Wolfsblues
und grüß deinen Alpha Valtteri von mir. Er schuldet mir nach wie vor eine Flasche Koskenkorva. Ach was, erhöhen wir auf zwei, weil ich dir nicht den Hintern aufreiße, obwohl du jemanden aus meinem Rudel verletzt hast.« Das goldene Glimmen in Chris’ Augen war einschüchternd und brachte den niedrigrangigen Wolf zum Winseln. Martin machte sich kleiner, zog den Kopf zwischen die Schultern und fiel vor Chris auf die Knie.
»Schon gut, Junge!« Mit einem Seufzen winkte Chris ab. »Tyler, informiere Sorja und sorg dafür, dass er den Flug nach Finnland nimmt. Und eine Warnung an dich Martin: Sollten wir uns noch einmal über den Weg laufen und du machst mir oder auch deinem Rudel Ärger, dann hole ich nach, was ich heute versäumt habe! Das ist ein Versprechen!«, knurrte Chris.
»Ja, Sir!«, erwiderte Martin folgsam. Den Kopf tief gesenkt und wie Espenlaub zitternd, wagte er nicht einmal aufzusehen. Er tat mir leid. Chris’ Methoden waren gleichwohl noch relativ human. Andere Alphas hätten den Kleinen geradewegs gelyncht.
»Und während Tyler wahrlich Gouvernante spielt, kümmern wir uns um Leon. Wir brauchen einen Arzt. Keine Widerrede, Blutsauger! Nur Scherereien hat man mit dir! Wenn du noch einmal abhaust, dann lass ich dich chippen wie einen Hund. Es reicht mir jetzt endgültig! Nicht einer meiner Wölfe schießt so quer wie du. Nicht einmal Tyler!«
Das hielt ich für ein Gerücht! Leon war im Vergleich zu Ty ein Engel. Doch jene Aktion war fürwahr nicht die eines Meisterhirns. Hier her zu reisen, okay. Doch einem Wolf, der auf Spurensuche in seiner Vergangenheit war, zu erzählen, dass er in diesem Labor auf der anderen Seite der Zelle gearbeitet hatte, das war schlicht seltendämlich! Ich hatte Leon als einen überaus intelligenten und besonnenen Mann kennengelernt. Doch seit wenigen Tagen lief er neben der Spur. Momentan war mir zuerst daran gelegen, Schadenbegrenzung zu betreiben. Im Anschluss musste ich ihn wohl oder übel ins Gebet nehmen.
Kapitel 17
Die ungeschönte Wahrheit
Ich schielte über den filigranen Rand meiner ungeliebten Lesebrille hinweg, als Chris das Zimmer betrat.
»Wow, die Brille ist ausgesprochen sexy, Süße!« Mit einem Vergnügen verheißenden Ausdruck auf dem Gesicht schlenderte er in den Raum. Ungeübten Augen entging sein flüchtiges Hinken vollends. Erst bei genauerem Hinsehen war seine Behinderung zu erkennen.
»Wie lief es in Green Bay?« Ich nahm die Brille ab und legte die Akten beiseite, in denen ich bis vor einem Augenblick gelesen hatte.
Chris ließ sich auf den Chefsessel mir gegenüber plumpsen. Es war sein Büro. Alles in dieser Räumlichkeit war auf seine Bedürfnisse zugeschnitten und versprühte seinen Charme.
»Seth kämpfte mitnichten fair. Etwas anderes hatte ich von ihm auch nicht erwartet. Gleichwohl hat Tank ihn geplättet. Ich weiß, man soll nicht schlecht über Tote sprechen, doch das Rattengesicht hat das Zeitliche gesegnet. Zu guter Letzt.«
Ich nickte nachdenklich. Leidtat es mir wahrhaftig nicht um diesen intriganten Schweinehund.
»Allerdings hat er Tank ein schmerzhaftes Andenken hinterlassen. Einer seiner Lendenwirbel ist angeknackst. In den nächsten Wochen sollte ihn besser niemand herausfordern. Es erscheint mir jedoch überaus unwahrscheinlich, dass es jemand versuchen wird. So schlecht, wie Seth das Rudel geführt hat, küssen sie ihrem neuen Alpha die Füße. Ich habe ihm Aaron ausgeliehen, aber lediglich für einen Monat. Jen hält ihrem Mann natürlich ebenfalls den Rücken frei.«
»Autsch!« Es tat mir schon beim Zuhören weh. Doch ich teilte Chris’ Einschätzung. Tank hatte in den nächsten Wochen gewiss keinen Putschversuch zu befürchten.
»Was macht unser Vampir?«
»Er ist frustriert. Leon hatte gehofft, dass dieser Besuch in seiner Vergangenheit die Erinnerungen auffrischen würde. Doch es hat nicht geklappt. Es herrscht weiterhin gähnende Leere«, seufzte ich. Es war aber auch zum Mäusemelken! Leon war ohne Protest, mit uns in die Staaten zurückgekehrt. Er hätte sich obendrein nicht groß wehren können, so wie Martin ihn zugerichtet hatte. Der junge Lykaner war geradewegs zu seinem Rudel heimgekehrt, wie uns Sorja, die Verbindungsoffizierin des Lemmenjoki-Rudels, keine 12 Stunden nach unserem Zusammentreffen mit Martin mitteilte. Sie würde ihm höchstpersönlich die Ohren lang ziehen. So renitent, wie sie am Telefon klang, zweifelte ich nicht eine Sekunde daran. Martin war überdies dazu verdonnert worden,
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