Wolfsfieber
Eine unwiderstehliche Kombination. Berauschend ge-
radezu“, wisperte er und ich konnte an seiner Stimme hören,
dass er dabei lächelte. Das gab auch mir wieder die Fähigkeit
der Sprache zurück.
„ Berauscht bin ich ebenso“, gestand ich ihm und flüster-
te ebenfalls in sein Ohr. Meine Stimme war dabei schwach
und konnte die Aufregung nicht verbergen. Es war sowieso
sinnlos, irgendetwas vor Istvan zu verbergen, was meinen
Gefühlszustand in diesem Moment anging, denn mein Herz
sprach Bände.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so sein könnte“, meinte
er plötzlich, fast abwesend. Er sprach in die Dunkelheit hi-
nein.
„Was meinst du?“, fragte ich verwirrt und musste mich
sehr zusammennehmen, um mich auf eine winzige Frage zu
konzentrieren.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich in diesem Leben jemals
einer Frau so nahe kommen würde. Ich hätte es nie für mög-
lich gehalten, damals, als ich dich im Wintergarten gesehen
habe, dass ich jemals der Mann sein dürfte, der mit dir zu-
sammen ist. Aber jetzt, in diesem Moment, fühlte es sich
richtig an.“ Während er mir das sagte, zog er mir den Mantel
aus und befreite mich von meinen Handschuhen. Als er mei-
ne Hände aus dem Leder gezogen hatte, legte er sie mir auf
seine Brust und ich konnte auch seinen rasenden Herzschlag
spüren. Das schaffte etwas Ausgleich zwischen uns und rang
mir ein nervöses Lächeln ab, das mich etwas entspannte. Ich
konnte noch etwas anderes fühlen. Trotz der Neumondnacht
war seine Brust noch immer warm genug, um unter meinen
Fingern zu glühen. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie sei-
ne bloße Haut sich anfühlen würde, was ich kaum noch er-
warten konnte.
„Sollten wir nicht ins Schlafzimmer gehen?“, fragte ich
plötzlich und war über meine eigenen Worte erstaunt, ge-
schockt über meine eigene Kühnheit. Es schien Istvan aber
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zu gefallen, dass ich die Initiative ergriff. Er zog mich sofort
heftig am Arm und stürmte mit mir zuerst den Flur entlang
und brachte mich dann in sein Schlafzimmer, in dem eben-
falls zwei große Standkerzen brannten. Ich ging durch die Tür
bis zum Ende des Bettes und blieb dort stehen. Als ich mich
umdrehte, sah ich, dass Istvan an der Wand neben der Tür
lehnte und mich anstarrte. Sein Gesicht blickte nach unten,
doch seine Augen fixierten mich jetzt wie ein Raubtier, das
überlegt, wie es die ausgesuchte Beute erlegen sollte. Die-
ser gierige Blick brachte mich völlig aus dem Konzept und
jagte mir Schauer über den gesamten Körper, der ohnehin
schon in Aufruhr geraten war. Sein Oberkörper war etwas
vorgeneigt, bereit zum Sprung auf mich, seine Arme stütz-
ten sich an der Wand ab. Dieser Anblick jagte mir Angst ein
und steigerte mein Verlangen nach ihm gleichermaßen. Ich
sollte nicht mehr lange warten. Ohne Vorankündigung kam
er auf mich zugestürmt und stürzte sich auf meine Lippen.
Sein Kuss brannte vor Leidenschaft und mein Mund verlang-
te noch mehr. Es gab nun kein Halten, kein Zögern mehr.
Mit verschlungenen Mündern suchten unsere Hände nach
der Wärme des anderen. In der Höhle meines Mundes fand
seine fieberheiße Zunge die Meine. Mir wurde vor lauter Hit-
ze ganz schwindelig. Atemlos und erschöpft sank ich unwill-
kürlich auf die Knie. Istvan stimmte in meine Bewegung mit
ein und wir sanken gemeinsam zu Boden. Der Kraft seines
Körpers konnte ich kaum etwas entgegensetzen und so kam
es, dass seine wilden Umarmungen mich fast immer zu Bo-
den drückten, wofür er sich immer entschuldigte und zurück-
wich. Ich presste ihn dann immer wieder an mich, riss an
seinem Hemd, damit er nicht vor mir zurückweichen konnte.
Woher ich die Kraft dazu nahm, wusste ich nicht. Es spielte
keine Rolle. Je länger wir uns küssten und ungestüm ertas-
teten, desto schwieriger war es, die Kleidung anzubehalten.
Ich fragte mich ohnehin, wieso ich nicht endlich unter sein
Hemd griff. Aber ich wollte ihn das Tempo bestimmen lassen.
Er hatte mir nämlich zwei Tage zuvor zögerlich gestanden,
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dass er fürchte, seine animalischen Triebe nicht kontrollieren
zu können, und deshalb musste ich ihm versprechen, nicht
zu schnell vorzugehen. Istvan fürchtete sich davor, dass er in
der Aufregung die Kraft seiner Berührung nicht richtig ein-
schätzen konnte, und hatte Angst, mir unabsichtlich wehzu-
tun. Also sollte er sich an jede Phase unseres körperlichen
Zusammenseins erst gewöhnen, ehe wir weitergingen.
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