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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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erkennst. Das hab ich mir fast gedacht.« Otter entriss Kilian die Papiere und steckte sie ein.
    »Arbeitest du für Schröder?«, fragte Kilian.
    Otter antwortete nicht, sondern stieg in den Wagen und fuhr los. Kilian schlug an das Seitenfenster und rief: »Sag Schröder, dass er seinen Speichellecker abziehen kann. Ich brauch ihn nicht.«
    Der Wagen verschwand hinter einer Kurve.
    Kilian ging zu seinem Wagen. Er schaute sich nach Walter um, doch der war nirgends zu sehen.
    Kaum hatte Kilians Wagen die Straße verlassen, als Otter zurückkam, vor dem Eingang zur Rechtsmedizin parkte und hineinging.
    *
    Kilian nahm den Weg über die Mergentheimer Straße hinauf auf den Nikolausberg. Das war ein Fehler, denn er hätte gleich rechts nach der Löwenbrücke abbiegen sollen, um den Schleichweg über die Höfe zu nehmen. Aber er hatte es nicht getan, und so hing er auf Höhe des Judenbühlweges fest, da vor ihm drei Spuren von überbreiten Transportern genutzt wurden. Sie kamen von der Autobahn und lieferten schweres Gerät für die Festivitäten, die am ersten Tag des EU-Sicherheitstreffens auf der Burg veranstaltet werden sollten. Dazu sollte die Zeit um mehr als zweihundert Jahre zurückgedreht werden. Für die Staatsgäste war die Aufführung eines mittelalterlichen Spektakels geplant. Riesige Bühnenbilder, Lichtmasten, Tonnen Kabel, Scheinwerfer so groß wie Kleinbusse und Pferde und Ochsen nebst Karren wurden dafür herangeschafft.
    Kilian wurde dieser sinnlose und nicht mehr zu rechtfertigende Aufwand zu viel, sodass er in den Judenbühlweg einbog, um von hinten auf den Dallenberg zu kommen. Das Haus von Stahl, das dieser nur kurz hatte beziehen können, lag in einer abschüssigen Kurve des Würzburger Millionärshügels. Die herrschaftliche Villa war von außen kaum einzusehen. Hohe Büsche verwehrten jeden zudringlichen Einblick. Nur durch das reich verzierte schmiedeeiserne Tor war zu erahnen, was sich dahinter verbarg. Zu Kilians Überraschung stand das Tor nur angelehnt, sodass er auf die Benutzung der Sprechanlage verzichtete. Er parkte den Wagen vor dem Tor und schritt eine Anhöhe hinauf, die in einem Kreisel vor vier dorischen Säulen endete. Dahinter erhob sich ein dreistöckiger Jugendstilbau, der für Kilians Geschmack etwas zu rosa geraten war und nicht original aus jener Zeit stammte, sondern eine mehr oder weniger gelungene Kopie darstellte.
    Wie er die Anhöhe auf dünnem Schotter hinaufging, fragte er sich, was für ein Typ Mensch Stahl gewesen sein mochte. Würde sich jemand freiwillig vom Dach oder gar aus dem Fenster zu Tode stürzen und auf dieses Anwesen und das damit verbundene Ansehen verzichten, nur weil etwas schief gelaufen war? Das war schwer vorstellbar angesichts der gepflegten Gartenanlage, des Springbrunnens, der stillen Ecken zum Verschnaufen und nicht zuletzt wegen des grandiosen Blicks auf die Stadt. Nein, deswegen würde man sich nicht umbringen, eher denjenigen, der versuchte, einem dies wegzunehmen.
    Stahl musste stattdessen ein Mann gewesen sein, der alles darangesetzt hatte, ein Umfeld für sich zu schaffen, das ihn bei den Gästen und Besuchern seines Palastes ins rechte Licht setzte. Er wollte strahlen. Daran hatte Kilian keinen Zweifel.
    Auf halbem Weg zur Eingangstür machte Kilian Halt und bestaunte den Pool, der von Eiben eingefasst war, die im Sommer erfrischenden Schatten spendeten. Im dahinter liegenden Gewächshaus waren die für diese Jahreszeit zu empfindlichen exotischen Pflanzen untergebracht. Ein dschungelgleicher Wintergarten war durch die Verglasung zu erkennen. Darin ein weiteres Wasserspiel mit Engeln und Lustknaben, bequeme Couchen, Stühle und eine Bar. Vielleicht ein wenig zu viel des Guten, dachte Kilian, aber er konnte sich durchaus vorstellen, diesen Luxus für ein paar Monate zu genießen, um seinem Taubenverschlag in der Stadt zu entkommen.
    Kilian ging von einer Videokamera beobachtet an den vier Säulen vorbei zur Tür. Er klopfte, wartete und bemühte sich um einen freundlichen, wenn auch bestimmten Blick in die Linse. Wer würde ihm öffnen? Ein Diener in Livree? Ein Dienstmädchen? Die Dame des Hauses mit Zigarettenspitze, gelangweiltem Blick und französischem Akzent? Oder nur ein übergewichtiger Spross des Hausherrn, dem unverständlicherweise jeglicher Drang auf die ersten Plätze abhanden ging?
    Doch weder Dienerschaft noch Herrschaft zeigten sich.
    »Ist jemand zu Hause?«, rief er in die Kamera.
    Sie blieb stumm und unerbittlich, und so

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