Wolfsfeder
geweckt wird. Es wird
sowieso dienstlich sein, das habe ich im Urin.
Er rappelte sich auf, verhedderte sich in
der Wolldecke und ging kurz in die Knie.
»Coño!« ,
schimpfte er. Die Decke unbeabsichtigt ein Stück hinter sich herschleppend,
hastete er zum Vertiko, wo sich die Telefonanlage befand.
»Was gibt’s?« Seine Stimme klang barsch,
als er endlich den Hörer in der Hand hielt.
»Jo hier«, erwiderte Kleinschmidt etwas
verlegen am anderen Ende der Leitung. »Sorry, dass ich schon so früh störe,
aber wir haben zwei interessante Neuigkeiten.«
»Hat das nicht Zeit bis um zehn?«
Mendelski räusperte sich, um den Frosch im Hals zu beseitigen. »Wie spät ist es
eigentlich?«
»Zehn nach acht.«
»Und da treibst du dich schon in der
Jägerstraße herum?«
»Ja«, knurrte Kleinschmidt. Offenbar war
ihm die Frage peinlich. »Hatte Dünnpfiff heute Nacht, konnte nicht schlafen.«
Mendelski fragte sich im Stillen, ob das
mit den Verdauungsproblemen tatsächlich der Wahrheit entsprach. Maike hatte
angedeutet, dass Kleinschmidt seit geraumer Zeit Beziehungsprobleme hatte.
»Na dann … schieß los.«
»Also erstens: Das winzige
Knochenfragment, das wir gestern im Pool bei Kreinbrinks sichergestellt haben,
ist tatsächlich das fehlende Stück zu dem Amulett von Yadira Martinéz.«
»Davon war ich überzeugt. Weiter?«
»Soeben hat Kreinbrink senior angerufen.
Seine Haushälterin, Frau Hogreve, ist gestern am Spätnachmittag von Wiegand,
dem Gärtner, gefesselt und geknebelt und in den Holzschuppen eingesperrt
worden.«
»Das ist ja ‘n Ding.« Mendelskis Interesse
war erwacht.
»Erst spät in der Nacht hat sie sich
selbst befreien können.«
»Und?«
»Sie ist wohlauf.«
»Ach … ich meinte, was hat Wiegand
damit bezweckt? Hat er sich irgendwie geäußert, ihr gegenüber?«
»Nicht dass ich wüsste.« Jo Kleinschmidt
schien zu überlegen. »Nein, mehr hat Kreinbrink dazu nicht gesagt.«
»Okay, dann knöpfen wir uns den Gärtner
mal vor. Den hatte ich sowieso auf dem Plan.«
»Reicht das für ‘ne Fahndung?«
»Noch nicht.« Mendelski grübelte. »Am
besten schickst du erst mal die Kollegen aus Eschede hin. Die sollen den
Wiegand ausfindig machen und zur Station mitnehmen. Die Vernehmung übernehmen
wir aber. Gleich nach unserer Besprechung heute früh fahren Maike und ich nach
Eschede.«
»In Ordnung. Dann bis nachher.«
* * *
Nach dem Frühstück schlich Kai
sich unbemerkt aus dem Haus. Sein Vater hatte sich in sein Büro zurückgezogen,
um zu telefonieren. Kai wollte lieber gar nicht wissen, mit wem. Nach der
unfreiwilligen Lauschaktion gestern war er bedient. Wenn es etwas zu sagen gab,
sollte sein Vater ihm gefälligst freiwillig darüber Auskunft geben.
Auch Frau Hogreve bekam nicht mit, dass er
das Haus verließ. Sie hantierte in der Küche, geschäftig wie immer. Allerdings
schien sie noch nervöser als vorher zu sein, nachdem sein Vater die Polizei
benachrichtigt hatte. Es hieß, sie sollten sich für einen baldigen Besuch der
Kripo Celle bereithalten.
Kai fragte sich, warum sie ihm nicht
gleich die Wahrheit über ihre Verletzungen gesagt hatte. Wieso tischte sie ihm
so ein Ammenmärchen auf? Gegen den Schrank gelaufen … haha.
Sein Vertrauen zu den Mitmenschen in
seiner nächsten Umgebung war auf dem Tiefpunkt angelangt. Sowohl sein Vater wie
auch Frau Hogreve schienen ihre kleinen Geheimnisse zu haben.
Oder waren es eher große?
Der Land Rover war unter dem Schauer
geparkt. Das Risiko, dass sein Vater und die Hogreve ihn wegfahren hören
würden, nahm er in Kauf. Er stieg ins Auto, zog die Tür vorsichtig hinter sich
zu, startete den Motor und tuckerte im zweiten Gang vom Hof.
Jetzt klingelt gleich das Handy, dachte
er, während er auf das Mobiltelefon schielte, das in der Mittelkonsole lag.
Er erreichte die Südstraße, ohne dass sein
Handy sich meldete. Zu Hause schien niemand sein Gehen bemerkt zu haben.
* * *
Fuhr da nicht eben der
Kreinbrink junior?
Karl-Heinz Jagau hatte mit seinem Pick-up
von der Garten- auf die Rebberlaher Straße abbiegen wollen, als der Land Rover
herangebraust kam. Um ein Haar hätte der Forstwirt dem Land Rover die Vorfahrt
genommen.
Was rast der denn so? Und dann so ein
Gesicht … Guckt nicht nach rechts, nicht nach links. Jagau schüttelte den
Kopf und fuhr ebenfalls in Richtung ICE -Brücke.
Er hatte seine eigenen Sorgen. Der Bericht
im Fernsehen über die DNA -Proben
hatte ihm eine unruhige Nacht beschert. Nach der vierten
Weitere Kostenlose Bücher