzuschaffen, um die vielen Knochen- und Schädelfragmente getrennt aufzunehmen, damit eine Zuordnung noch möglich war. Zum anderen mussten die zerstörten Organe für das Wiegen mühsam zusammengeklaubt werden. Er sah nicht glücklich dabei aus und hatte den Zahnstocher, den er bei Obduktionen zwischen den Zähnen kreisen ließ, bereits bis auf einen kleinen Rest abgebissen. Seiner eigentlichen Arbeit, der Öffnung, war er in diesem Fall beraubt worden.
    »Ja, servus, Kilian«, begrüßte ihn Karl. »Du bist zu früh. Der Bericht dauert noch e’ weng.«
    »Schon okay«, beschwichtigte Kilian. »Habt ihr bislang was gefunden, das mir helfen könnte? Ich tapp noch völlig im Dunkeln.«
    »Dann mach das Licht an«, konterte Pia vorlaut. Sie trennte gerade mit dem Skalpell ein Stück Sehne vom völlig zerschmetterten Unterschenkel Stahls ab.
    »Sehr witzig«, antwortete Kilian und lief an Pia vorbei, die ihm flüchtig einen Kuss auf die Wange gab. Kilian schreckte zurück und schaute auf Karl und Ernst, ob sie es beobachtet hatten. Die beiden waren über Stahls geöffneten Schädel gebeugt und entnahmen konzentriert die vorhandenen Reste des Gehirns.
    »Lass das«, zischte er Pia leise an.
    »Weiß doch eh schon jeder«, flüsterte sie besänftigend und zwinkerte Kilian zu.
    »Was?«, fragte Kilian mit unterdrückter Stimme.
    »Dass du mit unserer Pia ins Bett steigst«, mischte sich Karl schmunzelnd ein.
    Kilian überging die Bloßstellung, als hätte er sie nicht gehört.
    »Jetzt mal im Ernst, habt ihr was finden können?«
    »So wie es bisher ausschaut, ist der Mann in Folge eines Sturzes aus großer Höhe, genauer gesagt, in Folge des Aufpralls gestorben. Alles, was man an lebenswichtigen Organen zum Leben so braucht, ist entweder geplatzt oder zerrissen. Da haben wir die Milz, die Leber, das Herz, die eingefallenen Lungen und weniger als die Hälfte der Hirnmasse. Die andere Hälfte liegt drüben im Eimer oder schwimmt in der Kanalisation. Und als ob das noch nicht gereicht hätte, hat er sich auch noch nahezu jeden Knochen im Leib gebrochen.«
    »Irgendein Hinweis auf Fremdeinwirkung?«
    »Bisher nicht«, antwortete Pia, »und genau da liegt das Problem.«
    »Was meinst du?«
    »Er hat keinerlei Schnittstellen am Körper, die er sich beim Sturz durchs Fenster hätte zuziehen müssen. Weder vorne noch hinten ein Schnitt.«
    »Das ist mehr als seltsam. Es schaut so aus, als hätte jemand das Fenster vor seinem Sturz zertrümmert und ihn dann rausgeschmissen, oder er hat das Fenster vorher selbst zertrümmert und ist dann …«
    »Vielleicht ist er auch gar nicht durchs Fenster gesprungen, sondern vom Dach. Dann müsste jemand anderes das Fenster … Nein das ist Unsinn«, gab Kilian zu.
    »Genau«, erwiderte Pia. »Die Frage, von wo er gesprungen ist und wie das Fenster zerschlagen wurde, von dem wir nicht wissen, ob er es selbst gemacht hat oder jemand anderes, ist, nach allem, was ich an der Aufschlagstelle feststellen konnte, ähnlich dubios, wie die Entfernung des Körpers zur Hausfront. Er lag keine zwei Meter von ihr entfernt. Bei einem Selbstmörder, der springt, müsste sie weiter weg liegen. Bleibt also vorsätzliche Tötung oder Unfall.«
    Allen bis auf Kilian schien die Erklärung schlüssig. Zumindest widersprach niemand. »Kannst du mir das bitte übersetzen?«, fragte er.
    »Selbstmord scheidet meines Erachtens aus. Egal, ob er nun durchs Fenster oder vom Dach gesprungen ist. Der Körper liegt einfach zu nahe an der Hausfront. Es scheint fast so, als habe ihn jemand aus dem Fenster oder vom Dach nach draußen gehalten und ihn einfach losgelassen. Nur so ist die Lage nachvollziehbar.«
    »Ist das nicht ein bisschen wenig, um Selbstmord auszuschließen?«
    »Ich schließe es nicht aus, sondern ich sage, dass es einen Hinweis gibt, der die Selbstmordtheorie deutlich in Frage stellt. Solltest du jedoch mit einem Abschiedsbrief kommen oder mit Selbstmorddrohungen im Vorfeld, dann müssen wir uns Gedanken über einen Helfer machen, der ihn irgendwie dazu gebracht hat, nicht wie ein typischer Selbstmörder zu

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