Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
Leigh sich zu Wort. „Es gibt Blut, aber keine toten Körper.“
„Wir mutmaßen, dass die Opfer sich schneller verwandeln als üblich“, erklärte Will. „Vielleicht irgendeine neue Art von Virus.“
„Der Sekunden-Werwolf.“ Jessie stellte pantomimisch einen Trommelwirbel dar. „Simsalabim!“
Meine Hand glitt zu dem Talisman in meiner Tasche. Oh-oh . Ich öffnete den Mund, um es zu erklären, doch da sprach Will schon weiter.
„Allerdings hat es keinen Zuwachs in der Wolfspopulation gegeben, durch den sich die verschwundenen Bewohner erklären lassen würden. Damien sagt, dass es außer ihm in der Gegend keine Werwölfe gibt.“
„Keine Werwölfe?“ Ich starrte Damien an.
Er schüttelte den Kopf. „Überhaupt keine Wölfe.“
„In diesem Teil des Staates gibt es überall Wölfe.“
„Nur nicht in Fairhaven.“
„Die einzige Erklärung für das Fehlen von Wölfen an einem Ort wie diesem wären Werwölfe“, murmelte ich. „Sie können einander nicht ausstehen.“
„Ganz genau“, stimmte Damien mir zu. „Was hat es also zu bedeuten, wenn weder das eine noch das andere vorhanden ist?“
Ich hatte keine Ahnung, bezweifelte jedoch, dass es etwas Gutes war.
„Niemand hat irgendwelche Wölfe gesehen“, fuhr Leigh fort, „trotzdem ist der Wald voller Krähen.“
Krähen und Wölfe arbeiten in der freien Natur zusammen. Wölfe tolerieren die Vögel, lassen sie sogar von ihrer Beute fressen. Viele Naturforscher glauben, dass die Krähen im Gegenzug dem Rudel vorausfliegen und es zu seiner Beute führen.
Meine eigene Begeisterung für die riesigen schwarzen Aasfresser hatte in meiner Kindheit begonnen. Während viele Leute die Krähen für Zielübungen missbrauchten, hatte ich sie wieder und wieder gemalt. Als ich älter wurde, hatte ich begonnen, Figurinen, Bilder und Stofftier e – so wie das, das Nic auf meinem Schreibtisch gesehen hatt e – zu sammeln. Heckle and Jeckle war meine Lieblingszeichentrickserie gewesen.
Kein Wunder, dass Edward mich nicht aus den Augen gelassen hatte.
„Wenn ich draußen im Wald bin“, sagte Damien leise, „dann spüre ic h … ich weiß nicht genau. Es ist, als ob etwas käme oder gerade verschwunden ist. Ich fühle mich beobachtet, selbst wenn ich sicher bin, dass da nichts ist.“
Ich hätte ihn für paranoid gehalten, hätte ich nicht selbst auch etwas gespürt.
„Worauf habt ihr geschossen, als ich bei euch ankam?“
„Auf Schatten“, brummelte Jessie. „Wir waren nervös.“
Was ihnen nicht ähnlich sah. Werwolfjäger waren die nervenstärksten Menschen der Welt. Das mussten sie sein.
Sie sah meine Miene, las offensichtlich meine Gedanken. „Ich kann alles töten, was ich sehe. Aber was soll ich tun, wenn ich weiß, dass es da ist, ohne dass es da ist?“
Darauf wusste ich keine Antwort.
„Sind Sie jetzt ausreichend auf den neuesten Stand gebracht worden, Elise?“
Edwards Stimme aus Richtung Tür ließ mich keuchend herumwirbeln. „Ich hasse es, wenn Sie sich von hinten an mich ranschleichen.“
Dass er das konnte, war an sich schon erstaunlich. Ich hatte das Gehör eines Wolfs.
Ich sah auf der Suche nach Nic an Edward vorbei, während ich gleichzeitig fieberhaft nach einem Weg suchte, ihm unser Gespräch über verschwundene Menschen zu erklären. Aber mein Boss war allein, und das beunruhigte mich.
„Was haben Sie mit ihm gemacht?“
„Mit wem?“
„Sie wissen verdammt genau, wen ich meine!“
Seine Augen wurden schmal, und ich schluckte den Rest meiner zornigen Worte hinunter.
„Wo ist Agent Franklin, Sir?“
„Was glauben Sie wohl?“
Mein Herz setzte aus, dann sprang es mir in die Kehle. „Das haben Sie nicht getan!“
„Hängt davon ab, was Sie denken, dass ich getan habe.“
„Sie können nicht einfach irgendwelche FBI -Agenten erschießen.“
Er runzelte die Stirn. „Warum sollte ich so etwas machen?“
„Weil für Sie die Antwort auf jedes Problem ist, es zu erschießen.“
„Für mich hat das immer gut funktioniert.“
Ich konnte nicht einfach hier herumstehen, während Nic vielleicht tot war oder im Sterben lag. Ich ging auf die Tür zu, doch Edward hielt mich fest. „Beruhigen Sie sich. Er ist in Sicherheit.“
Er ließ meinen Arm sofort wieder los und wischte sich verstohlen die Finger an seiner schwarzen Hose ab. Obwohl ich damit gerechnet hatte, schmerzte mich seine typische Reaktion auf meine Nähe noch mehr als sonst.
Der einzige Mann, der mich je zärtlich und willentlich berührt
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