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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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und verwandelten die halb fertiggestellten Stücke in undeutliche, eckige Formen.
    Ferguson betrachtete das Modell der Pfote, das er angefertigt hatte, im Licht.
    Die Pfote. Er drehte sie in den Händen und bewunderte zum hundertsten Mal ihre außerordentliche Wirksamkeit. Er stellte sie auf den Schreibtisch, dann hob er sie wieder auf und strich mit den Krallen über seine Wange. Diese Pfote würde ihre Aufgaben hervorragend erfüllen. Die langen Zehen mit dem zusätzlichen Gelenk. Die breiten, empfindlichen Ballen. Die messerscharfen Krallen. Fast... wie ein Mensch sein könnte, wenn Menschen Krallen hätten. Sie besaß dieselbe funktionelle Schönheit wie eine Hand, eine tödliche Schönheit.
    Plötzlich runzelte er die Stirn. War da nicht ein Geräusch? Er sprang auf und ging zur Tür - dann sah er, daß ein Luftzug Federn aus einer Kiste aufgewirbelt hatte.
    »Ich werde verrückt«, sagte er laut. Seine Stimme erzeugte ein tonloses Echo in dem leeren Saal außerhalb seines Büros.
    Ferguson sah auf die Uhr. Sieben. Es war dunkel, die Wintersonne war bereits untergegangen. Er war müde, erschöpft durch das anstrengende Zusammentreffen in der Stadt und seinen eigenen dichten Terminplan. Diese neue Ausstellung würde eine große Sache werden, die ihm sicher eine Professur im Museum sichern würde. Ein wunderbares Thema - die Vögel Nordamerikas. Nicht nur statische Schaukästen, sondern ein ganzer Saal voll mit minutiösen Rekonstruktionen, fliegenden, wunderbaren Geschöpfen... Er betrachtete ein paar von ihnen, ihre in der Dunkelheit ausgebreiteten Schwingen, die kaum zu sehen waren und im Begriff standen, langsam, Stück für Stück, ihr Federkleid zu bekommen.
    Aber welche Rolle spielte dieses - Ding - unter den Tieren Nordamerikas? Was, zum Teufel, war es, verdammt noch mal!
    Die Polizisten hatten etwas von Werwölfen erzählt... abergläubische Narren. Aber sie waren eindeutig auf ein Problem gestoßen. Die Polizei der Stadt war doch sicher imstande, eines dieser Wesen zu fangen, herzubringen und es ihn gründlicher untersuchen zu lassen. Der Pfote nach zu schließen war es groß, möglicherweise größer als ein Wolf. Möglicherweise hundertachtzig Pfund schwer. Ein solches Geschöpf konnte schon alleine außerordentlich gefährlich werden, ganz zu schweigen von einer Meute. Unwahrscheinlich, daß es sich um einen mutierten Wolf handelte; diese waren zu radikal ihrer traditionellen Beute angepaßt. Koyoten - zu deutlicher Größenunterschied. Was solche Krallen hatte, mußte schon vor langer Zeit vom Hauptstamm der Hunde abgespalten worden sein und hatte eine hohe Stufe der Evolution erreicht.
    Was die Frage aufwarf, weshalb es keine Knochen gab, keine Exemplare, gar nichts.
    Es war unheimlich und furchterregend, daß eine ganze Subspezies hundeähnlicher Raubtiere existieren sollte, von denen die Wissenschaft nicht einmal eine Ahnung hatte.
    Er zuckte wieder zusammen - dieses Mal hörte er einen schlurfenden Laut. Jetzt nahm er es ernst. »Luis«, sagte er und hoffte, daß es der Nachtwächter war, der nach dem Licht im Büro sah. »Ich bin es, Carl Ferguson.« Das Schlurfen ging weiter, beharrlich, geduldig... etwas versuchte, eines der Kellerfenster aufzumachen.
    Er betrachtete die Pfote. Ja, sie könnte das tun.
    Er machte die Lampe aus und schloß die Augen, um sie schneller an die Dunkelheit zu gewöhnen. Er stand schwankend und mit Gänsehaut vom Schreibtisch auf.
    Das Kratzen hörte auf, es folgte ein leises Quietschen. Ein Hauch kalter Luft wirbelte erneut Federn in der Kiste auf. Ein schlurfendes Geräusch, dann ein leises Poltern, als etwas durchs Fenster sprang, dann noch etwas.
    Dann Stille. Carl Ferguson hielt seine Gipspfote in einer Hand, sein Mund und Hals waren schmerzhaft trocken.
    »Da ist jemand.«
    Ein Licht strahlte dem Wissenschaftler in die Augen.
    »Hallo, Doktor«, sagte eine bärbeißige Stimme. »Tut mir leid, daß wir Sie erschreckt haben.«
    »Was, zum Teufel...«
    »Einen Augenblick, einen Augenblick, drehen Sie nicht gleich durch. Wir sind Polizisten, und dies ist eine Untersuchung.«
    »Was, zum Teufel, denken Sie sich dabei, so hier einzudringen? Sie... Sie haben mir Angst gemacht! Ich dachte...«
    »... sie wären es?« Wilson drückte auf eine Reihe von Schaltern, grelles Neonlicht flammte im ganzen Keller auf. »Ich kann Ihnen nicht verdenken, daß Sie Angst haben, Doktor. Ziemlich unheimlich hier.«
    Becky Neff machte das Fenster zu. »Wir haben nach Ihnen gesucht. Wir

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