Wolfsfieber - Band 2
meinem Herzrhythmus nicht stimmt. Das wäre einfach zu peinlich!“ gestand ich widerwillig. Er ließ sofort meine Hand los.
Mist , hätte ich fast laut gesagt, riss mich dann doch zusammen.
„So, jetzt stell mich mal der sogenannten Familie vor. Ich bin schon verdammt neugierig“, verlangte ich und unterdrückte dabei die aufkeimende Nervosität.
Er stand auf und führte mich in die Küche. Alle Räume in der Villa waren sehr groß und hoch, deshalb gab es hier unten nur wenige Zimmer. Die Schlafzimmer mussten sich oben -befinden. In der Küche hingen, wie ich befürchtet hatte, Hirschköpfe, Eber und verschiedene Felle. Dabei fiel mir dummerweise wieder ein, dass die Valentins, im Gegensatz zu Istvan, der Tierjagd keineswegs entsagten. Verdränge den Gedanken , befahl ich mir selbst.
In der riesigen Küche saß Serafina bei einer Tasse Tee. Am Ende des dicken Holztisches saß ihr Bruder Woltan. Und wie ich vermutet hatte, war er ausnehmend attraktiv. Schon im Sitzen konnte man ausmachen, dass er sehr groß und gut gebaut war. Woltan war gerade dabei, Speck in Streifen zu schneiden, und blickte hoch, als wir durch die Tür kamen. Die Familienähnlichkeit mit Serafina war auffällig. Er hatte dunkles, kurz geschnittenes Haar, das ebenso wie ihres glänzte. Auch die dunklen, freundlichen Augen waren ihnen gemeinsam. Doch Woltans Gesichtszüge waren deutlich männlicher und härter. Er hatte ein ausgeprägtes, markantes Kinn, das neben seinen fein gezeichneten Augenbrauen, am auffälligsten war.
Wieso sich schon die zweite Menschenfrau Hals über Kopf in Woltan verliebt hatte, wie Istvan mir vor nicht allzu langer Zeit erzählte hatte, war nicht schwer nachzuvollziehen.
Istvan machte sich daran, die Vorstellungen hinter sich zu bringen.
„Joe, das ist Woltan.“ Er nahm meine Hand und drückte fest zu.
„Hi. Die Ähnlichkeit mit Serafina ist mir sofort aufgefallen“, begrüßte ich ihn.
„Ich habe dich auch sofort erkannt. Serafina hat dich gut beschrieben“, deutete er lächelnd an und wir beide sahen zu ihr. Sie streckte unschuldig die Hände von sich.
Als ich Woltans Hand losließ, kam gerade ein anderer Mann aus der Speisekammer ins Zimmer. Ich war mir sicher, dass es nicht Valentin sein konnte. Also musste es sich um Marius handeln, den Rumänen, der nur etwas jünger war als Valentin und zusammen mit seinem Bruder Petre auf Valentins Hochzeit-feier durch einen Biss zum Werwolf gemacht worden war.
Marius schien sich über irgendetwas köstlich zu erfreuen und wirkte gleichzeitig auf amüsante Art genervt. Ich verstand es nicht, bis er kopfschüttelnd sagte:
„Rotblond. Verdammt!“ Er schien aus irgendeinem unerfind-lichen Grund von meiner Haarfarbe enttäuscht. Ich blickte Istvan fragend an. Er verzog daraufhin nur unwissend den Mund.
„Tut mir leid, aber ich habe mit meinem Bruder Petre gewettet, dass Istvans Mädchen entweder blond oder … Wie nennst du es, Istvan, Strawberry-Blond …?“, Istvan nickte, „… sein würde. Und ich habe auf Blond getippt. Jetzt schulde ich ihm schon wieder zwanzig Scheine“, vollendete er seinen Satz.
„Marius hat ein kleines Wettproblem“, flüsterte mir Istvan zu.
„Freut mich trotzdem, dich kennenzulernen, Marius“, sagte ich in seine Richtung und fügte noch hinzu: „Tut mir leid wegen der verlorenen Wette … Aber jetzt mal ehrlich. Ich weiß nicht, was ihr alle habt. Der rote Farbton in meinen Haaren ist so schwach, er fällt kaum auf. Nicht mal ich sehe ihn deutlich!“, stieß ich verwundert über das Aufheben, das wegen meiner Haare gemacht wurde, hervor.
„Für unsere Augen ist es anders. Wir sehen den Unterschied ganz deutlich!“, sagte eine weise, samtene Stimme hinter uns.
Ich drehte mich um und blickte in Valentins Gesicht, das mich ebenso anstarrte. Ich hatte mir Valentin ganz anders vorgestellt, fand aber, dass er ein gutes Gesicht hatte, das zu ihm passte.
Er war etwa so groß wie Istvan und ebenso schlank und drahtig. Marius dagegen war eher bullig. Valentin sah nicht älter aus als Mitte vierzig, obwohl das täuschte. Seine wissenden Augen und die grauen Schläfen machten einen anderen Eindruck. Er hatte dieselben dunklen, warmen Augen wie seine Kinder. Glänzendes, dichtes Haar bedeckte seinen Kopf. Es war ganz leicht mit grauen Strähnen durchzogen und wirkte, anders als bei den Zwillingen, leicht gewellt. Er sah sehr gut rasiert aus, auch wenn man den schwarzen Schatten noch erahnen konnte. Auf mich wirkte Valentin wie
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