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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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gewissermaßen als Einladung offengelassen. Als er den Keller gestern abend bestäubt hatte, hatte er zwei verschiedene Pfotenabdrücke entdeckt, die ebenso deutlich zu unterscheiden waren wie menschliche Fingerabdrücke. Sie waren die Kellertreppe hinaufgegangen bis zu seiner Tür. Spuren am Schloß zeigten, daß sie versucht hatten, es mit den Krallen aufzumachen.
    Aber sie konzentrierten ihre Bemühungen weitgehend auf Becky, da war er sicher. Wenn er sich irrte, wenn sie jetzt in seiner Nähe waren... mit etwas Glück würde er ein paar von ihnen mit sich nehmen können.
    Er schritt durch die verlassenen nächtlichen Straßen und umklammerte mit einer Hand die M-ll in der Tasche. Trotz der Waffe ging er dicht am Bordstein und hielt sich von Mülltonnen, dunklen Eingängen und überhängenden Feuerleitern fern. Alle paar Schritte blieb er stehen und drehte sich um. Er sah nur einmal einen anderen Menschen, einen wegen des Schnees eingemummten Mann, der in die entgegengesetzte Richtung eilte.
    Als er die Lichter der Eighth Avenue erreicht hatte, ging es ihm besser. Hier, unter den grellen Natriumbogenlampen, war er sicherer, weil Autos vorüberfuhren und Fußgänger häufiger waren. Irgendwie kam er sich anonymer vor, wenn er mit dem Bus fuhr, daher wartete er an der Bushaltestelle, anstatt ein Taxi zu winken. Zehn Minuten vergingen, bevor ein Bus kam. Er stieg ein und fuhr bis zur Ecke Sechsundachtzigste und Central Park West. Jetzt mußte er nur noch durch den Park gehen und würde in Beckys Nachbarschaft sein. Die enge Gegend von Schuhkartonwohnungen der Upper East Side... na ja, wenn es ihr gefiel.
    Er war gescheit genug, den Park nicht zu Fuß zu durchqueren - er dachte nicht einmal im Traum daran. Zur Gefahr der Kreaturen würden noch die Gefahren des Parks kommen, was wahrhaftig dumm wäre.
    Als er ausstieg, sah er das Haus, wo Becky wohnte, sofort. Er zählte die Balkone. Gut, sie hatte das Licht angelassen, eine intelligente Vorsichtsmaßnahme. Wahrscheinlich würde sie wütend auf ihn sein, weil er ganz alleine hierher kam, aber es mußte getan werden. Wenn man wahnwitzige Risiken eingeht, macht man das alleine.
    Er ging in Richtung der Seitenstraße, wo die Kreaturen sich versammelt haben mußten. Der Schnee hatte natürlich sämtliche Spuren beseitigt. Sie würden früher oder später hierher zurückkehren, dessen war er sicher. Aber wenn ihr Geruchssinn so gut war, wie Ferguson gesagt hatte, würden sie wissen, daß er hier war, noch lange bevor sie zu sehen waren. Na und, sollten sie nur kommen. Er wog die M-ll ein wenig in der Hand, dann kauerte er sich hinter eine Mülltonne und wartete.
    Ein Uhr. Der Wind wehte klagend von Norden. Zwei Uhr. Schnee wehte wie weiße Schleier vor den Straßenlampen vorbei. Drei Uhr. Wilson bewegte die Zehen, rieb sich heftig die Nase, lauschte seinem Herzschlag. Gegen Viertel nach drei mußte er gegen Müdigkeit ankämpfen. Er nahm eine Wange zwischen Daumen und Zeigefinger und kniff fest zu. Der Schmerz machte ihn wieder wach.
    Dann war alles still. Es hatte aufgehört zu schneien. Er sog unwillkürlich die Luft ein - er war eingeschlafen. Wie spät? Zwanzig nach vier. Verdammt, über eine Stunde weg. Und auf der anderen Straßenseite, gegenüber der Nebenstraße, standen sechs der häßlichsten, grauenhaftesten Wesen im Licht, die er jemals gesehen hatte. Er bewegte keinen Muskel, nur die Augen.
    Die Geschöpfe waren groß, so groß wie Gebirgswölfe. Ihre Felle waren braun, die Köpfe auf Hälsen, welche viel länger waren als die gewöhnlicher Wölfe. Sie hatten große, spitze Ohren, die alle in Richtung dieser Nebenstraßen geneigt waren. Er konnte praktisch spüren, wie sie nach ihm lauschten. Irgendwo fing sein Verstand an zu schreien: Nimm die gottverdammte Pistole, schieß! Aber er konnte sich nicht bewegen, konnte den Blick nicht von ihren Gesichtern abwenden. Die Augen waren hellgrau unter struppigen Brauen. Und sie sahen dorthin, wohin sie die Ohren geneigt hatten. Die Gesichter waren... beinahe gelassen mit ihren tödlichen Mienen. Und sie hatten Lippen, seltsame, sinnliche Lippen. Die Gesichter waren kein bißchen menschlich, aber eindeutig intelligent. Sie waren schlimmer als die Gesichter von Tigern, durch und durch ruchloser, und widerspenstiger.
    Schieß!
    Die Pistole kam langsam aus der Tasche. Er schien eine Stunde zu brauchen, bis er gezielt hatte, aber schließlich war der lange Lauf oben... und sie waren ohne einen Laut verschwunden.
    Keine

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