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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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für ein solches
    Gespräch zu wenig.
    „Ich gehe dann wieder ins Bett“, sagte sie und fügte in
    einem flüsternden Ton hinzu: „Denk nur immer daran, dass
    du nicht nur einen Mann liebst und dass die Welt, in der er
    nun einmal auch leben muss, sehr gefährlich für Menschen
    ist. Ich spreche aus Erfahrung.“ Sie legte mir dabei sanft ihre
    schlanken Finger auf die Schulter und schenkte mir zu ihrer
    Ermahnung ein freundschaftliches Lächeln. Ich ging kurz
    danach ebenfalls zu Bett.
    Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von Sera-
    fina. Istvan versprach ihr, übers Internet weiter in Kontakt
    zu bleiben. Istvan hatte nämlich einen geheimen Chatroom
    eingerichtet, zu dem nur die Valentins und er Zugang hatten,
    um Nachrichten auszutauschen und Ähnliches.
    Bevor Serafina in ihr Taxi stieg, ermahnte sie uns noch:
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    „Und sorgt in Zukunft dafür, in St. Hodas keine weiteren
    Wolfsschlagzeilen zu produzieren. Vater wäre fast ausgeras-
    tet, als er Joes Artikel über die Meyer-Schafe im Internet
    entdeckt hat!“ So verabschiedete sie sich und winkte noch-
    mals zum Abschied.
    Ich hatte so ein komisches Gefühl, dass ich Serafina be-
    stimmt wiedersehen würde.
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12. Herzrhythmus
    Ich wusste gleich, dass die Idee, meine CD-Besprechungen
    bei Istvan zu schreiben, nicht so gut war. Schließlich muss-
    te ich mich konzentrieren und die CDs durchhören. Dabei
    konnte man sich nur schlecht miteinander unterhalten.
    Auch war es schwer und kostete mich einige Überwindung,
    mich in seiner Nähe auf etwas anderes zu konzentrieren als
    auf ihn. Aber nach dem ersten holprigen Hallo lief es dann
    eigentlich ganz gut. Ich war durch die Gartenlaube gekom-
    men und niemand hatte mich gesehen.
    Es war Mittwochnachmittag und alle blieben anscheinend
    zu Hause. Meinen Laptop stellte ich auf den Schreibtisch und
    packte die drei CDs aus, für die ich noch die Kritik fertigma-
    chen musste. Er hatte sich einige Bücher geholt, die er wäh-
    renddessen lesen wollte. So fingen wir also, im selben Raum,
    mit unserer jeweiligen Arbeit an. Doch schon nach den ersten
    Zeilen, die ich geschrieben hatte, konnte ich seinen Schatten
    auf dem Display meines Laptops sehen. Er stand die ganze Zeit
    hinter mir und las jedes Wort mit, das ich tippte. Ich bemerkte
    ihn nicht gleich, schließlich hatte ich die Kopfhörer auf.
    „So werde ich es nicht mal bis zum ersten Absatz schaf-
    fen“, ließ ich ihn wissen.
    „Ich bin sicher, du gewöhnst dich dran. Und wenn nicht,
    fällt mir einiges ein, womit ich dich so richtig ablenken
    kann“, feixte er neckisch.
    Ich wusste gleich, an diesem Nachmittag würde ich nicht
    besonders produktiv sein. Aber er war offenbar an meiner
    Arbeit interessiert, weil er gleich über die wenigen Zeilen,
    die ich bereits abgetippt hatte, etwas wissen wollte:
    „Warum sagst du hier, dass der Musiker zu sehr versucht,
    nach Jeff Buckley zu klingen? Ist das gut oder schlecht?“
    212

    „Je nachdem. Willst du das wirklich wissen?“, fragte ich
    ihn erstaunt.
    „Ich will eigentlich nur wissen, wieso dir Musik so viel
    bedeutet“, erklärte er mir.
    Also erzählte ich ihm davon, dass Klänge und Stimmen zu
    meinen ersten Erinnerungen gehörten und wie ich deshalb
    schon immer eine Neigung zur Musik verspürt hatte, die für
    mich etwas ganz Natürliches war.
    Und er erzählte mir von den großen Orchestern, die er
    auf seinen Reisen gehört hatte. Wie diese oder jene Oper sei-
    ne Bewunderung errang. So kam es, dass Istvan mir im Laufe
    des Nachmittags von seiner Vorliebe zur klassischen Musik
    erzählte und dass er vor allem Jazz und Blues am meisten
    schätze.
    Das erklärte auch, warum seine Plattensammlung bei Bob
    Dylan endete. Ich wollte ihm klar machen, dass ich nicht das
    Geringste gegen seinen Musikgeschmack einzuwenden hat-
    te, und sagte ihm:
    „Ich liebe klassische Musik auch, das weißt du. Schließ-
    lich gehört sie zu den ersten Klängen, die ich überhaupt ge-
    hört habe. Meine Mutter spielte mir ständig Mozart, Bach
    und Beethoven vor, da konnte ich noch nicht mal laufen.
    Und außerdem liebe ich klassische Musik schon allein des-
    halb, weil ich ohne sie nie zu meiner ersten großen Liebe
    gekommen wäre.“
    Nach seinem Gesichtsdruck zu schließen, schien er das
    nicht ganz zu verstehen.
    „Na ja, ohne Liebe zur Musik wäre ich nie auf die Rock-
    Musik gestoßen. Meine erste große Leidenschaft!“
    „Hm“, murmelte er und legte dabei sein Gesicht schräg
    zur Seite, als

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