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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war. Deutsche Qualitätsarbeit hatte manchmal eben doch ihre Vorteile, dachte er spöttisch.
    Erst nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß der BMW noch fahrtüchtig war, wandte er sich um und sah zum Honda zurück. Von überall her kamen bereits Passanten angelaufen, um Hilfe zu leisten, oder auch einfach nur aus Neugier, und weit entfernt glaubte er auch schon die erste Polizeisirene zu hören. In dem zertrümmerten Wrack rührte sich immer noch nichts. Wahrscheinlich waren die beiden Kerle darin damit beschäftigt, mit den Airbags zu kämpfen; vielleicht waren sie auch verletzt.
    Stefan überlegte einen kleinen Moment, ob er zurückgehen und sich seine Verfolger einmal etwas genauer ansehen sollte, kam dann aber zu dem Schluß, daß das keine besonders gute Idee wäre. Besser, er machte, daß er hier weg kam.
    Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte er zurück, ließ sich hinter das Steuer sinken und atmete ein paarmal gezwungen tief ein und aus. Aus seinen Eingeweiden kroch ein Gefühl saurer Übelkeit heraus, und die Schmerzen in seiner
    Schulter drohten ihn für einen Moment vollends zu übermannen. Vielleicht hätte er sogar das Bewußtsein verloren, hätte er nicht zugleich auch gewußt, daß das nächste, was er dann sehen würde, wahrscheinlich die Tür einer Gefängniszelle war oder auch gleich der Lauf einer Pistole.
    Trotzdem brauchte er fast eine Minute, bis er sich so weit wieder in der Gewalt hatte, daß er die Augen öffnen und in den Spiegel sehen konnte. Der Honda war mittlerweile in einer dichten Menschentraube verschwunden, aber wenigstens hörte er keine Schreie oder gar Schüsse. Weitere Passanten näherten sich ihm, und das Sirenengeheul war deutlich näher gekommen. Er konnte jetzt mindestens drei, wenn nicht mehr unterschiedliche Töne identifizieren. Die Kavallerie kam. Wie üblich zu spät, aber sie kam.
    Stefan legte den Gang ein und fuhr los. Natürlich würden jetzt mindestens fünfzig eifrige Zuschauer ihre Bürgerpflicht tun und seine Nummer notieren, aber darüber machte er sich im Moment keinerlei Gedanken. Er wußte ja, daß sein Schwager sowohl über einen guten Anwalt als auch über gewisse Beziehungen verfügte; sollte er beides einmal wirklich ausnutzen. Außerdem würde ihn Robert sowieso umbringen, wenn er seinen Wagen sah...
    Eine knappe halbe Stunde später schlug die Nervosität natürlich doch zu. Der Zustand fast euphorischer Lähmung, der von ihm Besitz ergriffen hatte, hielt an, bis er die Klinik erreichte und den Wagen in die Tiefgarage bugsierte, aber als er ausstieg, zitterten seine Hände und Knie so stark, daß er sich gegen den Wagen sinken ließ und endlose Sekunden lang mit geschlossenen Augen dastand. Sein Herz jagte plötzlich wieder, und auf seiner Zunge war jetzt nicht mehr der aufpeitschende Geschmack der Gefahr, sondern bittere Galle.
    Vielleicht war es der Anblick des Wagens, der ihm im nachhinein klarmachte,
wie
knapp er dem Tod oder zumindest einer schweren Verletzung entkommen war. Das zertrümmerte Heck war nicht einmal das Schlimmste. Die gesamte rechte Seite des BMW war eingedrückt. Die teure Speziallackierung war überall bis auf das nackte Metall heruntergescheuert, und die Beifahrertür sah nicht so aus, als ließe sie sich noch öffnen, ohne daß man eine Brechstange zu Hilfe nahm.
    Es war nur Metall. Ein Blechschaden, der sich reparieren ließ. Robert hatte in der Vergangenheit einige seiner Fahrzeuge schlimmer zugerichtet. Wahrscheinlich würde er darüber lachen, wenn er den ersten Schock überwunden hatte, und Stefan in den nächsten zehn Jahren mit mehr oder weniger originellen Bemerkungen und
    Sticheleien nerven, die er zu allen möglichen unpassenden Gelegenheiten zum besten gab.
    Aber für Stefan war der Anblick des zerschrammten Metalls in diesem Moment mehr. Er sah keinen zerrissenen Lack, kein zerbrochenes Glas und zersplitterten Kunststoff. Für ihn waren es blutende Wunden, eine Ankündigung dessen, was die Männer in dem Honda mit ihm vorgehabt hatten. Er hatte noch immer nicht die geringste Ahnung, wer die beiden Burschen gewesen waren, geschweige denn, warum sie ihn verfolgt hatten, aber die mißhandelte Flanke des BMW zeigte ihm ganz deutlich, wie die Sache geendet hätte, wäre es nach ihnen gegangen. Er würde jetzt auf einer Bahre liegen, mit zerrissenem Fleisch, zerbrochenen Knochen und einer langsam größer werdenden, dunklen Lache, in der sein Leben versickerte. Für einen Moment glaubte er das Blut sogar zu

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