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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Mauer begrenzten Umlauf des Randersackerer Turms ein kräftiger Wind. Eine Hand voll der mutigsten und neugierigsten Staatsgäste waren der Einladung des Ministerpräsidenten Roiber gefolgt und hatten den beschwerlichen Aufstieg im Inneren des massiven Steinturms auf sich genommen. Entschädigt wurden sie mit einem grandiosen Rundblick auf die beleuchtete Stadt und den inneren Burghof, der für das anschließende Spektakel als mittelalterliche Herrschaftsburg hergerichtet war.
    Der mit Fackeln illuminierte Burghof hatte nahezu die Ausmaße eines Fußballfeldes. An den Seiten wurde er begrenzt von den vorwiegend Echter’schen Gebäuden, wie dem Fürstenbau, dem Hofstubenbau und Bibliotheksbau, dem Alten Zeughaus und schließlich dem Kammerflügel. In der Mitte ragte der mächtige Bergfried, der höchste Turm und das ehemalige Gefängnis der Burg, Ehrfurcht gebietend empor. Neben ihm wirkten die Marienkirche und das Brunnenhaus mit dem über einhundert Meter tiefen Brunnen fast bescheiden.
    Die Sitzbühne war entlang des Hofstubenbaus aufgerichtet. Davor mischten sich die übrigen Staatsgäste unter fahrendes Volk, Schmiede, die Pferde beschlugen, Marktfrauen, keltische Missionare, Schausteller, Feuerspucker, Knechte und mit Lanzen und Schildern bewaffnetes Wachpersonal, das ein strenges Auge auf den Hof hatte. Pferde wurden über das holprige Steinpflaster geführt, und Gänse taten sich gütlich am Wasser des Brunnens. Die Szenerie war beklemmend echt und wirkte auf den Zuschauer, als sei er um Jahrhunderte in der Zeit zurückkatapultiert worden.
    Auf Roibers Geheiß und gegen den entschiedenen Einspruch des Sicherheitsverantwortlichen hatten die Gäste freien Zugang zu allen Einrichtungen des Burghofes. Wer Lust hatte, konnte sich zudem in bereitgestellte Kleider und Gewänder des Mittelalters hüllen, um sich unerkannt ins jahrmärktliche Treiben zu stürzen. Die Sicherheitsleute taten es ihnen gleich, um nicht auf den ersten Blick als solche erkannt zu werden. Am Ende wusste niemand mehr, wer wer war. Dies war letztlich auch die Absicht Roibers, denn er wollte seinen Gästen einen einzigartigen Abend voller Entspannung und Abenteuer bieten, den sie so schnell nicht vergessen würden. In diesem Punkt sollte er Recht behalten.
    Gewohnt mutig und breitbeinig stand Roiber auf dem Umlauf und wies auf die Stadt zu seinen Füßen. Seine bayerische Silbermähne flatterte im stärker werdenen Westwind. Die Staatsmänner und -frauen traten stattdessen zurück und lehnten sich Schutz suchend an die Wand des Turmes und folgten Roibers Ausführungen zu den heranrückenden bayerisch- österreichischen Truppen unter General von Wrede am 24. Oktober 1813.
    »Die aus Ansbach marschierenden Truppen bezogen Stellung rings um die Stadt. Der frühere Großherzog Ferdinand von Würzburg hatte rechtzeitig vor unseren mächtigen Geschützen die Beine in die Hand genommen und war geflüchtet«, referierte er nicht ohne Hohn.
    Der Franzose an seiner Seite schaute indigniert zu Boden. Das, was Roiber da von sich gab, empfand er als Affront. Der angesprochene Großherzog war der Onkel der Kaiserin Marie Louise, die ein Jahr vor dem Einfall der Bayern mit ihrem General Napoleon die Festung besucht hatte. Zudem hatte Napoleon den Befehl zur Alarmierung der Festung gegeben, damit er, auf dem Rückzug seines gescheiterten Russlandfeldzuges, keine bösen Überraschungen erleben würde. Diese Erinnerung war ein giftiger Stachel im Fleisch jedes stolzen Franzosen.
    »Unsere Geschütze feuerten aus allen Rohren. Über der Stadt lag Pulverdampf und Angst vor der neuen Macht, die Einzug hielt. Die Besatzer mit ihren Würzburger Verschworenen mussten sich warm anziehen, um nicht davongeblasen zu werden.«
    »Mon chér ami, Eduard«, unterbrach ihn sein französischer Gast, bemüht um die Aufrechterhaltung eines freundschaftlichen Tons, »von wegblasen kann nicht die Rede sein. Sie haben es zwei Tage lang nicht geschafft, die Burg zu nehmen und unser stolzes Heer aufzureiben. Nicht einmal Schaden konnten sie diesem ehrwürdigen Bau unserer fränkischen Könige zufügen. Ihre Kanoniere und Füsiliere hatten wahrscheinlich zu tief ins Bierglas geschaut.«
    »Ich dachte mir schon, dass Sie das sagen würden, lieber Freund. Daher habe ich auch etwas vorbereitet. Sie werden im Anschluss erleben dürfen, wie wir Ihrem verehrten General Turreau das Fürchten gelehrt hätten, wenn er nicht vorher aufgegeben hätte.«
    »Von freiwilliger Aufgabe kann nicht die

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