Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
bekommen werden.“ Jessie seufzte. „Schießen Sie los.“
„Ich glaube, dass die wenigen Viren, die ich im Mutterleib aufgenommen habe, geschlafen haben. Als sie dann aktiv wurden, war das Virus gerade stark genug, um die Transformation zu bewirken, aber es reichte nicht, u m … “
Ich wusste nicht, wie ich ausdrücken sollte, was mit einem Menschen passiert, wenn das Virus ihn in ein Monster verwandelt.
„Um Ihre Seele zu strangulieren“, wisperte Damien.
Wir alle verfielen in Schweigen, das ich schließlich mit einem simplen „Ja“ beendete.
„Also sind Sie sozusagen der perfekte Werwolf?“, stichelte Leigh. „All die übernatürlichen Fähigkeiten ohne diesen lästigen Dämon?“
„Ich würde nicht das Wort perfekt wählen. So eine Verwandlung ist nicht wirklich ein Spaß.“
Oder zumindest war es das bis gestern nicht gewesen.
„Ich erinnere mich“, murmelte Leigh.
Wenn Menschen gebissen werden, entwickeln sie eine Art kollektives Bewusstsein. Während das Virus in ihr Blut eindringt, stellen sie sich die bevorstehende Verwandlung vor, sie erinnern sich an Dinge, die anderen widerfahren sind. Sie fühlen den Schmerz und die Macht, Entsetzen gepaart mit Verlockung.
„Was ist mit dem Bluthunger?“, fragte Damien. „Der Lust am Töten?“
„Das Töten hat mich krank gemacht. Nicht, dass ich es nicht getan hätte. Ich kam nicht dagegen an.“
Bei meinen Worten tasteten Leigh und Jessie gleichzeitig nach ihren Waffen. Ich bezweifle, dass ihnen überhaupt bewusst war, dass sie sich bewegten, so tief war diese Reaktion auf eine Bedrohung in ihnen verwurzelt.
„Aber ich komme jetzt dagegen an.“
Sie verharrten und sahen einander stirnrunzelnd an.
„Ich habe ein Serum entwickelt. Bei Vollmond verwandle ich mich zwar noch immer, aber ich bin nicht länger gezwungen zu töten.“
Sie nahmen die Hände von den Pistolen.
„Von dem Zaubertrank hätte ich auch gern was“, sagte Damien leise.
„Ich würde von Herzen gern mit Ihnen teilen“, erwiderte ich, „wenn er nicht mitsamt dem Gebäude in die Luft geflogen wäre.“
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„Ganz ruhig“, befahl ich, bevor Leigh und Jessie mich wieder bedrohen konnten. „Ich werde nicht ausflippen und anfangen, die Bevölkerung aufzufressen.“
Zumindest noch ein paar Tage lang nicht.
„Sie können doch neues Serum herstellen“, drängte Damien. „Nicht wahr?“
Sobald Edward mir die Formel ausgehändigt haben würde.
Ich hatte vorgehabt, Damien vor dem nächsten Vollmond etwas von dem Serum zu schicken. Der Punkt hatte auf meiner Zu-erledigen-Liste gestanden. Zusammen mit einem Haufen anderer Dinge, an die ich mich nicht mehr so recht erinnern konnte.
Ich stand auf, ging zum Fenster und spähte zum ersten Stock des Antiquitätengeschäfts hinüber. Drinnen brannte Licht, aber es bewegten sich keine Schatten hinter den Vorhängen.
„Vielleicht sollte ich nachsehen, ob bei ihnen alles in Ordnung ist.“
„Warum sollte es das nicht sein?“
Ich drehte mich bei Jessies Worten um. „Sie haben mir noch immer nicht verraten, warum Sie nach Fairhaven gekommen sind.“
Die vier wechselten Blicke. Ich hatte es langsam wirklich satt, als Außenseiter behandelt zu werden. Eigentlich hätte ich inzwischen daran gewöhnt sein müssen, aber ich war es nicht.
„Was ist los?“, fragte ich unwirsch.
„Wir sind nicht ganz sicher“, erwiderte Damien.
Leigh befahl ihm, still zu sein, und ich warf ihr einen wütenden Blick zu. „Wenn das Hauptquartier nicht Schutt und Asche wäre, würden Sie mir einen Bericht schreiben. Damit hatten Sie doch zuvor nie ein Problem.“
„Zuvor waren Sie auch nicht eine von denen.“
„Doch, das war ich. Sie wussten es bloß nicht.“
Leigh ballte die Fäuste. „Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie einmal im Monat mit offenem Haar nackt durch den Wald laufen.“
„Es ist nicht so, als ob ich eine Wahl hätte.“ Ich wollte nicht über meinen Fluch rede n – weder mit ihr noch mit sonst jemandem. „Können wir jetzt weitermachen? Was geht in Fairhaven vor?“
Es trat für lange Sekunden Stille ein, bevor Will schließlich die Finger spreizte und sagte: „Menschen verschwinden.“
Ich wollte antworten: „Immer die gleiche alte Geschichte“, aber das wäre wenig hilfreich gewesen.
„Wer hat Edward hinzugezogen?“, fragte ich stattdessen.
„Der Sheriff.“
„Leichen im Wald? Verstümmelt? Angenagt?“
„Diesmal nicht.“
„Was dann?“
„Die Leute verschwinden einfach“, meldete
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