Wolfsfieber - Band 2
ausgelassenen Augen mich ansahen.
Als ich sie auf diese Weise sah, kamen sie mir zum ersten Mal wie Brüder vor. Sie erinnerten mich an Viktor und mich, wenn wir uns wieder einmal aufzogen. Auch Jakov lächelte gelöst. „Nichts dagegen!“, sagte er und blickte Istvan und mich sichtlich dankbar an. So etwas kannte er bisher nicht , verstand ich: Unterstützung und aufrichtige Freundschaft ohne Hintergedanken.
Zum ersten Mal, seit ich von Jakov und Istvan zusammen geträumt hatte, kam mir die Traumbotschaft real vor. Ja, wir standen nicht in einem windigen Wald, Istvan war kein Husar, Jakov kein archaischer Krieger und Serafina stand nicht als Prinzessin in der Gegend herum und dennoch kam mir die Szene seltsam bekannt vor. Die zwei Halbbrüder mitten im Wald, die sich anerkennend mit der Hand auf die Schulter klopften und begannen, einander zu vertrauen und füreinander einzustehen. Ich fühlte mich plötzlich, trotz aller -Kampfvorbereitungen und schlechter Aussichten dank eines Gegners wie Farkas, richtig zuversichtlich. Mit einem solchen Paar zu unserer Verteidigung hatten wir mehr als nur eine gute Chance, mit dem Leben davonzukommen.
Bald darauf luden uns die Valentins zu einer Filmnacht ein. Zuerst war ich ziemlich überrascht, dass eine Werwolffamilie tatsächlich so etwas abgrundtief Normales tat, doch dann dachte ich mir, dass es mehr mit meinen Vorurteilen gegenüber ihren übernatürlichen Besonderheiten zu tun hatte als mit sonst etwas, deshalb sagte ich begeistert zu. Ich war sogar verdammt neugierig, was für Filme wir ansehen würden. Als ich dann mit Istvan auf dem Sofa saß und Woltan den ersten Film einlegte, hätte ich fast laut losgelacht. Das durfte doch nicht wahr sein! Sahen sich diese Familie aus lauter Werwölfen doch wirklich und wahrhaftig einen Gruselfilm nach dem anderen an, unter anderem einen Film mit dem Titel „Der Wolfsmensch“. Sollte das eine Art Insiderhumor sein, den ich nicht verstand? Ich versuchte mir meine Verwunderung nicht anmerken zu lassen, doch als alle gemeinsam, abgesehen von Jakov, sich völlig amüsiert über den alten Werwolf-Streifen lustig machten, konnte auch ich mir das Lachen nicht verkneifen. Für Menschen, die perfekte Hollywoodfilme des 21. Jahrhunderts gewohnt waren, wirkten die Spezialeffekte mehr als lächerlich und die Masken des Wolfsmannes waren derart skurril, dass man meinte, man würde auf einem Kindergeburtstag den Aufpasser geben. Und dennoch war der Film nicht wirklich schlecht. Das fanden auch die Valentins, auch wenn sie nicht aufhören konnten, am laufenden Band Witze zu reißen.
Spätestens seit Marius angefangen hatte, sämtliche Dialoge mit verstellter Stimme nachzuäffen, inklusive der weib-lichen, brüllten wir alle vor Lachen. Ich konnte kaum noch der Handlung folgen, aber sie war eher dramatisch, so weit ich sie mitbekam. Fast den ganzen Film lang ging das so weiter. Doch plötzlich verstummte sämtliches Gelächter, als der Held getötet wurde. Er starb, weil er zu dem geworden war, was alle Anwesenden außer mir als ihre Existenz bezeichnen konnten. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als in der letzten Szene eine unheimliche Zigeunerin auftrat und ein paar bedeutungsvolle Worte von Schicksal, dornigem Weg und Erlösung erzählte. Mir lief eine Gänsehaut das Rückgrat entlang. Wie musste es erst für Istvan und die anderen sein?
Während ich noch mit dem negativen Stimmungsumschwung kämpfte, waren bereits alle anderen, außer Istvan und mir, zum Essen in die Küche verschwunden.
„O. K., ich gebe zu, die letzte Filmwahl war angesichts unsere Lage etwas gewagt“, sagte er nach einer kleinen unangenehmen Pause.
„Ach, meinst du wirklich“, blaffte ich sarkastisch zurück.
„Es ist wohl keine gute Idee, wenn ich dir erzähle, dass ich den Film seit seiner Uraufführung in den USA kenne“, meinte Istvan lapidar.
„Ach, meinst du“, wiederholte ich noch bissiger. Doch jetzt mussten wir beide grinsen, weil er meinen bösen Gesichtsausdruck nachmachte.
„Lass das! So sehe ich gar nicht aus, wenn ich sauer bin“, beschwerte ich mich und verschränkte die Arme fest vor der Brust.
„Doch tust du! … Aber irgendwie bist du unglaublich süß, wenn du aussiehst, als möchtest du mir am liebsten die Haut abziehen“, schmunzelte er und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, während er meine verkrampften Arme von der Brust löste, um sie sich um den Hals zu legen.
„Wenn du denkst, dass du
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