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Wolfsflüstern (German Edition)

Wolfsflüstern (German Edition)

Titel: Wolfsflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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getrocknet war –, darum verschlief Gina am nächsten Morgen. Das Anziehen der unvertrauten Kleidung sowie der Stöckelschuhe, die halbwegs passten, nachdem sie etwas Zeitungspapier vor ihre Zehen gestopft hatte – Ashleigh hatte absurd große Füße –, das Frisieren und Auftragen von Make-up, das so alt war, dass Gina es mit Wasser mischen musste, um überhaupt etwas von der bröckeligen Pampe auf ihr Gesicht schmieren zu können, führten dazu, dass sie ihren Pick-up erst um neun Uhr dreißg, anstatt wie geplant um acht Uhr fünfundvierzig, vor Benjamin Morris’ Büro parkte.
    »Mist.« Gina knallte die Wagentür zu. Es stand nicht zu befürchten, dass Mr Morris an diesem Maimorgen nicht in seinem Büro sein würde. Bisher war er das immer gewesen.
    Und tatsächlich saß er wie gewohnt hinter seinem Schreibtisch, der viel zu wuchtig für ihn war. Gina fragte sich unweigerlich, ob er das Möbel von einem extrem großen Vorbesitzer des Gebäudes übernommen hatte oder ob der Tisch den typisch männlichen Kompensationsmechanismus verkörperte. Sie hatte schon mit genügend Männern zu tun gehabt, um zu wissen, was große Autos, große Hüte, große Stiefel und große Pferde bedeuteten.
    Sie war außerdem klug genug, ihm das nicht unter die Nase zu reiben.
    Wie ihre Mutter zu sagen pflegte: Fliegen fängt man mit Honig, nicht mit Essig. Nachdem sie mehr der Essig-Typ war, würde sie sich ins Zeug legen müssen.
    Vielleicht würde das Kleid ja doch helfen.
    »Gina.« Mr Morris’ Stimme war so tief, dass es sie auch diesmal wieder erstaunte, wie sie einem Mann gehören konnte, der so winzig war, dass er von der luftigen Höhe seines gigantischen Bürostuhls aus unmöglich mit den Füßen den Boden erreichen konnte. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich … nun ja …«
    Nimm dich zusammen, Gina. Lächle. Tanze. Zeig ihm, was du hast!
    Gina setzte ein Lächeln auf und machte den Rücken gerade, dann stolzierte sie mit raschelndem Rock und wiegenden Hüften zum Gästestuhl. Und Mr Morris nahm Notiz. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu ihren Brüsten, dann sprang er zu ihren Füßen und verharrte dort.
    »Nette Schuhe.« Er leckte sich die Lippen.
    »Danke. Ich bin wegen dieser Sache hier.« Gina beugte sich nach vorn und legte den Brief vor ihn hin. Doch anstatt auf ihr Dekolleté zu starren, wie es jeder heißblütige amerikanische Mann Gerüchten zufolge hätte tun sollen, lehnte er sich zur Seite, um weiter ihre Füße zu bewundern.
    Gina tippte auf das Schreiben, dann schnippte sie mit den Fingern unter seiner Nase. Langsam befürchtete sie, dass das Kleid ein Fehler gewesen war. Die Schuhe waren es definitiv.
    Als Mr Morris fortfuhr, Teile von ihr anzugaffen, die viel zu tief im Süden lagen, um so viel Bewunderung zu verdienen, schnippte sie wieder und wurde endlich mit seiner Aufmerksamkeit belohnt.
    Seine kleinen dunklen Augen überflogen das Schriftstück, dann schob er es wieder zu ihr rüber. »Es gibt nichts, was ich für Sie tun könnte.«
    »Ich werde das Geld nächsten Monat haben.«
    Das würde sie nicht, aber irgendetwas musste sie ja sagen.
    Er schaute sie entlang seiner ebenfalls zu kurz geratenen Nase an. »Auch das würde keinen Unterschied machen.«
    »Weil Sie Geld nicht mögen?«
    »Ich liebe Geld. Genau deswegen habe ich das Angebot des Gentleman, der mir heute Morgen, kaum dass ich eintraf, einen Besuch abgestattet hat, angenommen.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    Morris lehnte sich zurück und sprach zur Decke: »Die Leute verstehen nie.«
    »Welche Leute?«
    Er senkte den Kopf. »Die, die ihre Schulden nicht bezahlen können. Ich warne sie immer wieder; und wenn ich die Ware dann verkaufe, sind sie erst recht verwirrt.«
    »Verkaufen?« Gina stand auf und starrte auf den Mann hinunter. Er wirkte nicht eingeschüchtert. Offensichtlich war er daran gewöhnt. »Sie haben meine Ranch verkauft?«
    »Nicht Ihre. Auch nicht meine, jetzt nicht mehr.« Er wackelte mit dem Finger. »Ich hatte Sie gewarnt.«
    Gina setzte sich wieder. Die Beine versagten ihr den Dienst. »Und was geschieht jetzt?«
    »Das ist Sache des neuen Eigentümers.« Morris’ Blick klebte wieder an Ginas Schuhen. »Ein gewisser Doktor …«
    »Scheiße!« Gina sprang im selben Moment auf, als Morris murmelte: »Mecate.«
    Matt kehrte ins Strater zurück und klemmte sich hinters Telefon. Er stellte ein mittelgroßes Team zusammen, das sich bereithalten würde. Es würde anreisen, sobald er das Areal auf der Ranch ausfindig

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