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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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mal wieder Migräne. Da habe ich mich hingelegt.«
    »Und was ist mit Ihrer Lippe passiert?«
    Hat er es doch gemerkt, dachte sie
ertappt, während sie kaltes Wasser in einen Kessel laufen ließ. Der gute Junge
macht sich ja doch Sorgen um mich.
    »Nichts, gar nichts«, erwiderte sie,
bereute aber bereits im nächsten Augenblick ihre Reaktion. »Jedenfalls nichts
Schlimmes. Ich habe mich an der Tür vom Arzneischrank gestoßen. Zu dumm, nicht
wahr?«
    »Und Ihre Hände? Da sind ja ganz frische
Kratzer.«
    »Ach das. Das ist von den Rosen«, kam es
wie aus der Pistole geschossen. Sie versuchte, das Thema zu wechseln. »Ist dein
Vater auch schon auf?«
    »Weiß nicht.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür,
und Konrad Kreinbrink trat ein.
    »Guten Morgen allerseits«, sagte der
Hausherr, ohne den beiden mehr als einen Wimpernschlag Blickkontakt zu widmen.
Er ging zum Tisch und griff nach der Zeitung. »Ach, da sind Sie ja wieder«,
sagte er beiläufig, während er die Schlagzeilen des Wochenendes überflog.
»Alles in Ordnung?«
    Irene Hogreve, die sich angesprochen
fühlte, sah zu Kai hinüber und setzte gerade zu einer Antwort an, als ihr
Kreinbrink senior zuvorkam.
    »Ach Kai, bevor ich’s vergesse, wir sind
doch heute Abend bei Warneckes zum Entenstrich eingeladen. Um halb sechs an der
Aschaubrücke, du weißt schon …«
    »Papa, bitte.« Kai war außer sich.
»Entenstrich … Einladung … Haben wir nicht andere Sorgen? Yadira ist
gerade mal zwei Tage tot.«
    »Aber das Leben muss weitergehen«, sagte
sein Vater kühl. »Was meinst du , sollten wir tun?«
    »Ein wenig Trauer könnte nicht schaden«,
murmelte der Junge. Und lauter sagte er: »Wir sollten lieber helfen, die Sache
aufzuklären, immerhin stecken wir bis zum Hals mit in dem Schlamassel. Die
Kripo nimmt an, dass Yadira ertrunken ist – in unserem Swimmingpool. Und
der Wiegand, der für den Pool zuständig ist, hat sich verdünnisiert. Das macht
ihn doch total verdächtig.«
    »Da könntest du recht haben. Aber darum
soll sich besser die Polizei kümmern. Das ist wirklich nicht unser Bier.«
Konrad Kreinbrink verspürte offensichtlich wenig Lust, mit seinem Sohn zu
diskutieren. Sein fahriger Blick suchte die Haushälterin. »Frau Hogreve, Sie
heute in langer Hose?«, sagte er. »Das hab ich, glaube ich, bei Ihnen noch nie
gesehen.«
    Kai verdrehte genervt die Augen, während
Irene Hogreve sich langsam umdrehte. Vor Verlegenheit und Scham lief ihr
Gesicht rot an.
    »Was ist denn mit Ihrer Lippe passiert?«
Kreinbrink trat einen Schritt auf sie zu. »Und Ihre Hände? Wer war das?«
    Sie senkte den Kopf und schwieg.
    »Nun sagen Sie schon … mein Gott,
etwa der Wiegand?«
    Als er spontan nach ihren Unterarmen
griff, zuckte sie vor Schmerz zusammen.
    »War es der Gärtner?«, hakte er nach.
    »Ja«, hauchte sie. Tränen liefen ihr über
die Wangen, während Kai große Augen bekam.
    »Was ist denn passiert?«
    »Er … er hat mich im Holzschuppen
eingesperrt«, flüsterte sie stockend. »Und mit Klebeband gefesselt und
geknebelt.«
    »Das gibt’s doch nicht! Warum macht der so
was? Warum?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Von dem
heimlich ausgeliehenen Okuliermesser erzählte sie natürlich nichts.
    »Und Sie haben überhaupt keine Ahnung,
weshalb?« Konrad Kreinbrink ging aufgeregt in der Küche auf und ab. »Nicht die
leiseste Idee? Hat es vielleicht was mit Yadira zu tun? Haben Sie am Ende
vorgestern Nacht was gesehen?«
    Irene Hogreve schüttelte heftig den Kopf.
    »Wie sind Sie denn da herausgekommen?«
    »Ich konnte mich selbst befreien, spät in
der Nacht. Bin dann in meine Wohnung.«
    »Um Gottes willen … warum haben Sie
uns denn nicht sofort geweckt?«
    Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Es
war doch schon so spät … ich wollte Sie nicht stören.«
    »Frau Hogreve.« Kreinbrink guckte grimmig
drein. »Wir müssen die Polizei verständigen.« Dann schaute er zu seinem Sohn
hinüber. »Gern tu ich’s ja nicht. So, wie die sich gestern benommen haben. Aber
uns bleibt wohl nichts anderes übrig.«
    Er griff zum Telefon.
    * * *
    Irgendwo klingelte ein Telefon.
    Mendelski tauchte aus dem Tiefschlaf auf
und musste sich erst einmal orientieren. Es dauerte einen Moment, bis er
feststellte, dass er zu Hause im Wohnzimmer auf dem Sofa lag und dass es
draußen bereits hell war.
    Das Telefon bimmelte unerbittlich weiter.
    Carmen wird wach, kam es ihm plötzlich in
den Sinn. Reicht doch, wenn einer von uns beiden am Samstagmorgen

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