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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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zurück. Und dann gehörst du mir. Mitsamt der Perle.«
    Er stürzte sich in die Wellen und schwamm hinaus. Julia begann zu zählen. Bei zwanzig war er kaum noch zu sehen.
    »Und man hat ihn nicht gefunden?«, fragte Kilian.
    Julia weinte und schüttelte den Kopf. »Tagelang haben sie gesucht. Jede Bucht, jeden Strand und Hafen. Nichts. Er blieb verschwunden. Die Strömung, sagten sie, die Strömung muss ihn aufs Meer hinausgezogen haben. Und wenn er dort in eine Schiffsschraube gekommen ist, dann …«
    »Wie lange, sagten Sie, ist das jetzt her?«
    »Über zehn Jahre. Ich weiß nicht mehr. Seitdem gibt es keine Zeit mehr für mich. Alles ist unwichtig geworden.«
    »Ich kann Sie gut verstehen.«
    »Kennen Sie das Gefühl, nicht mehr lebendig zu sein? Nur noch als wandelnder Toter zu existieren?«
    »Nicht ganz. Aber ich glaube, ich war erst vor kurzem an einem Ort, der so ähnlich war.«
    Julia nickte und sah schweigend auf den Main.
    »Und dieser andere Mann, mit dem Bent sich im Hafen getroffen hatte, haben sie ihn noch einmal gesehen?«, fragte Kilian.
    »O ja«, antwortete sie.
    Ihn würde sie niemals vergessen.
    Der letzte Bahnhof vor der deutschen Grenze hieß Padborg.
    Die Abteiltür wurde aufgezogen, und der BGS-Beamte fragte sie: »Julia Dröhmer? Sind Sie Julia Dröhmer?«
    Julia nickte teilnahmslos.
    »Kommen Sie bitte mit«, befahl der Beamte und führte sie aus dem Zug.
    Die Kollegen vom Verfassungsschutz waren weniger freundlich zu ihr. »Gestehen Sie endlich, Frau Dröhmer. Sie haben der Gegenseite Akten zugespielt. Es gibt keinen Zweifel daran. Wir haben Beweise, was Sie aus dem Auswärtigen Amt herausgeschafft haben und mit wem Sie in Kontakt getreten sind.«
    Julia starrte während der wochenlangen Befragungen gegen die Wand. Nichts hatte sie von all den Vorwürfen und Anschuldigungen mitbekommen. Sie prallten an ihr ab. Erst als im Gerichtssaal Stahl auftauchte, wurde sie hellwach. Die Richterin hatte den Saal räumen lassen. Nur der Staatsanwalt und ihr Anwalt durften anwesend sein. Beiden machte sie zur Auflage, dass Stahl oberster Geheimhaltungsstufe unterlag und jedwede Weitergabe seiner Identität als Geheimnisverrat verfolgt und bestraft würde.
    »Herr Zeuge«, fragte sie Stahl, »berichten Sie uns über die Vorwürfe, die gegen die Angeklagte vorgetragen werden.«
    Stahl baute sich vor der Richterin auf. »Die Angeklagte hatte ihren Kontaktmann an dem betreffenden Ort getroffen und ihm Material übergeben, das sie zuvor freiwillig und ohne Drängen des flüchtigen Mannes beschafft hatte.«
    »Was macht Sie da so sicher?«
    »Die flüchtige Zielperson hat mir Informationen, die die Angeklagte beschafft haben soll, angeboten. Er sagte: ›Da wo ich das herhabe, gibt es noch viel mehr.‹ Die Angeklagte sei eine seiner besten Quellen und nötige ihm das Material quasi auf. Als Gegenleistung müsse er ihr dienlich sein. Sie soll ferner etwas gegen ihn in der Hand gehabt haben, wodurch er erpressbar gewesen sein soll. Was das war, weiß ich nicht. Die flüchtige Person hat jedoch über sein Unbehagen in dieser Situation mit mir gesprochen.«
    »Woher kannten Sie ihn?«
    »Er kannte mich. Ich weiß nicht woher. Er hatte mich vor dem geplanten Zugriff nach Dänemark bestellt. Er sagte, er würde für ein internationales Friedensinstitut arbeiten und suche Kontakt zu den deutschen Behörden. Das Material sei hochbrisant und wäre ihm gerade von der Angeklagten zugespielt worden. Ich dachte mir nichts Schlimmes und wollte natürlich meinen Teil zur Sicherung des deutschen Staates beitragen. Es waren ja turbulente Wochen, wie wir uns alle erinnern.«
    »Waren Sie ihm bei der Kontaktaufnahme behilflich?«
    »Nein, natürlich nicht. Als ich sah, worum es sich handelte, habe ich mich sofort vom Treffpunkt entfernt und die deutsche Botschaft informiert. Es war eindeutig, dass das Material aus Deutschland stammte und streng geheimer Natur war.«
    »Sie haben ihn also weder vorher noch nachher jemals gesehen, getroffen oder sonst mit ihm Kontakt gehabt?«
    »Nein, Frau Vorsitzende.«
    »Den ermittelnden Stellen des Verfassungsschutzes ist der Name und die Identität eines Bent Sørensen unbekannt. Sie bitten darum eine nähere Beschreibung oder ein Bild des flüchtigen Mannes abzugeben. Herr Zeuge, wie sah dieser Mann nach Ihrer Beschreibung aus?«
    Stahl wand sich um eine Aussage herum. »Wie ich schon den Kollegen des Verfassungsschutzes sagte, ich habe den betreffenden Mann nur einmal kurz getroffen.

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