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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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Was sie vorhin aufgehalten hatte, würde es vielleicht nicht noch einmal tun. Also zeigte er die Marke. »Polizei«, sagte er tonlos. »Ich bleibe.«
    »Wie Sie wünschen.«
    »Haben Sie ein Hinterzimmer, wo ich mich verdrücken könnte? Ich bin müde, ich habe gerade was Schlimmes hinter mir.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort, wie Sie aussehen. Wir haben eine Vorratskammer. Ist gut, viel Platz zum Liegen und ziemlich warm. Ich verzieh mich ab und zu selbst dorthin.« Er führte Wilson in einen Raum mit niederer Decke, offensichtlich ein Schuppen, der an die Rückwand des Backsteinhauses angebaut war, in dem sich der Laden befand. Ein vernageltes Fenster und eine Tür mit drei Schlössern. Sehr gut, sehr gemütlich und sehr sicher, bis es Morgen wurde und wieder Leute auf den Straßen unterwegs waren, so daß er sicher hinausgehen konnte. Während er sich einrichtete, dachte er über sein seltsames, entsetzliches Scheitern nach. Sie waren ihm offensichtlich weit, weit überlegen - sie waren schnell, klug und hatten die Situation fest im Griff. Es gab nur einen einzigen Grund dafür, daß er noch nicht tot war - sie brauchten ihn noch eine Weile lebend.
    Als er die Augen zumachte, sah er sie, ihren steten, eifrigen Blick, die grausame Schönheit ihrer Gesichter... und er erinnerte sich an den Elch und die Wölfe. Was empfand der verbrauchte alte Elch für die wilden Gebirgswölfe? War es Liebe oder so große Angst, daß sie wie Liebe wirkte?

    Als ihnen klar wurde, wer sich in der Nebenstraße versteckte, waren sie voller Freude. Er war gekommen, um das Weibchen zu beschützen, wie es der Vater vorhergesagt hatte. Der Vater kannte die Menschen ausgezeichnet und konnte Geruchsnuancen wahrnehmen, die sich die Jüngeren nicht einmal vorstellen konnten. Und Vater hatte bemerkt, daß der, der sie gesehen hatte, seine Partnerin liebte. Vater hatte gesagt, wir können gegen beide gleichzeitig vorgehen, weil er versuchen wird, das Weibchen zu beschützen. Und Vater hatte Zeitpunkt und Ort bestimmt: wo das Weibchen am schutzlosesten war, wann sie am verwundbarsten war.
    Sie gingen hin, und das war er. Er schlief! Die Zweitgeborenen bereiteten sich auf den Angriff vor und begaben sich auf der Straße in Position. Sie wollten sich gerade in Bewegung setzen, als der Mann den Kopf hob und sie ansah. Die Meute erstarrte, und alle rochen es gleichzeitig: Schweiß von der Hand, die die Waffe hielt.
    Es war eine schwere Entscheidung, die Mutter binnen eines Sekundenbruchteils fällte: Wir verschwinden; wir riskieren es nicht, auf diese Entfernung gegen die Waffe vorzugehen, wir schnappen ihn ein andermal.
    Jetzt floh die Meute durch die Straßen zu dem leerstehenden Gebäude, wo sie den Tag verbringen würden. In jedem Herzen schlug dasselbe schmerzliche Wissen: Sie leben, sie leben, sie leben. Und sie wissen über uns Bescheid. Wenn die Sonne aufgeht, werden sie es anderen mitteilen, werden die Angst verbreiten, von der die alten Legenden berichten, die Angst, die das Leben für künftige Generationen hart und gefährlich machen würde.
    Die Zweitgeborenen waren besonders wütend; sie würden im Frühling werfen, und sie wollten keinen Nachwuchs bekommen, wenn die Menschen vom Jäger wußten.
    Sie fürchteten nichts von Individuen oder auch Gruppen. Aber endlose Menschenmassen konnten sie überwältigen oder sie wenigstens zu einer verstohlenen, gequälten Lebensweise zwingen, die freier Wesen unwürdig war. Während sie argwöhnisch durch die verlassenen Straßen schlichen, waren sie alle vom selben Gedanken erfüllt: die Gefährlichen zu töten, und zwar schnell. Und darüber unterhielten sie sich, als sie ihre Zuflucht erreicht hatte, eine lange, intensive Unterhaltung, nach der sie alle vor wütender Blutgier erbebten, ausgenommen Vater, der sagte: Wir haben gewonnen, denn er wird sich uns bald ergeben - wie es Menschen seit allen Zeiten getan haben -, weil der Todeswunsch über ihn gekommen ist.

    Wilson schlug die Augen auf. Das Licht, das durchs Fenster drang, war grau-gelb. Stetes Prasseln an der Scheibe sagte, daß es wieder schneite.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    Ein Mann stand über ihm, ein dicker Mann in grauer Hose und weißem Hemd. Er war kahl, sein Gesicht von der langjährigen Angewohnheit unbefriedigter Habgier verkniffen.
    »Ich bin Polizist. Wilson.«
    »O allmächtiger Gott - warum hast du den Penner reingelassen, Eddie? Schmeiß den Wichser raus, bevor wir Ungeziefer in unser verdammtes Brot

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