Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
sein Reisemobil im Randbereich des weitläufigen Geländes und ging, während Tannenberg in dem komfortablen Wohnmobil zurückblieb, zur nahegelegenen Bushaltestelle. Von dort aus fuhr er mit der Linie 1 an den Pfaffplatz, wo sich im Gebäude der Kriminalinspektion auch die Räume der Kaiserslauterer Mordkommission befanden.
Als Benny de Vries, sich augenscheinlich bester Stimmung erfreuend, das K1 betrat, traf er dort lediglich die Sekretärin an. Petra Flockerzie saß mit versteinerter Miene hinter ihrem Schreibtisch und klackerte geistesabwesend mit einem Bleistift auf der Tischplatte herum. Als sie Benny erblickte, richtete sie sich reflexartig auf und veränderte dabei kurzzeitig ihren deprimierten Gesichtsausdruck. Aber bereits Sekunden später fiel sie zurück in ihre lethargische Körper- und Geisteshaltung.
»Was ist denn hier los? Ist jemand von euch gestorben, oder was?«, kam es ihm betont locker über die Lippen.
Petra Flockerzie schossen Tränen in die Augen, sie schluchzte geräuschvoll auf. »Nein, aber ...«
Sofort machte er sich gewaltige Vorwürfe, weil er eben den Begriff ›gestorben‹ verwendet hatte. Die gute Seele des K1 tat ihm unheimlich leid. Er hatte sie damals, als er sich im Zuge der gemeinsamen Ermittlungen häufig in diesen Räumen aufhielt, gleich ins Herz geschlossen. Da er sich jedoch zum strikten Stillschweigen verpflichtet hatte, konnte er ihr natürlich nicht einmal den kleinsten Hinweis zu Tannenbergs Aufenthaltsort oder Befinden geben. Tatenlos musste er mit ansehen, wie sie krampfhaft um ihre Selbstbeherrschung rang. Sie schaffte es jedoch nicht, ihre Emotionen waren einfach stärker.
»Aber der Chef ...«, wimmerte sie mit tränenerstickter Stimme. Das war aber schon alles. Mehr konnte sie in ihrem angeschlagenen psychischen Zustand nicht sagen.
»Was ist mit Wolf?«, rief Benny mit lauter Stimme. Zum einen, weil er natürlich den völlig Unwissenden mimen musste, und zum anderen, weil er hinter den geschlossenen Büroräumen Tannenbergs Kollegen vermutete, die er auf diese Weise auf sich aufmerksam zu machen hoffte.
Nahezu gleichzeitig öffneten sich daraufhin zwei Türen, aus denen nacheinander alle Mitarbeiter des K1 in Petra Flockerzies Reich strömten.
»Ach, der Herr Kollege aus Holland«, sagte Michael Schauß eher beiläufig. »Was treibt denn dich hierher?«
Bevor er Antwort gab, begrüßte Benny de Vries jeden seiner deutschen Kollegen mit einem kräftigen Handschlag.
»Na, ich wollte einfach mal wieder unter meinen Landsleuten sein. Um diese Jahreszeit sind ja mehr Holländer hier bei euch in der schönen Pfalz als bei uns zu Hause, wo sie ja eigentlich hingehören«, flachste Benny munter drauf los.
Er rief damit jedoch lediglich betretenes Schweigen hervor.
»Aber nun mal im Ernst: Am Wochenende muss ich zu einer Interpol-Konferenz. Die findet in Straßburg statt. Und da hab ich mir am Dienstag Urlaub genommen und bin mit meinem Camper einfach mal drauflosgefahren – so wie die Holländer das eben so machen.«
Er lachte. Da immer noch niemand auf seine humoristischen Bemerkungen reagierte, ergänzte er sogleich: »Also, um ehrlich zu sein, hatte ich einfach mal wieder Sehnsucht nach meinem lieben Freund Wolf, diesem alten Trunkenbold.« Benny blickte sich suchend um. »Wo steckt der denn eigentlich?«
Nun fing auch Sabrina an zu weinen, Fouquet putzte sich die Nase. Michael Schauß räusperte sich ein paar Mal verlegen, während Geiger nervös auf seinem Kugelschreiber herumzukauen begann.
Petra Flockerzie wurde von einem explosionsartigen Energieschub übermannt. »Ja, wissen Sie etwa noch nicht, was passiert ist?«, stieß sie jammervolles Wehgeschrei aus.
»Nein, nein ... Was, ... was ist denn mit Wolf?«, stammelte Benny de Vries, dem in dieser Situation sicherlich zu Gute kam, dass er während seiner Schulzeit jahrelang in einer Theatergruppe mitgewirkt hatte.
»Hat er sich denn bei dir auch noch nicht gemeldet?«, fragte Fouquet. »Ihr seid doch sehr gut befreundet.«
»Nein, hat er nicht. – Aber was ist denn überhaupt los? Jetzt sag mir das doch endlich mal einer!«
Benny de Vries hörte nun aus der Perspektive der K1-Mitarbeiter das, was er schon aus dem Munde Tannenbergs erfahren hatte. Darüber hinaus erhielt er natürlich auch Informationen, die ihm und seinem deutschen Freund bislang noch nicht bekannt waren und wegen denen er ja hauptsächlich hierher gekommen war.
Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass niemand auch nur
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