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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Rede sein. Und besiegt haben sie uns nicht. Merken Sie sich das«, fuhr ihn der Franzose an. »Wenn nicht die Order aus Paris gekommen wäre, dann hätten wir noch länger ausgehalten. Und wie ich aus zuverlässigen Quellen erfahren habe, hatte sich General Turreau auf einen Ausfall im Frühjahr vorbereitet. Er hätte ihnen große Verluste beigebracht, wenn nicht gar eine vernichtende Niederlage.«
    »Niederlage? Dieses Wort kennen wir Bayern nicht.«
    »Ah, oui? So wie im Jahr 1866, als Sie hier an dieser Stelle vor den preußischen Truppen kapitulieren mussten?«
    »Kapitulier’n? Mir? Vor dänna Preiß’n? Im Le’m net«, wehrte sich Roiber, sichtlich in seiner bajuwarischen Seele getroffen. Er fasste sich und verwies auf die amerikanische Landnahme vor den Toren von Paris. »Wenn die Begriffe Belagerung und Aufgabe zutreffen, dann wohl schon eher auf euch Franzosen. Denken Sie an Ihr Disneyland Paris, mein lieber Freund.«
    »Disney«, antwortete der Franzose gelangweilt. »Was ist das? Ein Geschäft, oui. Ein gutes, oui, aber kein Verrat.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Als Mon General Bonaparte gegen die Preußen in Jena und Auerstätt marschiert ist, waren wir gut genug für Sie. Nur ein paar Jahre später hat sich Ihr Bayern gegen mein Land und seinen Führer verbündet. Wenn nicht Russland gewesen wäre, so stünde Ihr Bayern noch heute unter französischem Kommando. Mais, c’est histoire. Sie sind ja nicht einmal Franke, geschweige denn Franzose. Sie wissen nicht, was es heißt, brüderlich zu kämpfen.«
    »Franke? So weit kommt’s noch. Und überhaupt, des Frank’n hammer do’ vo’ eana kriegt. Wollten Sie’s loshaben? Wenn’s nach mir ganga war, dann hätten’s behalten könna, euer armselig’s Frank’n.
    Karl der Große, da kann ich ja nur lachen. Luitpold, des is a Nama und a König g’wesn. Und a Schloss hat er a baut. A richtigs und net so an Steinhauf’n wie der da.«
     

    Damit war der Ausflug in die wechselhafte und nicht immer einfache Geschichte der beiden befreundeten Völker beendet. Der Franzose verließ unter Protest die Brücke, während sich der Bajuware Roiber auf die Mauer stützte und wie ein Feldherr auf die Hügel, die die Stadt umgaben, blickte. Er sog den Pulverdampf, der ihm in die Nase stieg, genüsslich in sich auf. Eroberer waren aus seinem Holz geschnitzt.
    Ein paar Meter tiefer ragte aus einer Schießscharte die weißblaue Flagge wild flatternd hinaus ins fränkische Land.
    *
    Kilian tastete sich vorsichtig vor. Die Flamme seines Gasfeuerzeuges versiegte allmählich und drohte ihm den Daumen zu verbrennen. Wieder versperrte ihm eine Wand den weiteren Weg durch den Kanal. Dieses Mal jedoch sog ein starker Aufwind und löschte die Flamme in seiner Hand. Er fuhr der Mauer mit seinen Händen entlang und griff Metall. Ein Eisen ragte heraus, darüber ein weiteres und so fort. Es musste ein Aufstieg sein in diesem finsteren Schacht. Er setzte zögernd seinen Fuß auf das unterste Eisen und belastete es mit seinem vollen Gewicht. Es hielt stand. Hier war der Weg, der ihn in den Husarenkeller führte.
    Dort war es stockfinster, und er bemühte abermals sein Feuerzeug. Doch die Flamme wollte nicht zünden. Nur der kurze Schein des aufglimmenden Feuersteines zeigte ihm, dass eine Treppe im gegenüberliegenden Eck nach oben führte. Blind wie ein Maulwurf schritt er vorsichtig darauf zu, als ein Hilfeschrei zu ihm herunterdrang.
    »Lass mich los«, hörte er Thomas schreien. »Lass mich.« Danach folgte ein Aufschrei. Doch es war nicht Thomas’ Stimme. Sie klang älter, und sie fluchte.
    »Thomas«, rief Kilian ins Dunkel. »Bleib, wo du bist. Ich komme.«
    Er hastete vorwärts und stürzte auf die Treppe zu. Auf allen vieren krabbelte er sie hoch und landete in einem weiteren Kellergewölbe. Aus vergitterten, ebenerdigen Fenstern drang Licht herein. Er stürmte auf eines zu, blickte hinaus und sah gerade noch, wie Otter sein Knie haltend den Weg entlanghumpelte.
    »Lass deine Finger von ihm«, schrie er ihm nach. »Thomas! Thomas!«
    Doch Thomas antwortete nicht. Kilian rüttelte an den Gitterstangen. Sie hielten stand. Dann ging er zum nächsten Fenster und versuchte dort sein Glück. Auch hier waren die Stäbe mit dem Mauerwerk fest verbunden. Beim dritten Kellerfenster fehlte ein Gitterstab. Das musste der Weg für Thomas und Otter nach draußen gewesen sein. Kilian zwang sich durch die enge Öffnung hinaus ins Freie und machte sich an die Verfolgung.
    Bis zur Bastion

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