Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
seufzte. Weshalb machte ich mir überhaupt die Mühe?
„Sie werden die Dinge selbst in die Hand nehmen müssen, so gut es geht. Alle anderen sind beschäftigt. Ist der FBI -Agent weg?“
„Wohl kaum. Er ist an dem Fall dran.“
Nic ließ hinter mir ein verächtliches Schnauben hören. Ich drehte mich nicht um.
„Sie haben ihm all Ihre kleinen Geheimnisse anvertraut?“
„Ein paar davon.“
„Besitzen Sie denn überhaupt keinen Verstand?“
„ Sie sind derjenige, der damit angefangen hat, Sir.“
Edward schwieg. Das tat er oft, wenn ich im Recht war.
„Ich kann im Augenblick nicht nach Fairhaven zurückkommen“, fuhr er schließlich fort. „Jemand ist hinter mir her.“
„Wieder einmal?“
Die meisten Monster, die Edward von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hatten, waren inzwischen Asche, aber trotzdem funktionierte der Informationsfluss bestens. Sie hetzten ihm schon fast genauso lang Meuchelmörder auf den Hals wie er ihnen die Jägersucher .
Ich wusste nicht, ob Edwards Leben unter irgendeinem magischen Schutz stand oder ob er einfach so gut darin war, zu töten und in Deckung zu gehen, wie er behauptete. Vermutlich traf beides zu.
„Ich brauche diese Formeln.“
„Soll ich Sie Ihnen per Federal Express zuschicken?“
„Nein!“, rief ich.
Jeder könnte sie abfangen.
„Das dachte ich mir schon.“ Edward klang überaus selbstzufrieden.
„Haben Sie alles bei sich?“
„Ihre Formeln und Seren könnten nicht sicherer sein.“
Es sei denn, dass, wer auch immer Edward dieses Mal jagte, ihn tatsächlich erwischen würde. Dann sollte ich mir lieber eine Silberkugel in den Kopf jagen, bevor ich anfing, die Bevölkerung anzunagen.
„Ich werde vor dem Vollmond zurück sein.“
„Schwören Sie es?“
„Habe ich je ein Versprechen gebrochen, Elise?“
Soweit ich wusste, hatte er noch nie eins abgegeben.
Noch bevor ich ihn darauf hinweisen konnte, unterbrach er die Verbindung. Ich erinnerte mich, was das betraf, nicht daran, jemals Worte wie Bis bald oder Hallo von ihm gehört zu haben.
Nic stand nicht mehr in der Diele. Ich folgte den Geräuschen tippender Finger in die Küche, wo ich ihn über einen Laptop gebeugt vorfand. Er trug noch immer nicht mehr als seine Boxershorts. Wollte er mich etwa um den Verstand bringen?
„Woher hast du den?“ Meine Stimme war schriller, als ich es beabsichtigt hatte.
Nic schien es nicht zu bemerken. „Ich vermute, es ist Jessies. Ich bezweifle, dass Will fähig wäre, einen Computer zurückzulassen. Ich habe gerade eine Internetsuche nach Geisterwölfen gestartet.“
Warum war mir das nicht eingefallen?
Mein Blick wanderte zu dem flachen braunen Rund seiner Brustwarze, die von weichem lockigem Haar umgeben war.
Warum stellte ich ständig so blöde Fragen?
Ich hörte zu, wie Nic auf die Tastatur einhämmerte, während ich die Augen auf die Wand und die Gedanken weg von seinem Körper richtete. Ein paar Minuten später grunzte er zufrieden. „Es gibt da eine Ojibwa-Legende über Geisterwölfe. Man nennt sie auch Hexenwölfe.“
„Ojibwa“, wiederholte ich. „Nicht wirklich eine Überraschung.“
„Nein“, stimmte Nic mir zu, bevor er weiterlas. „Es heißt von den Hexenwölfen, dass sie einen alten Friedhof am Ostufer des Lake Huron bewachen. Ich frage mich, ob sie auch anderswo existieren können.“
Er tippte ein paar weitere Befehle ein, dann spähte er auf den Monitor. „Na also.“
„Lass mich raten. Sie können?“
„Nach dem Beitrag hier können Hexenwölfe darauf abgerichtet werden, die letzte Ruhestätte eines verstorbenen Kriegers vor jenen zu beschützen, die sie entweihen wollen.“
Er hob den Kopf. Wir sprachen es beide gleichzeitig aus. „Grabschändung.“
„Lass uns feststellen, ob in Fairhaven irgendein alter Krieger beerdigt liegt“, schlug Nic vor. „Ich könnte mir nämlich gut vorstellen, dass das der Fall ist.“
Ich trat näher und beugte mich über ihn, als er sich wieder dem Computer zuwandte. Ich sog den Geruch seines Haars ein, und mein Arm berührte die nackte Haut seines Rückens. Er zuckte zusammen, rückte jedoch nicht weg, deshalb blieb ich, wo ich war, und gab vor, den Bildschirm zu beobachten, obwohl das Einzige, was ich sah, er war.
Der Laptop surrte. „Ich kann einfach nichts finden“, sagte er schließlich.
„Das muss bei indianischer Geschichte nicht viel heißen. Ein Großteil davon wird mündlich überliefert.“
Er warf mir einen kurzen Blick zu, und ich verspürte
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