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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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geworden: Sie wagten nicht, ihrem Vater zu vertrauen, sie wußten nicht, ob sie ihrer Mutter vertrauen konnten.
    Sie ging zu ihnen und nahm einen Ausdruck von Zuverlässigkeit und Selbstvertrauen an, das sie nicht empfand. Sie rieben die Schnauzen aneinander, und die drei standen ihr gegenüber. Vor Stunden erst war sie zusammen mit ihnen so ihrem Bruder gegenübergestanden.
    Unter Verwendung ihrer Sprache aus Bewegungen, Knurrlauten und Gesten, die so viel ausdrücken konnten, ohne artikulierende Worte zu gebrauchen, machten sie einen Plan für die kommende Nacht. Es war kein origineller Plan; sie beschlossen nur, zum Haus der Frau zurückzukehren und dort abzuwarten, ob ihnen der Zufall half. Aber ihnen fiel kein besserer Plan ein. Die wunderbar listigen Einfälle ihres Bruders hatten zum Tod eines Mitglieds der Meute geführt, ohne etwas zu erreichen. Einfache, zielstrebige Pläne würden den anderen jetzt mehr zusagen.
    Sie wußte, ihre Zeit wurde sehr knapp. Sie würden das Zentrum der Menschenstadt bald verlassen müssen, um wieder in die Randbezirke zurückzukehren, wo es mehr Schatten und mehr verlassene Gebäude gab. Nicht mehr viel Zeit. Die Wahrheit war: Sie waren dabei, diese Jagd zu verlieren. Der Mensch würde von seinem Jäger erfahren, und das größte aller Tabus würde gebrochen werden. Was waren die Folgen? Endlose Schwierigkeiten für die gesamte Rasse, Leiden und Härten und Tod.
    Was für eine monströse Bürde, die die Meute tragen mußte! Wenn nur... Aber geschehen war geschehen. Wenn es soweit kam, würden sie das Scheitern akzeptieren müssen. Diesen Gedanken dachte sie, aber ihr Herz schrie; nein, sie durften nicht scheitern. Sie durften nicht!

    Sam Garner sah den beiden Polizisten und ihrem Freund nach, wie sie in das Mietshaus hasteten. Sie gingen am Hausmeister vorbei und verschwanden. Der Nachmittag war unverhältnismäßig warm geworden, und sie waren durch den Schneematsch gestapft und hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, Pfützen auszuweichen.
    »Unglaublich. Kannst du dir das vorstellen?«
    »In Pfützen zu hüpfen?«
    Garner machte die Augen zu. Fields war ein netter Kerl, aber nicht unbedingt einer der schlauesten. »Überlegen wir einmal, was mit diesen Typen los sein könnte.«
    »Nun, sie haben drüben beim Museum einen Hund erschossen.«
    »War das ein Hund im Schnee? Bist du sicher?«
    »Ich fand, es sah wie ein Schäferhund aus. Und er ist gelaufen wie der Teufel, obwohl er ein paar Schüsse abbekommen haben mußte.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Was soll ich dir sagen? Er war ziemlich schnell.«
    Garner fädelte sich wieder in den Verkehr ein. Er würde zum Museum zurückkehren und den schneebedeckten Rasen untersuchen. Wenn tatsächlich etwas angeschossen worden war, mußte man doch Blutspuren finden.
    Sie fuhren durch die Straßen zurück zu der Stelle, wo sich der Zwischenfall ereignet hatte. »Komm schon, und bring die Kamera mit.« Die beiden Männer halfen sich gegenseitig über den Zaun, der den Rasen des Museums vom Gehweg trennte. Da waren deutlich sichtbare Spuren. Die Schmelze hatte ihre Form zunichte gemacht, aber man konnte immer noch deutlich sehen, daß es einmal Pfotenabdrücke gewesen waren. Und eine Stelle war mit Blut und winzigen Fleischfetzen übersät. Weiter unten, zur Straße hin, war wieder ein Blutstropfen. Und gleich hinter dem Zaun konnte man noch mehr sehen. Der Fotograf fluchte, als die beiden Männer wieder über den Zaun kletterten. Sam Garner ging über die Straße und schritt an der Mauer auf und ab, die den Central Park umgab. Dann sah er, was er zu finden gehofft hatte: einen langen, blutigen Kratzer oben an der Mauer. »Hier drüben«, rief er Fields zu, der eifrig damit beschäftigt war, nassen Schnee von den Schuhen zu stapfen. Er war in eine Pfütze getreten, als er die Straße überquert hatte.
    »Meine Füße frieren ab«, stöhnte er.
    »Komm schon! Hilf mir über diese verpißte Mauer!«
    Er half Garner nur zu gern hinauf. Sam strampelte sich mit Händen und Füßen auf die Mauer und ließ sich dann in den Park fallen.
    Mit einem Schlag veränderte sich die gesamte Umgebung. Im Winter ist der Central Park so still wie eine Wüste. Das galt besonders hier, an der Mauer, fernab von den Wegen, in einer Gegend schneebedeckter, dichter Büsche. Garner drehte sich um. Fields folgte ihm nicht. »Fein«, dachte er. »Ich hole mir die gottverdammte Story selbst. Bloß keine Bilder.« Er schob die Zweige beiseite. Es war kalt

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