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Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall

Titel: Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Benny.
    »So sind sie eben, diese Journalisten. Die Hauptsache, sie können ihre Auflage steigern. Egal mit was.«
    Wieder vergruben sich Tannenbergs Augen in der Zeitung. »Aber woher wissen die denn bloß die Sache mit der Amnesie und dass ich nach dem Krankenhaus frühmorgens im K1 war? Und woher wissen die, dass ich außer meiner eigenen auch noch Geigers Waffe mitgenommen habe?«
     
     
     

8
    Plötzlich fasste sich Tannenberg mit der linken Hand an den Hals und drückte seine Finger auf die Schlagadern. Sein Puls raste. Nahezu zeitgleich schlug er die andere Hand auf seine linke Brust und hakte sie dort fest, so als wolle er sich jetzt gleich eigenhändig das Herz aus dem Leibe reißen. Dabei rang er mit panisch aufgerissenen Augen und sperrangelweit geöffnetem Mund hechelnd nach Atemluft.
    Zufällig blickte er genau in dieser Schrecksekunde in die Glastür des direkt ihm gegenüber befindlichen Hängeschränkchens. Als er dort sein eigenes, fratzenhaft entstelltes Spiegelbild sah, wurde dieses fürchterliche Vernichtungsgefühl, das gerade wie aus dem Nichts über ihn hergefallen war, noch intensiver.
    Was ihn bei diesem Anblick so unglaublich erschreckte, war die Eindeutigkeit der Botschaft des Abbildes. Jeder Mensch, unabhängig von seiner Kulturangehörigkeit, wusste sie sofort zu erkennen: es war die ins Gesicht eingravierte Todesangst.
    Merkwürdigerweise hatte Tannenberg diesen extremen Gesichtsausdruck bislang erst einmal in seinem Leben in einer realen Situation erlebt, und zwar nicht etwa in seinem kriminalistischen Berufsalltag, sondern an einem heißen Sommertag mitten in einem öffentlichen Freibad.
    Tannenberg war auf dem Weg zur Cafeteria am Schwimmerbecken vorbeigekommen, in dem sich trotz der vielen dort herumtobenden Kinder unverdrossen eine Armada von Erwachsenen bemühte, in Formation ihre Bahnen zu ziehen. Fast der gesamte Beckenrand war mit Menschen besetzt, nur auf der Seite, auf der Tannenberg gerade entlangschlenderte, tat sich hinter einem heftigst miteinander turtelnden Pärchen eine Lücke von etwa fünf Metern Breite auf.
    Schmunzelnd hatte er gerade den muskulösen Rücken des jungen Mannes passiert, als kaum zwei Schritte davon entfernt plötzlich sein versonnener Blick mitten hinein in die kreisrunden Augen eines Kleinkindes fiel, die ihm dicht unterhalb der Wasseroberfläche in Todesangst entgegenstarrten. Natürlich hatte er sofort das getan, was wohl jeder in seiner Lage getan hätte: geistesgegenwärtig ins Wasser gegriffen, die Kleine herausgezogen – und ihr damit quasi in letzter Sekunde das Leben gerettet. So lautete zumindest die Aussage des herbeigerufenen Notarztes.
    Obwohl dieses traumatische Ereignis nun schon über zwanzig Jahre zurücklag, hatte sich das Bild dieses verzweifelten, hilflosen Mädchengesichtes so tief in sein Gedächtnis eingefräst, dass er es seitdem nie mehr vergessen konnte. Jedes Mal, wenn ihm sein Gehirn diese Szene nachts auf seine innere Leinwand projizierte, sah er dieses schreckverzerrte Kleinkindgesicht leibhaftig vor sich.
     
    Als Benny de Vries Tannenbergs besorgniserregenden Zustand registrierte, war er einen kurzen Augenblick lang vollständig gelähmt, absolut handlungsunfähig. Er dachte unwillkürlich an einen Herzinfarkt. Doch dann schoss ihm der Gedanke ins Bewusstsein, dass es sich bei den körperlichen Problemen seines Freundes wohl eher um die Symptome einer stressbedingten Kreislaufschwäche handeln musste.
    Deshalb schnappte er sich die Plastiktüte, mit der er vorhin seine Einkäufe transportiert hatte und stülpte sie Tannenberg über den Kopf.
    Der reagierte verständlicherweise alles andere als begeistert. Reflexartig zerrte er die Tüte wieder vom Kopf, hielt sie Benny mit zitternder Hand entgegen. Entsetzt starrte er ihn an.
    »Bist du ... wahnsinnig ... geworden?«, hechelte er ihm entgegen. Dabei hustete er ein paar Mal kurz hintereinander.
    Derweil hatte Benny Tannenbergs Hand ergriffen und hielt ihm nun einen kleinen medizinischen Vortrag : »Wolf, beruhig dich. Du hyperventilierst. Das heißt, du nimmst durch deine schnelle Atmung zu viel Sauerstoff auf. Du musst jetzt vernünftig sein und eine Zeit lang die Luft aus der Tüte einatmen. Da ist weniger Sauerstoff drin. Dann normalisiert sich deine Atmung gleich wieder. Wenn du das nicht machst, bekommst du einen Kreislaufkollaps und wirst ohnmächtig!«
    Diese nicht sonderlich erstrebenswerten Aussichten brachten Tannenberg schlagartig zur Besinnung. Mit einem

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