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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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bringt mich schon nicht um. Ich bin
    zäher als ich vielleicht aussehe“, deklarierte ich förmlich.
    „Joe!“, ermahnte er mich. Jetzt hatte er wieder diesen Ton
    der Schuld in seiner Stimme.
    „Wir müssen aufhören! Wir versuchen es in ein paar Ta-
    gen, wenn wir Neumond haben. Dann sinkt meine Körper-
    temperatur auf unter 38 Grad Celsius“, erklärte er mir.
    Ich wollte nicht so lange warten. Sah er denn nicht, spür-
    te er denn nicht, dass ich nicht das Geringste gegen ein we-
    nig Fieber einzuwenden hatte?
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    „Ich mag deine Wärme“, gab ich ihm zu verstehen und
    legte dabei meine rechte Hand auf seine Brust. Er legte sei-
    ne Hand darauf und schloss die Augen. Nach einem langen
    Seufzer gestand er mir.
    „Ich kann nicht so mit dir zusammen sein, wie ich es
    möchte, wenn ich mir dabei ständig Sorgen machen muss,
    dass du deswegen zwei Wochen lang mit Fieber im Bett
    liegst.“
    Seine grünen Augen funkelten bei jedem Wort voller auf-
    richtiger Sorge, die mich ganz verlegen machte.
    „Ja, du hast recht. In unserer ersten Nacht sollst du dich
    ganz fallen lassen können und ich will nicht, dass du dir Sor-
    gen machst. Wir warten auf den Neumond.“
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    13. Neumondnächte
    Warten. Eine kaum zu bewältigende Aufgabe für jemanden,
    der nicht besonders viel Geduld besitzt. Und drei volle Tage
    schienen einfach zu lange zu sein. Aber die Abmachung
    stand. Ich lenkte mich ab, mit Arbeit, mit Schreiben. Es half
    alles nichts. Das Einzige, woran ich denken konnte, war die
    herannahende Neumondnacht und all das Neue und Unbe-
    kannte, was sie mit sich bringen würde.
    Doch auch wenn es mir schwerfiel, es mir einzugestehen,
    mit jedem weiteren Tag hatte ich eine bisschen mehr Angst.
    Es ging schließlich nicht um irgendeine Nacht mit irgend-
    einem Mann. Es war eine Nacht mit Istvan, einem ganz be-
    sonderen Mann, besonders in so ziemlich jeder Hinsicht.
    Es gab viel zu beachten, viel zu fürchten wie zu erwarten.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, was erlaubt sein, was er mir
    gestatten würde. Beim letzten Versuch, wenn man es einen
    Versuch nennen konnte, hatte er mich zurückgewiesen. Aus
    Rücksicht zwar, aber es war dennoch eine Zurückweisung.
    Mir hätte es nicht das Geringste ausgemacht, ein paar Tage
    mit Fieber im Bett zu liegen, wenn der Grund dafür Ist-
    vans Bettgesellschaft gewesen wäre. Aber wie sollte ich die
    Nerven behalten, wenn es tatsächlich dazu kommen sollte?
    Schon bei dem Gedanken daran stieg in mir wilde, kaum
    zähmbare Nervosität auf, die sich mit schwindelnder, zittri-
    ger Aufregung mischte. Wie sollte ich in Istvans Nähe weiter
    atmen? Wie sollte mein Herz nicht meinen Brustkorb spren-
    gen, würde er mich vollkommen nackt berühren? Wie?
    Die Tatsache, volle drei Nächte zur Verfügung zu haben,
    in denen man nichts anderes tun konnte, als schlaflos zu
    grübeln und mich immer weiter in Rage zu denken und so-
    gar zu träumen, war zermürbend. Es half auch wenig, dass
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    wir verabredet hatten, die letzten beiden Tage und Nächte
    vonei nander getrennt zu verbringen, um es uns leichter zu
    machen. „Das Gefahrenpotenzial minimieren“, nannte Ist-
    van es. Ich nannte es beim Namen – Folter.
    Von quälender Natur waren vor allem meine Träume. Es
    blitzten Bilder eines jagenden Wolfes darin ebenso auf wie
    Bilder eines zärtlichen und eines ungestümen Istvan, die grü-
    nen Augen immer über mir, immer auf mir. Wir belauerten
    uns gegenseitig wie zwei Tiere, unschlüssig darüber, ob wir
    uns ineinander verschlingen oder einander verzehren soll-
    ten. Es gab auch andere Träume, weit gefährlichere. Träume
    eines Istvans, der von mir wegging, der mich unverwandt an-
    sah, als bedeutete ich ihm gar nichts. Als ich aufgewacht war,
    schämte ich mich für meine Träume. Aber ich sagte mir, dass
    auch das Begierde sei und diese Träume erst verschwinden
    würden, wenn ich das Feuer löschte, das lichterloh in mir
    brannte. Nur, Istvan war kein kühler Ozean, er war ein Flam-
    menmeer, das Feuer selbst. Wie sollte ich verhindern, darin
    zu verbrennen, dass wir beide daran verbrannten? Doch im
    Grunde meiner Seele wollte ich es. Ich wollte brennen. Zu-
    sammen mit ihm. Mit Istvan wollte ich zur Flamme werden
    und ich würde irgendwie den Mut dazu finden, ohne Angst
    ins Feuer zu gehen.
    Der letzte Tag war gekommen. Ich hatte wieder einmal unru-
    hig geschlafen. Mittlerweile zählte ich sogar schon die Stun-
    den, fast wie ein Kind an Heilig Abend kurz vor der

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