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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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wurde, denn es begann Schnee zu fallen, ein nasser, schmelzender, zusammenklebender Schnee, der glatt unter den Füßen war, die Gegend verhüllte und die Unebenheiten des Bodens verdeckte, so daß das Gehen schwer und schmerzhaft wurde.
    An jenem Abend hatte der Graue Biber beabsichtigt, am andern Ufer zu übernachten, da die Jagdgründe in jener Richtung lagen. Allein kurz vor dem Dunkelwerden war ein Elch auf diese Seite zum Flusse herabgekommen, um zu saufen, und Klukutsch, die Frau des Grauen Biber, hatte ihn gesehen. Wäre der Elch nicht zum Trinken gekommen, hätte Mitsah, durch den Schnee geblendet, nicht beim Steuern die Richtung verloren, Klukutsch das Tier nicht gesehen, der Graue Biber mit einem glücklichen Schuß aus seiner Büchse es nicht erlegt, so wäre alles anders gekommen. Der Graue Biber hätte nicht am diesseitigen Ufer des Mackenzie übernachtet, Wolfsblut wäre weitergelaufen und entweder gestorben oder zu den wilden Brüdern gerannt und wie sie bis an sein Lebensende ein Wolf geblieben.
    Die Nacht brach herein. Der Schnee fiel immer dichter, leise vor sich hin wimmernd, stolperte und hinkte Wolfsblut vorwärts, als er auf eine frische Spur im Schnee traf. So frisch war diese, daß er sie sofort erkannte. Eifrig winselnd, verfolgte er sie vom Flußufer rückwärts bis unter die Bäume. Die Töne des Lagers trafen sein Ohr. Er sah den Schein des Feuers, sah, wie Klukutsch kochte und der Graue Biber auf dem Boden hockte und ein Stück Talg verzehrte. Also gab es frisches Fleisch im Lager.
    Wolfsblut machte sich auf Schläge gefaßt. Er duckte sich bei dem Gedanken daran und sträubte das Haar, allein er ging vorwärts. Sosehr er auch die Prügel fürchtete, so angenehm war doch wieder der Gedanke an das Feuer, das ihn erwartete, an den Schutz der Menschen, ja selbst an die Gesellschaft der Hunde, so feindselig sie ihm auch waren. Auf dem Bauche kriechend, kam er dicht an das Feuer. Der Graue Biber erblickte ihn und hörte auf zu kauen. Langsam kroch Wolfsblut näher, demütig und unterwürfig, geradewegs auf den Grauen Biber zu, indem er jeden Zollbreit der Entfernung immer langsamer und mühseliger zurücklegte. Endlich lag er zu den Füßen des Herrn, um freiwillig sich ihm zu unterwerfen. Zitternd wartete er auf die Strafe, die ihm bevorstand, und schon bewegte sich die Hand über ihm. Unwillkürlich duckte er sich noch tiefer, um den Schlag zu empfangen – aber es kam keiner. Verstohlen blickte er empor. Da brach der Graue Biber das Stück Talg entzwei und reichte es ihm hin. Vorsichtig und argwöhnisch beroch es Wolfsblut, dann erst fing er an, es zu verzehren. Darauf ließ der Graue Biber Fleisch bringen und wehrte, solange Wolfsblut fraß, die andern Hunde ab, worauf Wolfsblut dankbar und zufrieden sich zu den Füßen des Herrn niederlegte und zwinkernd in das wärmende Feuer schaute, bis er einschlummerte, sicher, daß der Morgen ihn nicht mehr einsam im öden Walde antreffen würde, sondern bei den Menschen im Lager, bei den Göttern, denen er sich mit Leib und Seele hingegeben hatte und denen er nun untertänig war.

 
FÜNFTES KAPITEL
     
Der Bund mit dem Menschen
     
    Der Dezember war zur Hälfte verstrichen, als der Graue Biber mit Klukutsch und Mitsah den Mackenzie hinaufzog. Den einen Schlitten, der mit gekauften oder geborgten Hunden bespannt war, kutschierte er selber, den andern, kleineren, dessen Gespann aus jungen Hunden bestand, lenkte Mitsah. Dieser Schlitten war mehr ein Spielzeug, aber Mitsahs ganzer Stolz und ganze Freude, weil er fühlte, er beginne damit, in der Welt die Arbeit eines erwachsenen Mannes zu verrichten. Auch lernte er dabei, während die jungen Tiere eingefahren wurden, sie abrichten und lenken. Außerdem hatte der Schlitten seinen Nutzen; trug er doch fast zweihundert Pfund an Gerätschaften und Lebensmitteln.
    Wolfsblut hatte gesehen, wie die Hunde der Indianer im Gespann gingen, also nahm er es nicht übel, als man ihn zum erstenmal anspannte. Man legte ihm dabei um den Nacken ein mit Moos wattiertes Halsband, woran ein Riemen befestigt war, der um die Brust und über den Rücken ging, und an diesen war der lange Strick gebunden, mit dessen Hilfe er den Schlitten zog. In dem Gespann gingen sieben junge Hunde, die alle ein oder zwei Monate älter als Wolfsblut waren. Ein jeder war mit einem besonderen Strick an den Schlitten gebunden, und alle diese waren von ungleicher Länge, so daß der Unterschied mindestens die Körperlänge eines Hundes betrug.

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