Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
Vom Netzwerk:
behende gehen konnte. Sie waren mit einem Polyurethanüberzug winterfest gemacht worden, die Sohlen aufgerauht, damit sie besser hafteten. Die Turnschuhe ermöglichten es ihm, sich leise und rasch zu bewegen, was in einer eisigen Winternacht sehr nützlich war. Als letztes ein Paar Handschuhe. Diese waren aus feinstem marokkanischem Leder und weicher und dünner als Ziegenleder. Mit ihnen konnte er die M-ll perfekt spüren, fast so, als hätte er gar keine Handschuhe an.
    Als letzte Vorsichtsmaßnahme nahm er die Pistole und entfernte alle Fingerabdrücke. Nicht einmal ein hochkarätiger Polizist spaziert herum und hinterläßt seine Abdrücke auf so etwas. In den Vorschriften stand nichts über Polizisten mit Maschinenpistolen, aber nur deshalb, weil es nicht nötig war. Man brauchte eine Sondererlaubnis, sie zu besitzen, und eine zweite, um sie von einem Ort zum anderen zu transportieren. Sie geladen auf der Straße herumzutragen, war für Polizisten und Zivilisten gleichermaßen illegal.
    Er steckte die M-ll wieder in die Tasche und blieb kurz mitten im Zimmer stehen. Er ging im Geiste alles noch einmal durch. Er war einsatzbereit. Zu schade, daß sein Plan, seinen Geruch zu neutralisieren, nicht funktionierte. Sein einziger Vorteil war die M-ll. Und die Tatsache, daß es Jäger nicht gewöhnt sind, gejagt zu werden. Jedenfalls hoffte er das. Seine Logik schien begründet: Würde ein menschlicher Jäger vermuten, daß der Hirsch plötzlich hinter ihm her ist, oder der Löwe, daß ihn die Gazelle angreift?
    Ihm war die Gefahr bewußt, in die er sich begab, aber er war der Meinung, er mußte handeln, um Becky eine Art Überlebenschance zu geben. Sie verdiente es zu leben, sie war jung und kräftig; was ihn anbelangte, er konnte ein Risiko eingehen. Aber es war ein verdammtes Risiko. Beim Gedanken, von diesen... diesen Kreaturen getötet zu werden, brach ihm der kalte Schweiß aus.
    Aber er wußte, er und Becky mußten Hilfe bekommen, wenn sie noch eine Weile leben wollten. Und um Unterstützung zu bekommen, brauchten sie ein Exemplar. Einen unumstößlichen, unübersehbaren Beweis, der Underwood zum Handeln zwingen und die Anzahl von Leuten darauf ansetzen lassen mußte, die erforderlich war.
    Wilson wollte diesen Beweis beschaffen, wenn er konnte. Und wenn er bei dem Versuch getötet wurde... O Gott, er wollte mit aller Verzweiflung weiterleben! So alt und verbraucht er war, er wollte dennoch leben! Aber er würde trotzdem versuchen, ein Exemplar zu bekommen. Er mußte es.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, daß alle Lichter eingeschaltet waren, verließ er seine Wohnung. Er versperrte die Tür dreimal und ging rasch zum Ende des düsteren Flurs, wo sich die Feuertreppe hinter einer Ziehharmonikatür befand. Er schloß sie auf und zog sie zurück, dann schob er den Fensterrahmen hoch und trat in die Winternacht hinaus. Er holte etwas Kitt aus der Tasche - den er zu eben diesem Zweck bei sich trug - und drückte ihn in den Schließmechanismus, so daß der Riegel wieder herunterklappte, wenn er das Fenster zuzog, aber jederzeit wieder hinaufgedrückt werden konnte, wenn man richtig rüttelte. Zerrte man daran oder zog heftig, würde der Kitt herausfallen und der Riegel einrasten. Dann machte er das Fenster zu und kletterte mit seinem massigen Körper die vereiste Feuertreppe zur Straße hinunter.
    Es schneite heftiger. Schlecht, das beeinträchtigte seine Sicht, aber nicht ihren Geruchssinn. Vielleicht würde die dämpfende Wirkung des Schnees aber ihren Gehörsinn etwas beeinträchtigen.
    Er steckte die Hand in die Manteltasche und umklammerte den Griff der M-ll. Es war eine böse Waffe, die für Antiterroreinsätze entworfen worden war, wo man jeden über den Haufen schoß, der sich bewegte. Momentan fühlte er sich wohl damit. Es war die richtige Pistole für diese Jagd; die Kugeln würden einen Menschen drei Meter weit schleudern. Ein hundert Pfund schweres Tier wahrscheinlich noch weiter.
    Er machte sich auf, seine Beute zu suchen. Er ging davon aus, daß diese Kreaturen zuerst versuchen würden, Becky zu erwischen, weil sie jünger und kräftiger und damit gefährlicher für sie war. Wilson, langsam, alt, krank, würde erst an zweiter Stelle kommen. Seine Theorie wurde von der Tatsache untermauert, daß sie sich viel Mühe gemacht hatten, um zu Becky zu gelangen, wogegen sie ihn weitgehend in Ruhe gelassen hatten. Natürlich waren sie zum Kellerfenster hereingekommen, das wußte Wilson genau. Er hatte es

Weitere Kostenlose Bücher