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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Er hatte das Treffen so arrangiert, dass ich die ganze Zeit in die tief liegende Sonne schauen musste. Also beim besten Willen …«
    »Schon gut, Herr Zeuge.« Zu Julia gewandt: »Und Sie, Angeklagte, wie sah der Mann aus, dem Sie geheimes Material aus dem Auswärtigen Amt zugespielt hatten?«
    Julia saß teilnahmslos auf der Anklagebank. Sie hörte die Frage nicht mehr, sondern fixierte Stahl, der unschuldig wie ein Opferlamm zu ihr herübersah.
    »Was ist dann passiert?«, fragte Kilian.
    »Fünf Jahre ohne Bewährung«, antwortete Julia. »Ich habe jeden einzelnen Tag in einer separaten und von den anderen Häftlingen abgeschirmten Zelle verbracht. Niemals Kontakt zu einem Mitgefangenen. Selbst das Personal wurde auf mich abgestimmt. Keine zwei Worte durften sie ohne eine zweite Aufsichtsperson mit mir wechseln.«
    »Und danach?«
    »Ging ich zurück nach Dänemark. Ich hab das Haus gekauft und lebe seitdem dort.«
    »Nie mehr die Lust verspürt, nach Deutschland zurückzukommen?«
    »Dieses Land hat mir alles genommen, was ich je gehabt habe. Es braucht mich nicht, und ich brauche das Land nicht.«
    »Was machen Sie dann hier in Würzburg?«
    Julia stand unvermittelt auf, lächelte ihn an und entfernte sich.
    »Warten Sie«, rief Kilian ihr nach. »Ich habe das nicht so gemeint.«
    Ohne sich umzudrehen, hob sie die Hand, winkte ihm zu und stieg die Stufen zur Stadt hoch.

8
    Der Plan.
    Im altehrwürdigen Traditionslokal Maulaffenbäck hatte sich »die Loosche«, wie sich die fünf mittlerweile untereinander konspirativ nannten, zusammengefunden. Hinten in der Ecke, getarnt als friedlicher »Kulturhistorischer Verein zur Pflege und Förderung mainfränkischer Lebensart e. V.«, saßen sie an einem Tisch mit dem Vereinswimpel, einem tanzenden Pärchen in fränkischer Tracht. Drumherum fünf Schoppengläser und mindestens ebenso viele, bereits geleerte Weinflaschen. Kurz bevor das übliche Trinkgelage auszubrechen drohte, ergriff Heinz-Günther Fürst, der Erste Vorsitzende, das Wort:
    »Lassen wir die Förmlichkeiten, Herrschaften, diese Fernsehsendung anlässlich der Verabschiedung unseres allseits geschätzten Regierungspräsidenten, der sich redlich bemüht hat, wenigstens ein bisschen für uns Franken bei dieser Bayerischen Staatsregierung herauszuholen, ist der Grund unseres außerplanmäßigen Zusammenkommens …«
    »Außerplanmäßig?«, blaffte Erich, »sou a G’schwätz, mir sitze doch ümmr do herinne.«
    »Du vielleicht, alter Saufsack«, wurde er von Renate gemaßregelt, »mir annere müsse manchmal a e’ weng was schaff.«
    »Fängst scho widder o, du alde Schachtl«, konterte Erich.
    »Kannst net emal dei Raffl halt und erwachsene Leut ausred’ lass?«
    »Gebt’s e’ Ruh«, ging Heinlein dazwischen, »und lasst den Heinz-Günther fertich red.«
    »Eben«, fuhr Heinz-Günther fort. Er suchte nach dem Faden, den er ob des Einwurfs verloren hatte. »Diese Sendung … wer hat sie von euch g’sehn?«
    »Ich net. Den Käs von dene Dödel guck ich mir net o«, raunzte Erich. »Die letzte hat mer g’reicht. Ich säh nu immer nix auf den ena Aach …«
    Heinlein und Renate zuckten ahnungslos mit den Schultern. Walter, der fünfte im Bunde, blieb auffallend still. Er schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein und starrte verloren in sein Schoppenglas, aus dem er noch keine zwei Schlucke getrunken hatte.
    »Und du?«, fragte Heinz-Günther.
    Walter reagierte nicht. Heinlein stupste ihn an und fragte:
    »Walter? Hast du die Sendung gesehen, von der der Heinz- Günther rett’?«
    Walter schreckte hoch. »Nein, es ist alles klar. Werkli …«
    Sie schauten ihn zweifelnd an. »Hast du die Sendung g’sehn?«, wiederholte Heinlein.
    »Sendung?«, fragte Walter.
    »Ja, die Sendung, du Schlaffsack«, motzte Erich.
    Walter fand noch immer keine Antwort und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das volle Schoppenglas vor ihm.
    Die anderen schauten sich fragend an, bis Heinz-Günther wieder das Wort ergriff: »Is ja jetzt wurscht. Auf jeden Fall is mir diese Lobhudelei von denna Möchtegern-Franken ganz schö aufs Gemüt g’schlag’n. Dass se ihm net glei den Hermelin vor der Kamera umgelegt ham, hat no g’fehlt …«
    »Wen meenst’n?«, fragte Heinlein. »Den scheidenden Regierungspräsidenten? Den Vogt?«
    »Na, den Roiber natürlich. Wie se dem ’n Honich ums Maul g’schmiert ham«, ereiferte sich Heinz-Günther, »zum Kotzen war’s. ›Ihr Unterfranken‹ … Wenn ich des Wort scho hör, kriech

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