Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
Vom Netzwerk:
reichte
ihm das Telefon.
    Mendelski nahm das Handy und ging einige
Schritte in den großen Raum hinein, um von draußen ungehört sprechen zu können.
    »Das passt gut«, sagte er ins Telefon.
»Macht am besten alles so, wie wir es besprochen haben. – Ja, die Küche
ist vom Garten aus zu erreichen. Durch die Waschküche. – Nein. Die Tür
müsste offen sein. Sonst helft ein bisschen nach. – Genau. Und bimmelt
durch, wenn ihr so weit seid.«
    * * *
    »I want to see her room« , sagte sie zu Ellen Vogelsang, als sie in der Küche
standen.
    Strunz und Kleinschmidt inspizierten in
aller Eile die angrenzenden Räume wie Speisekammer, Wohnzimmer und Flur. Für
ihr Vorhaben mussten sie alle Eventualitäten ins Kalkül ziehen.
    Mein Gott, eine Besichtigungstour –
dazu haben wir doch jetzt keine Zeit, dachte Ellen Vogelsang. Das Zimmer kann
sie sich auch noch später ansehen.
    »It’s not so much time« , erwiderte sie und deutete mit besorgter Miene auf die
Küchenuhr an der Wand. »You’ll see it later.«
    Das entschiedene Kopfschütteln der jungen
Frau und ihr unnachgiebiger Blick brachten Ellen Vogelsangs Entschlossenheit
ins Wanken. Sie musste sich eingestehen, dass ohne die bereitwillige Mithilfe
der Protagonistin der gesamte Plan in Gefahr geriet.
    »Okay, let’s do it in a hurry« , lenkte sie schließlich ein.
    Die beiden Frauen verschwanden im Treppenhaus.
Strunz und Kleinschmidt schauten verdutzt hinter ihnen her.
    * * *
    Als Mendelski wieder hinaus auf
die Veranda trat und einen kritischen Blick in die Runde schickte, stürmte
plötzlich Karl-Heinz Jagau auf ihn zu.
    »Mir reicht’s, ich halte das nicht mehr
aus«, rief der Forstwirt aufgebracht. »Ich muss das endlich klarstellen.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an«, erwiderte
Mendelski ironisch. Mit Widerwillen hatte er die leichten Alkoholausdünstungen
seines Gegenübers registriert. »Etwa auch im Geheimen? Unter vier Augen?«
    »Nein, das braucht’s bei mir nicht. Was
ich sagen will, können ruhig alle hören.«
    Er drehte sich um, sodass ihm die
Nachmittagssonne mitten ins Gesicht schien. Mit dem Zeigefinger seiner rechten
Hand wies er auf die verschorften Wunden auf seiner Wange.
    »Sehen Sie mal, diese Kratzer hier, die
hab ich nicht von dem toten Mädchen. Auch wenn der Kommissar das glaubt.
Deswegen wollte er mich ja auch mit den Handschuhen reinlegen, mit dem
genetischen Fingerabdruck und so. Aber das wird nichts, nee, nicht mit mir!«
Aufgeregt drehte er sich zu Mendelski um. »Heute Mittag war ich bei Doris,
Doris Zietlow, und da hat sie mir gesagt, dass sie das war. Mittwochnacht, als
wir so stramm waren. Durch den Filmriss wusste ich nichts mehr davon. Jedenfalls
hatten wir Streit – und ratsch, hat sie mir eine gepfeffert. Mit ihren
langen Krallen, es hat richtig geblutet. Was bin ich ihr dankbar …«
    Jagau ließ sich erschöpft auf die leere
Bank plumpsen.
    Mendelski wandte sich ab.
    »Erstaunlich, wie sich das Erinnerungsvermögen
von Ihnen allen plötzlich entwickelt.« Der finstere Blick verriet seinen Zorn.
»Warum erst nur Phantasiegeschichten?«, rief er laut in die Runde. »Warum nicht
gleich die ganze Wahrheit? Steht etwa noch jemandem der Sinn danach, uns eine
neue Version aufzutischen von dem, was da Mittwochnacht geschehen ist? Würd
mich nicht wundern …«
    Betretenes Schweigen.
    »Diese Doris Zietlow, die wohnt hier in
Eschede, nehme ich an?«, fragte Maike Schnur leise, bereit, die Daten in ihrem
Block aufzuschreiben.
    »Ja, genau«, tönte der Forstwirt. »Sie
können sie ruhig fragen. Ist gar nicht weit von hier …«
    »Danke, es reicht«, unterbrach Mendelski
ihn und komplimentierte Jagau von der Veranda. Im Moment hatten sie
Dringenderes zu tun, als dessen zwielichtiges Alibi zu kontrollieren. »Wir
werden uns schon um Ihre Doris kümmern.«
    Dann drehte sich der Kommissar
unvermittelt um die eigene Achse.
    »Herr von Bartling, kann ich Sie mal kurz
sprechen?«
    * * *
    »Ellen! Kommt jetzt runter«,
rief Kleinschmidt mit unterdrückter Stimme die Treppe hinauf. »Wir sind so
weit.«
    »We have to go now« , drängte Ellen Vogelsang von der offenen Tür her. »It’s time.«
    Ihrem Schützling passte die Hetze
überhaupt nicht. Nur schweren Herzens trennte sie sich von den Fotos an der
Wand, strich – wie zum Abschied – mit der Hand über das gemachte Bett
und warf noch einen letzten Blick durchs Fenster in den Garten.
    Dann folgte sie der Kommissarin die Treppe
hinab.
    * * *
    Mit Absicht

Weitere Kostenlose Bücher