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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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tiefdunklen Augen sah, hätte ich fast gesagt, dass sie geschmolzen waren, so sehr brannten sie. Dann verfinsterte sich sein Blick für eine Sekunde, als er mich fragte:
    „Wirklich?“
    „Ja, wirklich!“, bestätigte ich. Erst dann erlaubte er sich, sich darüber zu freuen. In Jakovs Fall hieß das, eine weitere Portion Kuchen mit Eis, die er breit grinsend vertilgte. Wie konnte man nur so essen und die Figur eines Olympia-Athleten haben?
    „Jetzt schulde ich dir aber wirklich was“, sagte er mit vollem Mund. Er konnte einfach nicht aufhören, blöd zu grinsen. Hatte ich auch so ausgesehen, als Istvan und ich zusammengekommen waren?
    Ich hoffe nicht!
    „Sorg dafür, dass Istvan am Leben bleibt, dann sind wir quitt“, versuchte ich so neutral wie möglich zu sagen.
    „Ich tue, was ich kann! Versprochen“, sagte er ernst. Doch das Grinsen verschwand einfach nicht.
    Jakov bei seinem Eisgelage zuzusehen, machte mich doch ganz schön müde, also stand ich auf, um Istvan zu suchen. Ich wollte endlich nach Hause ins Bett. Aber er war nicht im Wohnzimmer. Auch nicht in Valentins Büro. Er konnte eigentlich nur auf dem Balkon sein. Noch immer? , dachte ich skeptisch, ging aber zielstrebig in diese Richtung. Doch bevor ich die Veranda betreten konnte, hinderten mich aufgebrachte Stimmen daran. Ich konnte mich gar nicht einkriegen. Es verschlug mir die Sprache, wie sie miteinander redeten. Das hatte ich nicht erwartet. Istvan stritt mit Valentin. Lautstark. Sie schrien sich fast an, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass man sie vielleicht hören könnte. So sehr waren sie in Rage. Ich versuchte kein Geräusch zu machen und presste mich an den Mauervorsprung, um alles mitzubekommen. Irgendetwas sagte mir, dass ich jetzt niemanden wissen lassen sollte, dass ich mithören konnte.
    „Es geht hier nicht nur um dich, Istvan! Oder um sie! Ich habe auch noch andere, um die ich mich kümmern muss. Egal, wie gern ich sie habe, sie ist keine von uns. Und niemand, der keiner von uns ist, darf je über das Geheimnis Bescheid wissen. Niemand!“, schrie er Istvan ins Gesicht, als hätte er ihm das schon zum unzähligsten Mal klarmachen wollen. Istvan tobe. Ich merkte das an der Art, wie seine Stimme, sonst ein starker Strom aus dunklen Wohlklängen, völlig aus der Fassung geriet. Er knurrte ja beinahe.
    „Gottverdammt! Versteh doch endlich, dass sie zwar keine von uns ist – dem Himmel sei Dank dafür! –, aber dass sie jedes Recht hat, es zu wissen. Noch nie hat jemand unser Geheimnis besser gehütet, als sie es getan hat. Sie ist mehr als nur einmal knapp mit dem Leben davongekommen, weil einer von unserer Art sie bedroht hat. Sie hätte jedes Recht, uns ans Messer zu liefern. Aber das würde sie niemals tun. Niemals. Und nicht nur, weil sie mich liebt. Sondern auch, weil sie euch das niemals antun würde. Wir können ihr vertrauen. Vollkommen.“ Plötzlich veränderte sich Istvans Stimme. Er sprach, als hätte er Tränen in den Augen. Bemüht ruhig und respektvoll zu klingen, hörte ich ihn sagen: „Bitte! Ich flehe dich an! Bitte, lass es mich ihr sagen. Sie wird es nie gegen uns verwenden. Es geht mir nur um ihren Schutz!“
    Eine lange unheimliche Stille herrschte plötzlich. Niemand sagte etwas. Niemand bewegte sich. Dann hörte ich ein paar sanfte Schritte.
    „Istvan, mein Junge. Du weißt doch, dass ich alles tun werde, damit ihr nichts geschieht. Das ganze Rudel sorgt dafür. Versprochen. Aber bitte mich nicht noch einmal darum! Das ist das einzige Geheimnis, das du nicht mit ihr teilen darfst. Ich muss dich nicht dran erinnern, was alles geschehen kann, wenn es nicht gewahrt wird“, sagte Valentin eindringlich. -Seine Samtstimme war sanft, aber ungewöhnlich unnachgiebig. Er würde es Istvan nicht erlauben, egal, wie sehr dieser ihn auch darum bitten würde.
    Ich hörte Istvan lange und tief seufzen. In meiner Brust schnürte sich etwas zusammen.
    Was zur Hölle ist dieses Geheimnis? Und wieso will Valentin, der sogar bereit ist, mich um den Preis seines eigenen Lebens zu beschützen, nicht, dass ich es weiß?
     

19. Zelte aufschlagen
     
     
    Sechs aufrechte Gestalten, fünf Männer und eine Frau, stellten sich der untergehenden Sonne entgegen. Die Luft war voll Knistern, als würde der Wald ahnen, dass etwas Ungewöhn-liches bevorstand. Ich selbst versuchte mich so ruhig wie möglich zu verhalten, so ruhig und besonnen es eben ging, wenn man als einziger Mensch darauf wartet, dass der

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