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Wolfsfeuer (German Edition)

Wolfsfeuer (German Edition)

Titel: Wolfsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Leute standen genau wie er unter dem Bann des Mondes.
    Während er auf die Tundra zutrabte, überlief das Kribbeln der Verwandlung seine Haut, es wärmte und beschwichtigte ihn. Oftmals half es ihm, wenn er vor einem scheinbar unlösbaren Problem stand, seinen Geist zu öffnen und den Wolf willkommen zu heißen. Wenn er anschließend zurückkehrte, nachdem er die ganze Nacht über dieses eisige Land getollt war, in seinem Kopf nichts als animalische Bedürfnisse, hatte er die Antworten auf seine allzu menschlichen Probleme.
    Er rannte durch das Dorf; die Gebäude rechts und links von ihm verschwammen, als er übermenschlich schnell wurde. Er würde als Mensch aus den Straßen Barlowsvilles hinausschießen und als ein Tier in der Wildnis landen.
    Julian konzentrierte seine Kraft, stieß sich mit den Füßen vom Untergrund ab und umarmte den Wolf in sich, als er ein leises, herzzerreißendes Wimmern hörte.
    Er prallte hart auf, aber nicht auf seinen Pfoten, ignorierte jedoch das eisige Brennen an seiner nackten Haut, als er sich dem Geräusch zuwandte. Er fokussierte die Augen auf Ellas Haus – dunkel und scheinbar verlassen lag es da, trotzdem wusste er, dass sie es gewesen war.
    Der Gedanke, dass es etwas gab, das Alexandra Trevalyn ein Wimmern entlocken konnte, veranlasste Julian, mit unverminderter Geschwindigkeit in die Richtung zurückzusprinten, aus der er gekommen war. Dutzende Gestalten in den unterschiedlichsten Stadien der Metamorphose stürmten an ihm vorbei – ein groteskes Wettrennen in einer arktischen Nacht.
    Er war auf halber Höhe der Eingangstreppe, als er plötzlich innehielt, den Kopf zur Seite legte und in die Dunkelheit lauschte. Alex war aus der Hintertür gestürzt, und wenn ihn die Geräusche nicht trogen, rannte sie um ihr Leben.
    Julian war mit einem Satz von der Veranda, dann sprintete er zur Rückseite des Gebäudes, während die Welt um ihn herum in einem Strudel pulsierender Panik verschwamm. Sie stürzten exakt im selben Moment um die Hausecke und prallten gegeneinander. Julian fing Alex ab, ehe sie nach hinten geschleudert wurde und hinfallen konnte.
    Als sie sich fluchend und tretend zu befreien versuchte, schüttelte er sie sanft. »Ich bin’s, Alex.«
    »Ich weiß«, sagte sie und verpasste ihm eine Ohrfeige.
    Er hätte sie auf der Stelle fallen lassen sollen aber das brachte er nicht über sich. Irgendwas stimmte nicht mit ihr.
    Sie war nackt aus dem Haus gerannt, aber nicht, weil sie mit den Dorfwölfen einen schönen, langen Streifzug durch die Nacht unternehmen wollte. Ihre Haut unter seinen Händen fühlte sich eisig an, statt die typische Hitze abzustrahlen, die eine Verwandlung mit sich brachte. Nein, sie war von Angst übermannt ohne Unterwäsche oder Schuhe nach draußen gestürzt.
    Sie leistete weiterhin Widerstand, obwohl sie nicht gewinnen konnte. Aber sie war nackt, ihre Haut trotz der Kälte der Luft schweißgebadet und deswegen glitschig. Seine Hand rutschte ab, und sie versuchte, an ihm vorbeizuschlüpfen. Er bekam sie wieder zu fassen und klemmte sie zwischen sich und der Hausmauer ein.
    »Was ist passiert?«, fragte er. Als sie einen ihrer Arme freibekam und mit den Fingernägeln seine Seite aufkratzte, packte er ihre Handgelenke, zerrte sie über ihren Kopf und drückte auch sie gegen den Putz.
    Ihr Widerstand erlahmte: Gott sei Dank. Dieses ganze Zappeln und Zucken und Kämpfen war anstrengend.
    »Was ist passiert?«, wiederholte er etwas sanfter.
    Ihr Brustkorb hob und senkte sich, dabei rieben sich ihre Brüste in einer Weise an seinem Körper, die aufreizend gewesen wäre, hätte Alex nicht unverkennbar Stresssymptome gezeigt.
    »Er ist tot.« Die Haare hingen ihr in feuchten Strähnen, die langsam zu wirren Flechten gefroren, ins Gesicht.
    Oh , Scheiße , dachte Julian. Wen hatte sie jetzt umgebracht?
    Er umfasste mit seiner freien Hand ihr Kinn und hob es an, bis die Haare aus ihrem Gesicht fielen. »Wer ist tot?«
    Die Augen weit und unfokussiert wisperte sie mit einer Stimme, die ihm aller Anstrengungen zum Trotz das Herz zerriss: »Charlie.«
    Julian lehnte die Stirn gegen ihre; sein Haar glitt über ihre Wangen und wob einen goldenen Vorhand zwischen ihnen und der Nacht. »Wer ist Charlie?«
    Er wusste es, aber er wollte, dass sie mit ihm sprach, dass sie sich aus dem Traum, der Erinnerung oder was auch immer sie in seinem Würgegriff hielt, löste.
    Eine Wolkenbank schob sich vor den Mond und hüllte sie in Dunkelheit. Er konnte Alex riechen, dieses

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