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Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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selbs t – es war die Stimme einer Frau, die ihre eigene Stärke, ihre Bedeutung und alle Antworten kannte.
    Überall in dem Garten wuchsen Blumen in Farben, wie ich sie mir nie hätte träumen lassen. Das Mondlicht gab ihnen den Anschein, als hätte der Regen sie bemalt. Doch die Luft war so warm und behaglich feucht wie am letzten Tag eines Sommers, bevor der Herbst anbricht.
    „Bist du Erzulie?“
    „Was ist es, das du zu wissen begehrst?“
    War das eine Antwort? Für sie vermutlich schon.
    „Stehe ich unter dem Einfluss eines Liebeszaubers?“
    „Vielleicht.“
    „Gibt es den loup-garou ?“
    „Was denkst du?“
    Ich runzelte die Stirn. Das hier lief nicht gut. „Das Einzige, was ich will, ist die Wahrheit.“
    „Und die wirst du bekommen.“
    Sie führte mich einen steinübersäten Pfad hinab. Nicht die üblichen Kiesel, sondern brüchige, graue Klumpen, die mich an Mondgestein erinnerten. Während wir so dahinspazierten, änderte ihre Kleid die Farbe und changierte in jeder Nuance des Monde s – weiß, silbern, blau, gold, sogar rot.
    Erzulie lächelte, dann deutete sie auf eine bestimmte Blume inmitten hundert anderer, die selbst im nächtlichen Dunkel hellrot schimmerte.
    Eine Feuerlilie.
    „Nimm dir eines der Blütenblätter“, murmelte sie, „und die Wahrheit wird sich dir offenbaren.“
    „Ich dachte, die Feuerlilie würde Unglück bringen. Und dass sie wilde Tiere anlockt.“
    Sie wandte mir ihre kühlen silbrigen Augen zu. „Die Wahrheit birgt immer ein Risiko.“
    Was vermutlich für alles galt, das sich zu wissen lohnte.
    Als ich eines der Blätter abzupfte, stieg mir der inzwischen vertraute Geruch von geröstetem Zimt in die Nase.
    „Welche Wahrheit meinst du?“, fragte ich und drehte mich dabei um.
    Es war niemand mehr im Garten außer mir.
    Ich blinzelte und war wieder im Tempel. Die Kerzen brannten. Cassandra starrte mich gebannt an.
    „Welche Wahrheit?“, wisperte sie.
    Ich öffnete die Finger. In der Mitte meiner Handfläche lag ein hellrotes Blütenblatt. Dann öffnete ich den Mund, und zwei Stimmen drangen hervo r – meine und Erzulies.
    „Jede.“

33
    „Was ist passiert?“, fragte Cassandra. „Ist alles okay mit dir?“
    Ich wusste es nicht sicher. Ich war hier gewesen und gleichzeitig woanders. Ich war ich selbst gewesen und gleichzeitig auch wieder nicht. Diese Wahrnehmung hätte eigentlich beängstigend sein müssen, aber stattdessen war si e …
    „Tröstlich.“ Meine Stimme gehörte jetzt wieder mir. Ich fühlte mich nicht länge r … erfüllt.
    „Was meinst du mit tröstlich?“
    „Erzulie. Sie ist wi e … “
    „Eine Mutter.“
    Ich legte den Kopf zur Seite. „Wenn du das sagst.“
    Cassandra runzelte zwar die Stirn, verzichtete zum Glück jedoch darauf, das Thema zu vertiefen. Sie bückte sich, um Lazarus von ihrem Knöchel zu wickeln, dann legte sie ihn zurück in seine Kiste.
    „Erzähl mir alles“, befahl sie, also tat ich es.
    Als ich fertig war, kaute Cassandra nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Ich fing an, nervös zu werden.
    „Was ist?“
    „Du bist weiter vorgedrungen, als jemals jemand zuvor. Die meisten hören nur die Stimme des Loa und ein paar verschlüsselte Worte. Du aber bist nach Ife gereist.“
    „Ich bin nirgendwohin gereist. Oder doch?“
    „Nicht körperlich.“
    „Ich bin nur in meinem Kopf nach Ife gereist“, murmelte ich. „Was ist Ife?“
    „Es gibt in Nigeria eine Stadt namens Ife, aber der Ort, an dem du warst, ist legendär, denn er ist das Mekka des Vodun, an dem den ersten Gläubigen die Offenbarungen der Loas zuteil wurden.“
    „Großartig. Und was ist hiermit?“
    Ich zeigte ihr das Blatt der Feuerlilie, das ich an einem Ort gepflückt hatte, an dem ich in Wahrheit gar nicht gewesen war.
    „Ich kann nicht glauben, dass du etwas von drüben mitbringen konntest.“
    „Was bedeutet es, dass ich es konnte?“
    „Keine Ahnung.“
    „Wow, du bist genauso hilfreich wie Erzulie.“
    Cassandra ignorierte mich. Ich wünschte mir, das ebenfalls zu können, wann immer mich jemand nervte. Aber stattdessen neigte ich dazu, den Betreffenden mit meinem Sarkasmus zu Tode zu piesacke n – oder zumindest so lange, bis er das Weite suchte.
    „Behalt das Blütenblatt bei dir“, riet Cassandra mir. „Alle deine Fragen sollten schon bald beantwortet werden.“
    „Einfach so? Abrakadabra, und schon kenne ich die Wahrheit?“
    „So genau weiß ich das auch nicht.“
    Ich kniff die Augen zusammen. „Was ist in der

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