Wolfsgesicht
den«, sagte Justus. »Der Bürgermeister hat Mitarbeiter, mit denen er seine Termine abspricht. Wir sollten morgen mit Cotta die Gästeliste durchgehen.«
Bob bremste an einer Kreuzung. Er schaute noch einmal in den Rückspiegel. Es war ihm kein besonderer Wagen aufgefallen. »Ich denke, Cotta hat gesagt, wir sind raus aus dem Fall?«, gab er zu bedenken.
»Aber immerhin hätten wir den Täter fast erwischt«, sagte Justus stolz. »Beziehungsweise ich. Ihr wart mit dem Lesen von Zeitungsartikeln beschäftigt.«
»Ach ja.« Bob nahm eine Kurve und hielt dann an. »Da wären wir, Just. Station Schrottplatz. Raus mit euch.«
»Wieso machst du den Motor aus?«, fragte Justus. »Ich denke, du fährst Peter noch nach Hause?«
Bob öffnete die Fahrertür, stieg aus und klappte den Sitz für Peter nach vorne. »Ich muss noch etwas in der Zentrale nachschauen. Euer Mann für Recherchen hat eine Idee.«
Bob landet einen Treffer
Peter ließ sich sofort in einen Sessel fallen, während Justus an der Kante des Computertisches lehnte. Sein Magen verlangte nach Flüssigkeit, gab sich aber ansonsten völlig normal. Der Erste Detektiv war erleichtert, dass sich der Verdacht auf Gift nicht bewahrheitet hatte. Er schnappte sich eine Cola und schaute Bob mit mäßigem Interesse zu.
Aus mehreren Ecken schleppte der dritte Detektiv Aktenordner herbei und stapelte sie vor sich auf. »Ich bin nun mal für Recherchen und Archiv zuständig«, erklärte er. »Ab und zu muss ich euch das hinter die Ohren schreiben.«
»Du meinst, weil ich dir in letzter Zeit viel Arbeit abnehme, seit es das Internet gibt?«, fragte Justus.
»Genau. Du mischst dich in meine Kompetenzen ein.« Bob blätterte den ersten Ordner durch.
Justus betrachtete die aufgeklebten, bereits leicht vergilbten Zeitungsartikel. »Was soll das, Bob?«, fragte er.
Der dritte Detektiv gab keine Antwort und blätterte weiter. Kurz darauf war er beim zweiten Ordner angelangt.
»Im Internet gibt’s wenigstens Suchsysteme.« Peter rutschte tiefer in den Sessel. Müde schloss er die Augen. »Da tippt man ein Stichwort ein und findet seine Seiten. Bobs Archiv scheint mehr nach dem Zufallsprinzip zu funktionieren.«
»Wenn ihr so weiterblökt, nehme ich meinen Jahresurlaub und ihr könnt alleine sehen, wie ihr Wolfsgesicht stellt«, erklärte Bob. »Und außerdem nützt das Internet nichts, wenn man das Stichwort nicht weiß.«
Justus hob einen der Ordner auf und blickte auf den Rücken: »›Berühmte Fälle der Kriminalgeschichte, BandIII‹.«
»Deine, wie du zugeben musst, etwas dumme Bemerkung im Auto hat mich darauf gebracht«, sagte Bob, während er den dritten Ordner von Justus entgegennahm.
»Dass ihr Zeitung gelesen habt, während ich fast den Täter gestellt hätte?«
»Genau.« Plötzlich hielt Bob inne. Er öffnete den Ordner und nahm ein Blatt heraus. »Das habe ich gesucht«, sagte er stolz. »Ich wusste doch, dass ich die Geschichte in meiner Sammlung habe. Nur das Jahr hatte ich vergessen.«
Justus beugte sich über ihn, auch Peter war längst aufgesprungen. Bob hielt einen Artikel in den Händen, den er vor knapp fünf Jahren aus einer New Yorker Zeitung kopiert hatte. Darauf ließ das Datum des Artikels schließen. Auf einem Foto war ein Mann zu sehen, der gerade aus dem Gerichtssaal geführt wurde. ›Sieben Jahre für das Wolfsgesicht‹, verkündete die Überschrift in dicken Lettern.
»Los, lies vor«, sagte Peter aufgeregt. Er konnte nichts sehen, weil sich Justus vor ihn gedrängt hatte.
»New York. Jeff Rodder, der in den letzten Monaten für Aufregung bei der New Yorker Polizei gesorgt hatte, wurde jetzt wegen Raub und Einbruch zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren verurteilt. Rodder hatte in Briefen, die wie Märchen klangen, der Polizei seine Taten indirekt angekündigt, die Polizei jedoch jedes Mal auf eine falsche Fährte geführt. Gefasst wurde er nur, weil der Zufall half: Bei einer dreisten Kletteraktion an der Wand eines Bankhauses stürzte Rodder ab und brach sich ein Bein. Bei seiner Festnahme trug er eine Wolfsmaske. Rodder war früher selbst Polizist. Ein Experte erklärte während der Verhandlung, Rodder behaupte, zu Unrecht aus dem Dienst entlassen worden zu sein. Sein Motiv sei nicht nur Bereicherung, sondern auch die bewusste Irreführung der Polizei gewesen. Doch nun hat das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ein Ende. Rodder, der wegen der Maske von der Presse ›das Wolfsgesicht‹ genannt wurde, nahm das Urteil
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