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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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Bewohner warnen, daß der Tod in ihrer Mitte hauste.
    Daher waren sie der Witterung der beiden Menschen gefolgt, waren dem Geruch durch die Straßen gefolgt, waren ihm gefolgt bis er in einem großen grauen Gebäude in Manhattan verschwunden war. Als er wieder herauskam und sich trennte, trennten sie sich auch und folgten beiden Teilen.
    Der Bau des Mannes war leicht zu finden. Er befand sich in Bodennähe in einem Haus mit schwachen Türen und einem leicht zugänglichen Keller. Aber das Zimmer des Mannes selbst war verschlossen und verriegelt und hatte Türen vor den Fenstern. Das ganze Haus stank nach Angst. Dieser Mann hauste in einer Festung. Sogar der Schornstein, der zum Kamin führte, war vor langer Zeit vergittert worden. Es war erbarmenswert, jemanden zu sehen, der so krank und ängstlich war und die Nacht bei voller Beleuchtung in einem Sessel sitzend verbrachte. So jemand verdiente den Tod, und die Meute sehnte sich danach, ihn zu holen, und zwar nicht nur, weil er potentiell gefährlich war, sondern auch, weil er sich im Zustand von Beute befand. Dieser brauchte den Tod, und sie hofften alle, ihn ihm zu geben.
    Und sie hatten eine Methode gefunden, gegen ihn vorzugehen.
    Die Frau lebte hoch oben in einem Haus. Nicht alle aus der Meute waren geschickte Kletterer, aber manche schon, und einer davon kletterte hoch. Er bewegte sich von Balkon zu Balkon, klammerte sich mit den Vorderpfoten fest und zog sich hinauf, immer wieder. Die Meute unter ihm stand in der dunklen Straße und sehnte sich von ganzem Herzen danach, ihre Freude über seinen Heldenmut hinauszuheulen, über seine wahre Liebe zur ganzen Meute. Aber sie blieben still. Es war sowieso unnötig - er würde selbst beim Klettern den Respekt und die Freude derjenigen unter ihm wittern.
    Und er kletterte dem Geruch der Menschenfrau entgegen. Sie war hier, näher und näher. Er kletterte, sehnte sich danach, sie zu erreichen, zu spüren, wie ihr Blut seinen Hals hinabrann, ihr Fleisch zu schmecken und mit anzusehen, wie ihr Körper starb und die Bedrohung für die Rasse ein Ende hatte. Die Meute war froh, daß er klettern konnte, und er war froh, daß er für sie klettern durfte!
    Als er ihren Balkon erreicht hatte, bewegte er sich, so leise er konnte. Aber nicht leise genug. Ein Zehennagel klickte gegen die Glastür, als er das Schloß untersuchte. Der Laut war für ihn überdeutlich. Hatten die Menschen drinnen ihn gehört? Hatte sie ihn gehört?
    Ihr Geruch veränderte sich, von der Milde des Schlafs zum beißenden Gestank der Angst. Die verfluchte Kreatur hatte ihn gehört! Er kroch langsam über den Balkon. Sie wußte, daß er hier war. Auch der Rhythmus ihres Atems verändert sich jetzt. Sie bekam so schreckliche Angst, daß es ihn danach verlangte, ihr in den Tod zu helfen, obwohl sie nicht schwach genug für Beute war. Aber dies war so gefährlich. Wenn sie den Vorhang aufzogen, würden sie ihn sehen. Man durfte nicht von denen gesehen werden, die leben sollten! Er war bereit, sich vom Balkon zu stürzen, um das zu vermeiden. Wirklich? Dafür zu sterben? Sein Herz fing an zu klopfen. Sie stieß einen leisen Schrei aus - sie hatte seinen Schatten an der Decke gesehen. Seine Instinkte schrien auf - knurre, spring, töte -, aber er brachte nur einen winzigen Laut heraus.
    Einen Laut, den sie hörte.
    Jetzt war es zu spät! Sie standen auf. Er sah zum Licht an der Decke des Balkons. Wenn drinnen ein Schalter gedrückt wurde, war er bloßgestellt! Er kletterte verzweifelt zum nächsten Stockwerk hinauf - und keinen Augenblick zu früh. Er hörte das Klirren der Schiebetür, Schritte auf dem Balkon. Ihr männlicher Gefährte sah sich um, schritt durch den starken Geruch seines eigenen Körpers und bemerkte ihn in der erstaunlichen Blindheit der Menschen nicht einmal. Diese armen Kreaturen waren in allen Sinnen blind, außer dem Visuellen. Nasenblind, ohrenblind, tastblind. Sie waren die beste Beute der Welt.
    Als der Mann wieder nach drinnen gegangen und alles dunkel geworden war, kletterte er zur Straße hinab. Sein Herz war voll Traurigkeit, als er der Meute gegenüberstand; er hatte versagt, sie war noch am Leben.
    Aber sie hatten auch eine Methode gefunden, gegen sie vorzugehen, und jetzt waren sie bereit.

5
    Carl Ferguson war wieder in sein Büro gegangen. Seine Lampe war die einzige Lichtquelle in den verlassenen Arbeitsräumen im Keller des Museums. Jenseits seiner offenen Tür senkten sich die Schatten des Abends langsam über die Werkbänke

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