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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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den
hinteren Bereich des Grundstücks. Dort versteckten sie sich hinter einem
reichlich vergammelten Carport. Darin stand ein leerer Pkw-Anhänger, daneben
warteten ein Stapel Holzpfähle, ein großer Haufen Verbundpflastersteine und
etliche andere Materialien auf eine sinnvollere Verwendung.
    »Du nimmst das rechte Fenster, ich das
neben der Hintertür«, schlug Kai vor. »Es sind zwar bei beiden die Vorhänge
zugezogen, aber vielleicht können wir mal lauschen, ob sich drinnen was tut.
Und dann haben wir ihn.«
    »Wenn er aber tatsächlich zu Hause sein
sollte, rufen wir die Polizei, okay?« Finn bekam langsam kalte Füße. So hatte
er sich das nicht vorgestellt, als Kai ihm vorgeschlagen hatte, mal eben nach
dem Wiegand zu sehen.
    »Ja«, entgegnete Kai halbherzig. »Also los
jetzt.«
    Er löste sich aus dem Schatten des
Carports und huschte die wenigen Meter zum Bungalow hinüber. Unter dem Fenster
neben der Hintertür duckte er sich. Während Finn gebückt zu dem ihm zugedachten
Fenster schlich, schob sich Kai langsam an der Hauswand hoch, bis sein Kinn
etwa Fensterbretthöhe erreicht hatte.
    Als er, um besser lauschen zu können,
seinen Kopf nach vorn schob und seine Nasenspitze nur noch wenige Zentimeter
von der Fensterscheibe entfernt war, passierte es.
    Der Vorhang wurde aufgerissen und ein
Gesicht presste sich an die Scheibe. Wiegands Gesicht. Nur wenige Zentimeter oberhalb
des Fensterbretts. Fast Auge in Auge mit Kai.
    Erschrocken schrie der Junge auf. Wie von
einem Katapult abgeschossen, schnellte er zurück und landete unsanft auf dem
Hosenboden.
    Jetzt sah auch Finn das bleiche Gesicht.
    Wiegands schweißnasse Stirn klebte an der
Fensterscheibe. Darunter sah man sein eingefallenes, unrasiertes Antlitz.
    Aus blutunterlaufenen Augen starrte der
Gärtner die beiden Jungen an.
    * * *
    »Sie sind’s? So früh am
Samstagmorgen?«
    Unausgeschlafen und verkatert stand Pagel
in der halb geöffneten Haustür.
    »Wollen Sie mich nicht hereinlassen?«,
fragte von Bartling. »Ich muss mit Ihnen reden.«
    »Wenn’s denn sein muss.« Unwillig gab
Pagel die Türe frei.
    Wenig später saßen sich die beiden Männer
am Esstisch im Wohnzimmer gegenüber.
    Von Bartling kam gleich zur Sache.
»Folgendes«, sagte er. »Die Polizei wird bald auftauchen und Sie zu gestern
befragen. Ich möchte aber vorher einiges klären, um eventuellen Schaden von
Ihnen, der Jägerschaft und von meinem Revier abzuwenden.«
    »Was ist denn schon passiert?«, brauste
Pagel auf. »Ich habe einen über den Durst getrunken. Gut, meinetwegen auch mehr
als einen. Und? Ist das etwa verboten?« Der Lehrer holte tief Luft.
    Von Bartling wollte etwas erwidern, aber
Pagel kam ihm zuvor.
    »Und mussten Sie mich unbedingt aus der
Hütte zerren, noch dazu mit der Polizei, und mich dann nach Hause schleifen?
Diese Aktion war ja wohl restlos übertrieben.«
    »Mensch, Pagel«, schnauzte jetzt von
Bartling. »Es geht nicht um Ihr Trinkgelage. Mir ist es doch völlig schnurz,
wie oft Sie sich einen auf die Lampe gießen.« Der Zweimetermann funkelte sein
Gegenüber zornig an. »Haben Sie’s noch nicht begriffen? Es geht um den Tod
dieses Mädchens.«
    Das saß.
    Pagel klappte den Mund auf, brachte aber
keinen Ton über die Lippen.
    »Glauben Sie, ich schnüffle hinter Ihnen
her?«, setzte von Bartling nach. »Dazu habe ich weder Lust noch Zeit. Ich war
gestern Abend mit der Polizei unterwegs, weil eine Spur vom Streckenplatz zu
Ihnen in die Jagdhütte führte.«
    Pagel schüttelte entsetzt den Kopf. »Zu mir?
Das kann doch gar nicht … Wieso denn das? Mit dem Mädchen hab ich nicht
das Geringste zu tun«, rief er. »Das schwöre ich!«
    Von Bartling schien nicht überzeugt.
    »Dann erklären Sie mir doch bitte schön
mal, warum jemand am Streckenplatz nur einen Tag nach Auffinden der Leiche die
Schwedenfeuer anzündet und fachgerecht präparierte Brüche bis zur Jagdhütte
legt? Und genau da finden wir Sie , sternhagelvoll.«
    »Himmelherrgott noch mal, das weiß ich
doch nicht.« Pagel goss sich mit zittriger Hand Mineralwasser in ein Glas. »Hab
nicht die geringste Ahnung.«
    »Und noch etwas.« Von Bartling beugte
seinen langen Oberkörper über den Tisch. »Sie haben doch seinerzeit die
Wolfsangel da über der Tür zur Jagdhütte eingebrannt. Ihr Faible für
Heimatkunde, Wolfsangeln und dergleichen ist ja hinreichend bekannt. Aus der
Schule, den Jagdscheinkursen und so weiter.«
    »Hm … ja … und?«, stotterte der
Lehrer.
    »Was sagen Sie denn

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