Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
Vom Netzwerk:
jedem erdenklichen Gerät und jeder Chemikalie ausgerüstet war, die man bei einer Autopsie brauchen konnte. Buchstäblich alles, was man an einer Leiche feststellen konnte, konnte in diesem Gebäude herausgefunden werden. Der Gerichtsmediziner hatte manchen Mordfall mit seiner Ausrüstung und seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten aufgeklärt. Haare, Speicheltröpfchen, Spuren von Nagellack - das alles hatte schon wichtige Rollen bei Mordprozessen gespielt. Einmal war eine Verurteilung anhand der Spuren von Schuhcreme zustande gekommen, die an den fatalen Verletzungen einer zu Tode getretenen Frau zurückgeblieben waren.
    Der Gerichtsmediziner war ein Meister darin, so etwas zu finden. Und wenn es in diesem Fall etwas zu finden gab, würde er es sicher ans Licht bringen. Er und seine Leute würden die Leichen Zentimeter für Zentimeter untersuchen und nichts dem Zufall überlassen. Trotzdem hatte sie diese Angst...
    »Hoffentlich finden sie etwas, sonst macht mich dieser Fall verrückt«, sagte Becky, während sie mit dem Fahrstuhl nach oben fuhren. Der Lift war neu und fuhr lautlos, ohne daß man das Gefühl bekam, sich zu bewegen.
    »Ich hasse diesen Fahrstuhl. Ich habe jedesmal eine Heidenangst, wenn ich mit ihm fahre.«
    »Stell dir vor, wie es wäre, in diesem Fahrstuhl festzustecken, Wilson, ohne Ausweg...«
    »Sei still! Das ist gemein.« Wilson litt an gelinder Klaustrophobie, die ebenfalls auf die Liste seiner Neurosen gehörte.
    »Tut mir leid, ich wollte dich nur aufmuntern.«
    »Du erzählst mir immer, was für ein Ekel ich bin, dabei bist in Wirklichkeit du die böse Hälfte dieser Partnerschaft. Das war wirklich niederträchtig von dir.«
    Die Tür ging auf, und sie wurden vom Geruch von Desinfektionsmitteln eingehüllt, der das Büro durchwehte. Die Dame am Empfang kannte sie und winkte sie durch. Das unglaublich überfüllte Büro von Dr. Evans war offen, aber er war nicht da. Es gehörte zu den Vorschriften des Hauses, daß man ohne Eskorte nicht weiter in den Komplex vordrang, aber wie üblich war keine Menschenseele zu sehen oder zu hören. Sie wollten gerade in Richtung Labor gehen, als die Empfangsdame Wilsons Namen rief.
    »Ja?«
    »Eine Nachricht für Sie«, bellte sie. »Sie sollen Underwood anrufen.«
    »Okay!« Er sah Becky an. »Underwood will mich sprechen? Warum, zum Teufel, will Underwood mich sprechen? Kann mich nicht erinnern, daß ich in letzter Zeit versucht habe, dich rausschmeißen zu lassen.«
    »Vielleicht weißt du es nur nicht mehr.«
    »Vorsichtshalber anrufen, vorsichtshalber anrufen.« Er nahm in Evans' Büro den Hörer ab und wählte die Nummer des Chief of Detectives. Die Unterhaltung dauerte etwa eine Minute und bestand auf Wilsons Seite aus zahlreichen »Ja, Sir« und »Danke«. »Wollte uns nur sagen, daß wir jetzt eine Spezialeinheit und ihm persönlich unterstellt sind, und daß wir über sämtliche Mittel des Reviers verfügen dürfen. Wir bekommen ein Büro im Polizeipräsidium in Manhattan.«
    »Wirklich nett. Wir bekommen eine carte blanche, so lange etwas von dem Ruhm auch auf ihn abfärbt, und der Commissioner bleibt in seinem Elfenbeinturm.«
    Wilson schnaubte. »Hör zu, so lange es aussieht, als könnte dieser Fall aufgeklärt werden, wird jeder Parasit von hier bis zum Bulgarischen Geheimdienst versuchen, etwas von dem Ruhm abzubekommen. Aber warte nur ab. Wenn wir nichts herausfinden, stehen wir alleine da.«
    »Gehen wir zur Autopsie. Ich kann es kaum erwarten.« Ihre Stimme klang verbittert; was Wilson gesagt hatte, entsprach voll und ganz der Wahrheit.
    »Komm schon, Ghul.«
    Auf dem Weg zum Labor wünschte sich Becky sehnlichst, Wilson würde eine Flasche mit etwas Alkoholischem zum Vorschein bringen. Unglücklicherweise trank er selten, und auf gar keinen Fall im Dienst - es sei denn, die Umstände erforderten es zwingend, was meist so gegen sechs Uhr der Fall war. Aber jetzt war es schon nach sechs.
    »Ich dachte, euresgleichen würde hier nur hier hereinkommen, wenn man dazu einlädt«, knurrte Evans. Er war auf dem Weg zur Autopsie. Er roch nach chemischer Seife; seine Gummihandschuhe tropften. »Oder gilt diese Regel nicht für euch zwei?«
    »Das ist der Mann, der uns zu seinen Fällen einlädt. Wie nett.«
    »Ich gebe euch nur Fälle, die so leicht sind, daß ich mir nicht die Mühe mache. Kommt mit, wenn ihr wollt, aber es wird überhaupt nichts nützen. Und ich warne euch, sie riechen.«
    Becky dachte sofort an die Familien. Als Kind war sie

Weitere Kostenlose Bücher