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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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Spur, nicht einmal das Rascheln von Füßen im Schnee. Sie hatten sich bewegt! Herrgott, mit dieser Schnelligkeit hatte er nicht gerechnet. Dann lief er auch - so schnell er konnte aus der Allee heraus und zur Mitte der verschneiten Straße, er lief panisch und fühlte sich wie ein alter Mann, während er auf ein erleuchtetes Feuer zurannte, ein rund um die Uhr geöffnetes Restaurant, und durch dessen Tür.
    »Herrgott, erschrecken Sie mich doch nicht so, Mann!«
    »Entschuldigung - Entschuldigung. Mir... mir ist kalt. Haben Sie Kaffee?«
    »Klar, kommt sofort. Sie haben sich da draußen den Arsch abgelaufen. Ärger, Mann?«
    »Wollte nur warm bleiben, das ist alles. Nur warm bleiben.«
    Der Kellner hielt den Kaffee hin - und hielt ihn fest. »Haben Sie fünfzig Cent, Väterchen? Macht fünfzig Cent im voraus.«
    »Oh, klar, sicher.« Wilson gab ihm das Geld, nahm die heiße Kaffeetasse in die Hände, führte sie zum Mund und nippte daran.
    Großer Gott, ich lebe! Ich habe die gottverdammte Pistole s-c-h-n-e-1-1 herausbekommen! Eine Sekunde später, und sie hätten mich gehabt, die Dreckskerle! Es war berauschend - obwohl es langsam gewirkt hatte, hatte er die Pistole gottverdammt schnell gezogen. Schnell genug, sich vor ihnen zu retten, und sie waren unvorstellbar schnell.
    Er trank wieder und stellte fest, wie seine Hände zitterten. Das mußte aufhören. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, wie man diese spezielle Angst überwand, die davon herrührte, wenn man um Haaresbreite dem Tod entgangen war. Jetzt machte er diese Routine durch, ein System, das ihm sein erster Partner in den vierziger Jahren beigebracht hatte, als er selbst noch ein Neuling gewesen war. Ein alter Mann - damals, '52, von seinem ältesten Sohn erschossen.
    Moment mal, dachte Wilson, du schweifst ab. Du stehst unter Schock. Komm schon, Polizist, komm zu dir! Schultern entspannen und sinken lassen. Bauch hängen lassen. Lippen schlaff machen. Tief durchatmen... eins... zwei... und an nichts denken, einfach entspannen.
    Als er wieder Kaffee trank, schmeckte er ihn und merkte zum erstenmal, daß er schwarz und ungesüßt war.
    »He, ich habe gesagt mit Milch. Der Kaffee ist schwarz.«
    »Sie brauchen ihn schwarz, Mann. Sie brauchen keinen Milchkaffee. Trinken Sie den, dann gebe ich Ihnen einen mit Milch.«
    »Danke, Doktor, aber ich bin nicht betrunken.«
    Der Kellner lachte leise, dann sah er Wilson unverwandt an. »Habe ich auch nicht gesagt. Sie haben Angst. Sie sind der verängstigste Kumpan, den ich seit langem gesehen habe. Vielleicht hilft Ihnen der Kaffee, alles wieder auf die Reihe zu kriegen, Mann.«
    »Nun, ich habe es wieder auf der Reihe, Mann. Und ich will einen Kaffee mit Milch. Ich kann diese Brühe nicht trinken.«
    »Klar, wenn Sie Geld haben, mache ich Ihnen Ihren Kaffee mit Mineralwasser, wenn Sie wollen. Aber sagen Sie nicht, Sie können das nicht trinken, was Sie haben.«
    »Zum Teufel, warum nicht? Was ist los, sind Sie verrückt, oder was? Ich habe gesagt mit Milch. Ich kann dieses Zeug nicht trinken.«
    »Sehen Sie in die Tasse, Mann.«
    Sie war leer. Er hatte nicht einmal mitbekommen, daß er den Kaffee getrunken hatte! Er verstummte und dachte wieder darüber nach, wie ungeheuer schnell sie gewesen waren. Es war fast, als wären sie einfach verschwunden; aber er hatte die Schemen laufender Wesen gesehen. Dann wurde ihm klar: Wenn sie so schnell waren, hätten sie ihn packen können, bevor ihm richtig klar geworden wäre, daß sie da waren.
    Warum hatten sie das nicht getan? Diesem Bullen war aus unbekannten Gründen gestattet worden zu leben. Die M-ll in seiner Tasche fühlte sich immer noch gut an, aber sie war überhaupt kein Schutz gewesen. Überhaupt keiner. Die Schnelligkeit, mit der er gezogen hatte, hatte sie ganz sicher nicht verscheucht. Dann etwas anderes... fast, aber nicht ganz eine Erinnerung. Er wußte beinahe, weshalb sie weggelaufen waren - aber es fiel ihm nicht ein. »Scheiße.«
    »Können Sie wieder gehen, Mister?«
    »Nein.«
    »Sie haben vielleicht bemerkt, daß hier drinnen keine Stühle sind. Dies ist ein Lebensmittelladen, kein Café. Hier muß man kaufen und gehen, das sind die Regeln.«
    »Und wenn ich nicht gehe?«
    »Nichts. Ich habe nur das Gefühl, als hätten Sie gewaltigen Ärger. Den könnten Sie mit hier hereinbringen.«
    Wilson überlegte, ob er hinausgehen oder seine Marke zeigen sollte. Verdammt, draußen war wahrscheinlich momentan nicht der gesündeste Aufenthaltsort für ihn.

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