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Wolfsblues

Wolfsblues

Titel: Wolfsblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Crown
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verschlossen! Zahlreiche Akten kamen zum Vorschein. Sie waren alphabetisch sortiert. Ich ließ das A links liegen und wand mich gleich dem B zu.
    Bertrand, Leon Mathis – unser Vampir besaß einen zweiten Vornamen, wie nett. Seine Akte war gut daumendick. Es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, sie vor Ort zu lesen. Wen interessierte es ohnehin, wenn ich das Schriftstück mitgehen ließ? Keine Menschenseele! Die Kartei landete ungeöffnet in meinem Rucksack. Ich würde sie in aller Ruhe durchlesen und danach entscheiden, nach Rücksprache mit Chris, inwieweit die darin befindlichen Informationen für Leon geeignet waren. Ich musste Tyler in dem Punkt recht geben: Mitunter konnte es besser sein, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Ich wollte keine alten Wunden bei Leon aufbrechen. Apropos Tyler … Jesse hatte erwähnt, dass Ty ebenfalls in Gliwice gewesen war. Ergo müsste demnach auch von ihm … Wie hieß Ty überhaupt mit Nachnamen? Ich zermarterte mir den Kopf. Ich hatte ein Paket für ihn angenommen und es war auf jeden Fall ein Name mit K gewesen. Ko … Nein, es machte nicht Klick. Ich öffnete einige weitere Schubladen, bis ich beim K landete. Ko … Meine Finger glitten über die Karteien, blieben an einer hängen. Ich griff instinktiv danach und zog sie raus. Kovac. Genau, das war sein Nachname!
    Tiberiu Aurél Kovac . Dass Tyler nicht sein richtiger Vorname war, das hatte ich längst vermutet. Er nannte einen nicht zu verachtenden slawischen Dialekt sein Eigen. Dazu der südländische Teint, die dunklen Augen und das schwarze Haar. Wir mutmaßten, dass er aus Rumänien oder Ungarn stammen musste. Der Nachname war fernerhin ein Indiz dafür. So sehr mich die Neugier auch trieb, ich ließ diese Akte ebenfalls in meinem Rucksack verschwinden. Leon war im Augenblick wichtiger und die Vergangenheit lief nicht weg. Nicht so wie Leon es tat und dann war da plötzlich der Geruch von Blut … Leons Blut! Ich rannte aus der Tür und fast in Tyler, der seinen Posten am Eingang verlassen hatte. Er gebot mir, mit einer Geste leise zu sein.
    »Hier stimmt was nicht!«, flüsterte er beinah tonlos. »Ich wittere einen unbekannten Wolf.« Tyler schob mich hinter sich und schirmte mich durch seinen massiven Körper ab. Diese Attitüde war mir nur allzu gut von Chris vertraut. Werwolffrauen waren gleichberechtigt. Wir kämpften Seite an Seite mit unseren Männern. Dessen ungeachtet nannten diese einen ausgeprägten Beschützerinstinkt ihr Eigen. Ich war noch dazu seine Alpha. Chris hatte ihm ganz gewiss aufgetragen, mich besonders im Auge zu behalten, während er Enya von grobem Unfug abzuhalten versuchte. Ich schob Tyler vor mich her, wollte der sture Bock mir nicht aus dem Weg gehen. Doch ich würde bestimmt nicht hier stehen bleiben und ausharren. Erst recht nicht, da ich jetzt lautes Knurren und Lärm vernahm.
    »Tyler, geh mir aus dem Weg! Ich bin deine Alpha!« Ich boxte ihm in den Rücken und rammte ihm von hinten meine Knie in die Kniekehlen, als er sich immer noch nicht rührte. Tyler sackte unwillkürlich auf die Knie. Ich verpasste ihm einen harten Stoß, der ihn die Wand touchieren ließ mit seinem Gesicht.
    »Du verrücktes Miststück!«, fauchte er mich zornig an und hielt sich die blutende Backe. Er hatte sich Wange und Nase aufgeschürft. »Halte dich zurück! Die Situation ist am Kippen. Du kannst da nicht reinstürmen. Riechst du das Adrenalin nicht? Und Leons Blut? Der fremde Wolf ist stinksauer! Er lässt sich selbst von Chris nicht ins Gewissen reden, trotz dessen Alphamagie!«
    »Gerade unter der Voraussetzung, Ty, bin ich am Drücker. Ich bin ein wildes Blut«, erinnerte ich ihn. Falls jemand in der Lage war, den fuchsteufelswilden Wolf zu bändigen, dann meine Wenigkeit. Das war keinesfalls Überheblichkeit. Ich besaß die Fähigkeit, selbst den aggressivsten Wolf zu beruhigen, sofern ich es wollte. Genauso gut konnte ich aber auch die Situation zum Kippen bringen. Nichts lag mir jedoch ferner, als die momentane Lage zum Eskalieren zu bringen. Nicht, wenn mein Gefährte und zwei meiner Freunde dort drinnen waren!
    »Okay, aber lass mich vorgehen, Kleines!«, gab Tyler nach.
     
    Die Situation, die ich vorfand, war in der Tat verstörend. Leon war mit den Händen auf dem Rücken, an das Rohr eines Heizkörpers gefesselt. Er blutete aus etlichen Wunden im Gesicht und an den Armen. Seine Nase war zweifellos gebrochen und seine Augen völlig zugeschwollen und blau. Der fremde Wolf hatte ihn anständig

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