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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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als Ricky es für möglich gehalten hatte. Anscheinend hatten sich jede Kontur und jeder Ausdruck auf dem schönen, rauen Gesicht in sein Gehirn gebrannt.
    Nach und nach füllten sich die ersten Seiten mit einfachen Skizzen in dynamischen Posen. Erst in Kleidung, schließlich nackt. Die sechste Skizze zeigte schon sie beide und Ricky spürte, wie sich das Kribbeln in seinem Bauch erneut aufbaute, während er sich selbst auf allen vieren vor dem Kamin kniend zeichnete und Talas kräftigen Körper hinter sich setzte. Es war, als könnte er ihn aufs Neue tief in sich spüren.
    Langsam senkte er den Blick in seinen eigenen Schoß und zog überrascht die Brauen hoch.
    „Das kann doch nicht dein Ernst sein, Ricky! Nach dieser Nacht?“, fuhr er sich selbst an. Kopfschüttelnd ignorierte er seine pochende Erregung und fuhr mit der Arbeit fort. Bisher waren nie so viel Liebe, so viel Leidenschaft und Hingabe in seine Zeichnungen geflossen.
    Das änderte sich auch nicht, als er damit anfing, die ersten Comicseiten zu skizzieren.
    Als er das nächste Mal von dem Stapel aufsah, den er inzwischen gezeichnet hatte, war es spät geworden. Ricky hatte alles um sich herum ausgeblendet, wie so oft, wenn er ernsthaft arbeitete. Er stand auf und streckte sich, bis seine Gelenke knacksten. Der Teller mit den Broten stand unangetastet auf dem Tisch, und Ricky fiel auf, wie viel Hunger er hatte. Rasch schlang er das erste, vorhin angebissene Brot hinunter, warf dabei einen Blick zum Feuer hinüber, das fast ausgegangen war.
    Mit einem leisen Fluch lief er zum Kamin, um kleinere Scheite nachzulegen, die das Feuer wieder entfachen sollten – und stolperte dabei über den gelbbraunen Hund ... Wolf, der zusammengerollt mit der Nase am Schwanz vor dem Kamin lag.
    Ein wildes Glücksgefühl brandete in Ricky auf. Tala war zurück! Er war so in seine Arbeit vertieft gewesen, dass er das große Tier nicht bemerkt hatte. Ein wenig ungelenk ging er in die Hocke, streichelte über das weiche Fell und kraulte ihn hinter den Ohren.
    „Seit wann bist du hier? Ich hab dich gar nicht kommen hören“, fragte er leise und ohne eine Antwort zu erwarten. Tala konnte in dieser Gestalt schließlich nicht sprechen, soviel war ihm klar.
    Tala hob den Kopf, gähnte mit einem quietschenden Geräusch, leckte einmal quer über Rickys Gesicht und setzte sich auf.
    Gleich darauf wurde Ricky Zeuge eines Schauspiels, das ihm den Atem raubte: Er beobachtete, wie aus dem großen Wolf ein Mensch wurde. Sein Herz hämmerte hart in seinem Hals, und er wagte nicht, sich zu be wegen, bis Tala mit einem schiefen Grinsen vor ihm saß, gehüllt in den struppigen Pelzmantel und mit wild zerzaustem Haar.
    „Ich wollte dich nicht stören. Du warst so in deine Arbeit vertieft“, erwiderte Tala, stand auf und schnupperte laut.
    „Das riecht gut! Bekomme ich etwas davon?“
    Der irrationale Gedanke schoss Ricky durch den Kopf, dass das mal eine ganz neue Art für einen Hund war, um Futter zu betteln.
    Leise lachend nickte Ricky schließlich und holte den Teller mit den Broten. Er nahm sich selbst eines und reichte den Rest an seinen Besucher weiter, bevor er sich vorsichtig auf den Stuhl sinken ließ. Erstens wollte er Tala nicht zu nahe kommen und zweitens waren seine Beine durchzogen von einem schmerzhaften Muskelkater. Tala schien zu merken, dass Ricky ein wenig Abstand zwischen sie bringen wollte.
    „Was ist los?“, fragte er nach dem ersten Bissen.
    „Ich – nichts.“ Ricky unterbrach sich selbst und rieb sich über das Gesicht. Er hatte Sorge, dass er sich einfach vergessen würde, wenn er Tala zu nahe kam. Zwar wollte er es liebend gerne, aber er kannte diesen Mann einfach nicht genügend. Und er wollte ihn kennenlernen.
    „Erzähl mir von dir“, bat er schließlich und neigte den Kopf ein wenig zur Seite.
    „Was möchtest du wissen?“
    Das war eine gute Frage. An sich wollte Ricky alles wissen, was es über Tala zu wissen gab; wo er aber mit all seinen Fragen anfangen sollte, wusste er nicht. Er warf einen Blick auf seine Zeichnungen und riss den Kopf ganz schnell herum. Auf diese heißen Bilder zu starren war nicht unbedingt der richtige Weg, um sich daran zu erinnern, welche Fragen ihm eben im Kopf herumgegeistert waren.
    „Diese ganze Wolfsache. Erzähl mir davon, ja?“
    Tala stockte einen Moment, kaute zu Ende und legte das Brot zurück auf den Teller. Sein Blick ging von Ricky zu den Papieren auf dem Tisch und zurück zu Ricky.
    „In Ordnung“, sagte er

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