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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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ihn am Fuß und hielt ihn fest. Kilian hatte keine andere Chance, als mit dem freien Fuß zuzutreten. Er erwischte den Verfolger voll im Gesicht.
    Als Kilian wieder auf die Füße kam, sah er Otter auf die Alte Mainbrücke rennen. Er nahm die Verfolgung auf. Zu seinem Glück war die Mainbrücke mit Beamten aus der PI Würzburg gesichert, die ihn kannten und ihn auf Zuruf passieren ließen. Auf der anderen Mainseite angekommen, sah er Thomas und Otter die Burkarder Straße entlanglaufen. Er folgte ihnen bis zur Kirche. Doch plötzlich waren die beiden wie vom Erdboden verschluckt. Nur eine kleine Tür in der Hauswand mit der Aufschrift »Löschwasser Husarenkeller« fand er offen vor. Er schaute hinein und erkannte einen dunklen Gang, in dem Wasserleitungen bergaufwärts verliefen.
    »Thomas«, rief er hinein.
    Er erhielt keine Antwort, außer dass Gesteinsbrocken aus dem Dunkeln ihm vor die Füße kullerten. Kilian ging hinein. Nach wenigen Metern war das wenige Licht vom Eingang verbraucht, und er tastete sich die Wand entlang. Sie war feucht, und es roch nach moderndem Wasser.
    *
    Nachdem die Kolonne über den Zeller Berg auf die Festung gefahren war, hatte sich die Menge in der Domstraße schon längst auf die Cafés und Kneipen verteilt. Julia ging mit ihrem Koffer in der Hand in die Kaiserstraße und betrat an deren Ende die Bahnhofshalle. Sie kaufte sich eine Fahrkarte nach Kopenhagen und setzte sich auf eine Bank. Vor ihr wurden die Bilder der eintreffenden Staatsgäste auf eine Leinwand übertragen. Im inneren Burghof der Festung empfing der Ministerpräsident die Gäste und führte sie in die Tagungsräume. Plötzlich erstarrte sie. Im Gefolge der amerikanischen Außenministerin wurde John Frankenheimer von einem Reporter über die anstehenden Themen des Treffens befragt. Julia hörte nicht, was er sagte. Sie klebte an seinen Augen und konnte nicht glauben, dass er tatsächlich lebte.

10
    Kilian nahm ein Feuerzeug zur Hand und zündete die Flamme. Im matten Lichtschein erkannte er, dass er sich in einem teilweise verschütteten Gang befand, der steil nach oben verlief. Das Rundgemäuer war mit Moos verwachsen, und die Stufen sahen glitschig aus. Vorsichtig nahm er Stufe um Stufe, während der Straßenlärm in seinem Rücken allmählich verebbte. Er war vielleicht dreißig Meter vorwärts gekommen, als sich die Aufschüttungen bis nahe an die Decke erstreckten. Gebückt und schließlich kriechend arbeitete er sich weiter vor, bis er an einen Schacht gelangt war. Er stieg ihn hoch und stand wenig später inmitten des Schlossberges unterhalb der Festung.
    Vor ihm erhoben sich eine vier Meter hohe Mauer und die Festung Marienberg, die majestätisch alles überragte. Der Randersackerer Turm und der Marienturm begrenzten sie an den jeweiligen Seiten und stachen erhaben in den Himmel. Zwischen Burg und Mauer lagen Weinberge, die steil bis an die nächste, die eigentliche Burgmauer heranreichten. Im ausgehenden Tageslicht erkannte er Thomas und den ihn verfolgenden Otter. Sie waren rund einhundert Höhenmeter über ihm. Kilian kletterte über die Mauer und trat den steilen Aufstieg an, damit er überhaupt noch eine Chance hatte, Thomas vor Otter zu schützen. Je näher er der Burgmauer kam, desto schneller wurde sein Atem und desto überwältigender nahm die Festung die Szenerie um ihn herum ein.
    Keuchend stand Kilian endlich vor der Burgmauer. Er stützte sich auf seine Knie und japste nach Luft. Die Stadt unter ihm leuchtete wie ein Fleckerlteppich aus Tausenden kleiner Lichter. Autos waren auf Ameisengröße geschrumpft und zogen still ihre Bahnen im Labyrinth der Straßen entlang des Mains. Der Himmel über ihm färbte sich schwarz, und ein sichelförmiger silberner Mond zeichnete sich zwischen orientierungslosen Wolken über dem Nikolausberg ab. Von der Festungsmauer herab schwappte Lärm aus dem dahinter liegenden Burghof herunter.
    Weit und breit war nichts von Thomas zu sehen. Kilian ging die Burgmauer entlang und suchte nach einem Loch darin oder nach einer Treppe, die Thomas und Otter hätten nehmen können. Doch da war nichts. Die beiden schienen vom Berg verschluckt. Einzig ein Kanaldeckel, der zur Seite geschoben war, barg die Hoffnung auf einen Weg in die Burg.
    »Thomas«, rief er hinein.
    Hallend verlor sich seine Stimme in der pechschwarzen Röhre. Eine Antwort blieb aus, so stieg er hinunter.
    *
    Obwohl es im Burghof nahezu windstill war, blies auf dem einen Meter breiten und durch eine hüfthohe

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