Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
um
darüber
zu reden.«
    Barkow tat ihm nicht den Gefallen, den Blick von Rebecca zu wenden. Aber er antwortete. »Nein. Ich wollte nur wissen, ob Sie ehrlich sind.«
    »Haben Sie jemals einen ehrlichen Journalisten getroffen?« fragte Rebecca. Sie spielte nervös mit ihrem Feuerzeug, und Stefan konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie Wissler blaß wurde. Er selbst, vermutete er, auch. Barkow wirkte irritiert, ein bißchen verunsichert und auch ein ganz kleines bißchen verärgert. Dann lachte er, nicht vollkommen überzeugend, aber auch nicht völlig aufgesetzt; eher so, als hätte ihn diese Antwort positiv überrascht.
    »Eigentlich nicht«, gestand er. Er sah Stefan an. »Sie haben eine sehr intelligente Frau. Und eine sehr mutige.«
    »Ich weiß«, sagte Stefan, und Rebecca fügte hinzu: »Das können Sie mir auch direkt sagen. Oder ist es in Rußland üblich, Komplimente an die Männer der Frauen zu machen, denen sie gelten?«
    »Und sie ist auch sehr selbstbewußt«, fuhr Barkow ungerührt fort. »Vielleicht etwas zu sehr. Sie sollten irgendwann einmal mit ihr darüber reden.«
    Rebecca setzte schon wieder zu einer Antwort an, aber Stefan warf ihr einen so scharfen Blick zu, daß sie es bei einem Achselzucken beließ und an ihrer Zigarette zog. Versehentlich atmete sie den Rauch ein und begann zu husten.
    »Sie haben einen weiten und vermutlich sehr anstrengenden Weg auf sich genommen, um hierherzukommen«, sagte Barkow. »Also sollten wir nicht noch mehr Zeit verschwenden. Stellen Sie Ihre Fragen.«
    »Ich bin die, die die Fragen stellt«, sagte Rebecca. Sie kämpfte immer noch gegen den Husten, was den beabsichtigten Effekt ziemlich verdarb. Immerhin reichte es noch, um Barkow diesmal wirklich ärgerlich zu machen.
    »O ja, ich vergaß«, sagte er kühl. »Bild und Ton, nicht wahr. Wo ist Ihre Kamera?«
    »Verzeihung, Major«, sagte Wissler. »Sie selbst haben darauf bestanden, daß keine Aufzeichnungen gemacht werden. Keine Fotos, kein Tonbandgerät. Das waren Ihre Bedingungen.«
    »Das stimmt.« Barkow machte wieder eine Geste zu dem Mann an der Tür. Stefan widerstand der Versuchung, sich zu ihm herumzudrehen, aber er hörte, wie er das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloß.
    »Major Barkow«, begann Rebecca. »Wir sind Ihnen äußerst dankbar, daß sie uns dieses Interview gewähren, aber gestatten Sie mir trotzdem die Frage, warum?«
    »Warum?« Barkow legte den Kopf auf die Seite.
    Rebecca sah sich eine Sekunde lang hilflos um, dann drückte sie ihre Zigarette an der Tischkante aus, stopfte die Kippe in die Zigarettenschachtel zurück und legte das Feuerzeug auf den Tisch. »Ungefähr hundert unserer Kollegen haben in den vergangen fünf Jahren versucht, zu Ihnen vorzudringen«, sagte sie. »Keinem ist es gelungen. Und einige waren weitaus... prominenter als wir.«
    »Und jetzt fragen Sie sich, warum ich ausgerechnet Sie auserkoren habe«, sagte Barkow. Er lächelte. »Nehmen wir an, daß ich Ihnen vertraue. Oder Sie mir einfach sympathisch sind.«
    »Aber Sie kennen uns doch gar nicht.«
    Barkow lächelte. Er sah Wissler an, als er antwortete: »Das bedeutet nicht, daß ich nichts über Sie weiß, oder?«
    Stefan hatte sich nicht gut genug in der Gewalt, um sich nicht zu Wissler herumzudrehen. Wisslers Gesicht blieb unbewegt, aber ihm konnte nicht entgangen sein, daß Barkow die gleichen Worte benutzte wie er vorhin. Vielleicht war elektrisches Licht nicht die einzige Errungenschaft der technischen Zivilisation, die ihren Weg in diesen abgelegenen Winkel der Welt gefunden hatte.
    »Ich fürchte, das beantwortet meine Frage nicht«, sagte Rebecca. Stefan sah sie verwirrt an. Was sollte das? Hatte sie plötzlich alles vergessen, was sie auf der Journalistenschule und in mehr als zehn Berufsjahren gelernt hatte?
    »Sagen wir, daß ich Ihnen tatsächlich vertraue«, antwortete Barkow. »Nicht Ihnen persönlich. Sie haben recht: Ich kenne Sie gar nicht. Weder Sie noch Ihren Mann. Ihr Hiersein zeugt möglicherweise von großem Mut. Möglicherweise aber auch einfach nur von Dummheit. Warum ich Sie und keinen ihrer berühmten Kollegen ausgesucht habe, hat zwei Gründe: Das, was ich Ihnen zu sagen habe, wird Sie berühmt machen. Vielleicht werden Sie Ihren - wie heißt er noch? Pulitzer-Preis? ]a - Pulitzer-Preis dafür bekommen, vielleicht aber auch nur sehr viel Arger.«
    Stefan tauschte einen überraschten Blick mit Rebecca, aber sie nahm ihn kaum zur Kenntnis. Fieber hin, Nervosität her, sie war

Weitere Kostenlose Bücher