Wolfsblues
und reichte ihr ein Glas Wasser, das sie mit zitternden Händen entgegennahm und einen kräftigen Schluck daraus trank.
»Nein, natürlich nicht! Es war alles wunderbar, nur …« Sie streichelte über ihren riesigen Schwangerschaftsbauch. Beim nächsten Vollmond war es schon so weit. Lykanerschwangerschaften gingen ratzfatz. Sie dauerten nur vier bis sechs Monate und der Entbindungstermin lag IMMER an einem Vollmond, den wir just hatten. Aus diesem Grund war ich auch hundemüde. Ich hatte mich nach einem exzessiven Lauf, vor nicht einmal einer Stunde hingelegt. Die meisten Wölfe waren selbst jetzt noch unterwegs. Sie genossen jede Sekunde dieser Vollmondnacht als Tier.
»Er hatte neuerlich häufiger Blackouts. Und er hat sich an etwas erinnert. Es zog ihn regelrecht in seinen Bann, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Bevor wir heute zu Bett gingen, meinte er, dass er irgendetwas erledigen muss vor der Hochzeit. Ich dachte aber eher daran, dass er noch was besorgen müsste. Nicht, dass er sich klammheimlich aus dem Staub macht!«
Mir schwante Fürchterliches.
Chris schien meinen Bedenken zu teilen. »Leon hat doch sein Handy mitgenommen, oder, Enya? Dann können wir es orten, und sowie er seine Kreditkarte benutzt … Keine Sorge! Corwin wird seine Verbindungen bei der Polizei nutzen.« Er zog Enya in seine tröstende Umarmung. »Ich werde alles veranlassen. Bleib ruhig, Enya. Es tut dem kleinen Wolf und dir nicht gut, wenn du dich aufregst. Wir finden ihn, versprochen!«
Berlin, Deutschland
»Ich wollte schon immer nach Berlin, jedoch unter anderen Voraussetzungen.« Seufzend lehnte ich mich in den Sitz des Wagens zurück.
»Ich verstehe nicht, dass das Alphapaar das persönlich erledigen muss und noch weniger leuchtet es mir ein, was ich dabei soll!« Tylers Stimme schrillte unangenehm hoch. Er wollte überall sein, nur nicht hier. Es war ihm zu eng, zu viel Nähe zu anderen Wesen. Ich hingeben liebte es, Ty so einzuspannen. Denn auch wenn er sich sträubte, solche Aufgaben zu erfüllen und etwas fürs Rudel zu tun, band es ihn stärker in unser Gefüge ein. Und genau das war es, was ich damit bezweckte. Ich wollte Tylers Zugehörigkeit weiter festigen. Nur deshalb nötigte ich ihn zu Sonderschichten mit Corwin bei den Patrouillengängen. Ich halste ihm Botengänge auf und nahm ihn mit an diesen Ort. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass er, für den Fall der Fälle, obendrein eine gute Rückendeckung abgeben würde.
»Es sollte dir eine Ehre sein, mit deinem Alpha hier zu sein«, zog ich Tyler auf, der mir ein schiefes Grinsen erwiderte. »Du bist der persönliche Bodyguard deines Alphas. Das ist doch auch was!«
»Du meinst sicherlich deine Gouvernante«, spielte Tyler das Spiel mit. Ich hatte seine Art inzwischen zu schätzen gelernt, aber sein Humor … rabenschwarzer Humor. Er war nicht jedermanns Sache. Doch sobald man wusste, wie man Tyler zu nehmen hatte, stand man drüber. Nein, es konnte sogar recht amüsant sein, wenn man nicht das Ziel seiner Attacken war. Und den süßen, kleinen Corwin zu beobachten, wie er auszuloten versucht, woran er bei Tyler gerade war, war einfach göttlich! Mit seinen zwanzig Jahren war er noch erschreckend naiv und nahm Tylers Kommentare oft für bare Münze. Sowohl Alisha als auch ich, hatten schon zwischen die beiden Streithähne gehen müssen, sonst hätte der jüngere, aber ranghöhere Corwin, mit Ty versucht den Boden aufzuwischen. Diese kleinen Streitigkeiten waren unter Wölfen - den männlichen - vollkommen normal. Es konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Männer sich mochten, auch wenn es auf den ersten Blick überhaupt nicht so wirkte. »Ich kann recht gut auf mich selbst aufpassen. Das müsstest du doch inzwischen kapiert haben oder sollen wir noch einmal ein Tänzchen wagen?«, fragte ich nicht ernsthaft.
»Nee, das Richten der Nase war teuer! Und es tat mehr weh als dein mädchenhafter Schlag!«, entrüstete sich Tyler gespielt und griff an sein schnurgerades Näschen. Sein Nasenbein war hin gewesen nach unserem Kampf. Ty hatte sich fast vier Wochen damit rumgequält, bis ihn Alisha zu einem Arzt schleifte, der seine Nase erneut brach und kosmetisch richtete.
»Ich weiß, dass es teuer war, musste ich es aus eigener Tasche bezahlen. Aber ganz ehrlich: Das war es mir wert!« Ich lächelte Tyler keck an und schenkte ihm meinen Liebmädchenblick.
»Mit dir als Alpha macht man beileibe was mit!«, stöhnte Tyler
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