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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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augenblickliche Verfassung aussagte: Irgend etwas in ihm mußte wohl der Meinung sein, daß es besser war, in einem schweren und vor allem
schnelleren
Fahrzeug zu sitzen, als in seinem altersschwachen Volkswagen.
    Stefan schüttelte den Kopf über diesen Gedanken, aber er brachte es nicht fertig, wirklich darüber zu lachen. Im Gegenteil. Während er - wie üblich - vergebens den Zündschlüssel drehte und sich erst dann daran erinnerte, daß er in einem Wagen mit elektronischer Codierung saß, begannen sich Nervosität und das ungute Gefühl, das er seit der Episode im Parkhaus nicht mehr ganz losgeworden war, zu etwas Neuem zu vereinen. Er wußte nicht genau, wozu. Aber es gefiel ihm nicht.
    Er gab die Codenummer ein, startete den Wagen und warf einen Blick in den Rückspiegel, ehe er losfuhr. Der Verkehr war dicht, für die Tageszeit aber nicht ungewöhnlich. Ein Wagen fiel ihm auf, der ein Stück hinter ihm in zweiter Reihe parkte, ohne den Warnblinker eingeschaltet zu haben; ein großes, ausländisches Modell, dessen Fabrikat er nicht kannte. Hinter den getönten Scheiben waren die Umrisse von zwei Personen zu erkennen. Zwei, nicht drei; und außerdem waren Sonja und ihre beiden Begleiter in der entgegengesetzten Richtung verschwunden. Natürlich hatte er keine Garantie, daß sie nicht kehrtgemacht hatten und zurückgekommen waren, während er -
    Stefan brach den Gedanken ab. Er fing schon wieder an, die Dinge unnötig zu komplizieren. Der Wagen dort hinten gehörte irgendeinem rücksichtslosen Menschen, der auf etwas oder jemanden wartete und dem es egal war, daß er den Verkehr behinderte. Stefan schüttelte den Kopf über seine eigenen Gedanken, legte den Gang ein und trat das Gaspedal durch. Seine ungezählten PS katapultierten den BMW regelrecht aus der Parklücke und so rasch hinein in den fließenden Verkehr, daß er fast auf seinen Vordermann aufgefahren wäre. Hastig bremste er ab, schaltete in den nächsthöheren Gang und beschleunigte dann erneut, um die grüne Welle noch mitzubekommen. Er schaffte es knapp; aus den Augenwinkeln sah er, wie das Licht auf Gelb umsprang, und der Abstand zu seinem Vordermann schrumpfte schon wieder bedrohlich zusammen.
    Während er hastig wieder abbremste, verzog ein flüchtiges Lächeln seine Lippen, als ihm klar wurde, daß er - zumindest für seine Verhältnisse - schon fast genauso rücksichtslos fuhr wie Robert. Vernunft hin oder her, es mußte wohl ein wenig mit dem Wagen zu tun haben, in dem man saß.
    Außerdem schien er nicht der einzige rücksichtslose Autofahrer zu sein, der im Moment auf den Straßen unterwegs war. Hinter ihm quietschten Bremsen, und ein kurzes, zorniges Hupen erscholl. Stefan warf einen Blick in den Innenspiegel –
    - und erstarrte.
    Sein Lächeln gefror zur Grimasse, ein höhnisches Grinsen, das er sich selbst über den Spiegel hinweg zuwarf, und er konnte - nicht eingebildet, sondern real - spüren, wie sein Herz einen Schlag übersprang und dann rasend schnell und arhythmisch weiterhämmerte.
    Keine zehn Meter hinter ihm preschte eine schwere ausländische Limousine mit getönten Scheiben über die Kreuzung.
    Zumindest erkannte er jetzt das Modell. Es war ein Honda; eine jener riesigen, übermotorisierten Limousinen, wie man sie in Europa selten sah und die meistens mehr PS unter der Haube als ihre Fahrer Haare auf dem Kopf hatten. Er kam rasch näher, so daß sich der Abstand zwischen ihnen rapide verkürzte. Instinktiv gab auch Stefan mehr Gas, spürte, wie der BMW einen regelrechten Satz machte und mußte gleich darauf wieder hart auf die Bremse treten, um nicht auf seinem Vordermann aufzufahren. Der Honda kam wieder näher und fuhr jetzt so dicht hinter ihm her, daß er das Nummernschild nicht mehr lesen konnte. Er konnte die beiden Gestalten hinter den getönten Scheiben noch immer nicht erkennen. Sie blieben gesichtslose Schatten, aber sie schienen plötzlich zehnmal so groß wie zuvor. Und drohender. Unendlich viel drohender.
    Stefans Gedanken rasten. Trotz allem war der BMW wahrscheinlich schneller als der andere Wagen, so daß er eine gute Chance hatte, seinen Verfolger abzuhängen. Zumindest theoretisch.
    Falsch. Nur theoretisch. Sie waren hier nicht auf der Autobahn, sondern mitten in der Stadt, und er war kein Stuntman, der sich seinen Lebensunterhalt mit waghalsigen Kunststückchen verdiente. Lebensgefährliche Autoverfolgungsjagden funktionierten vielleicht in amerikanischen Actionfilmen. In der Realität würden sie

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