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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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spazieren gehen als alleine!“, rief er erneut in den Wald.
    Er schmunzelte und schüttelte über sich selbst den Kopf. Wie albern er sich dabei vorkam! Plötzlich hörte er aus der Ferne ein Heulen. Das Antwortheulen eines Wolfes. Tala! Selbst wenn Ricky nicht wusste, was genau es zu bedeuten hatte, fühlte er sich beruhigt. Bis er ein leises Knacken ein Stück tiefer im Wald vernahm. Er blieb stehen und starrte zwischen die Bäume.
    „Tala?“, fragte er leise. Doch es war nicht Tala, der da zwischen den Bäumen hindurch kam. Ein fast gänzlich weißer Wolf mit grauer Maske und feuchtem Fell löste sich aus der Schneelandschaft des bislang recht dünnen Waldes und kam langsam immer dichter heran. Seine schwarzen Augen fixierten Ricky bedrohlich und das leise Knurren ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Dieser Wolf war sogar größer als Tala. Dass es sich hier nicht um einen gewöhnlichen Wolf handelte, war ihm sofort klar.
    Hilfe suchend schaute Ricky sich um, konnte Tala aber nirgendwo entdecken. Er hörte auch kein Geräusch, das auf ihn hinwies, egal wie weit entfernt er sein mochte.
Ricky machte einen Schritt rückwärts, dann noch einen. Jedes Mal rückte der Wolf nach, sodass der Abstand zwischen ihnen gleich blieb.
    Er sah, wie der fremde Wolf die Nüstern blähte und Witterung aufnahm, und ihm wurde heiß und kalt. Wie war das gewesen? Ein anderer Wolf machte Tala das Revier streitig? Aber das war längst nicht alles, oder? Nein. Ricky roch nach Tala.
    Panik stieg in ihm hoch. Behutsam machte er einen weiteren Schritt nach hinten – und stolperte mit einem entsetzten Aufschrei über einen dicken Ast, der aus dem Schnee ragte.
    Der Wolf knurrte auf. Ricky beobachtete, wie das Tier drei große Sprünge machte – zu schnell für ihn, um sich wieder aufzurappeln. Beim nächsten Atemzug roch er den heißen Atem des großen Wolfs, der über ihm stand wie über seiner Beute – für die er ihn wahrscheinlich tatsächlich hielt.
    Ricky war wie gelähmt vor Angst. Er sah in das Gesicht des Wolfs und bildete sich ein, dass dessen Augen glühten. Was würde jetzt geschehen? Er glaubte nicht, dass das fremde Tier ihm freundlich gesonnen war. Dafür klang das beständige Knurren zu bedrohlich.
    „Lass mich gehen“, flüsterte er heiser. „Ich tu dir nichts und ich gehöre dir nicht.“ Er hoffte inständig, dass er sich nicht irrte und der Wolf verstand, was er ihm sagte.
    Ein paar Sekunden lang herrschte gespannte Stille. Ricky hörte nichts außer seinem eigenen Herzschlag und dem Atem des Wolfes. Auf einmal riss der Wolf den Kopf hoch und stieß ein langes Heulen aus, das wie ein Ruf klang. Es hallte von d en Bergen wider und ließ die Äste erzittern. Vögel stoben aus den Baumwipfeln davon, und im nächsten Moment hatte Ricky keinen Wolf mehr über sich.
    Es war ein Mann, der über ihm kniete, nackt und mit funkelnden Augen, so schwarz wie die des Wolfes. Sein Haar war wuschelig und weiß, trotzdem wirkte er nicht viel älter als Tala.
    „Nein. Noch gehörst du mir nicht“, knurrte der Fremde.
    Ricky versuchte sich unter ihm herauszuwinden, doch der Mann packte ihn an der Kehle und drückte ihn mit unmenschlicher Kraft in den Schnee zurück. „Ich werde nicht zulassen, dass er dich bekommt!“
    Ricky schrie auf, als die großen Hände seinen Anorak aufrissen, als sei er aus Papier. Er versuchte verzweifelt, sich aus dem Griff zu winden, wusste dabei jedoch, dass er keine Chance hatte. Seine einzige Chance war Tala, also schrie er nach ihm und wartete eigentlich darauf, dass sein Peiniger ihm den Mund zuhalten würde. Was er nicht tat.
    Ricky fiel es wie Schuppen von den Augen. Es ging hier nicht um ihn. Es ging um Tala. Die Erkenntnis musste sich in seinem Gesicht abgezeichnet haben, denn der Mann über ihm lachte gehässig und nickte.
    „Ich habe euch gerochen. Ihr habt es am Waldrand getrieben. Du stinkst so erbärmlich nach ihm. Das werde ich dir austreiben!“
    „Nein!“ Ricky hatte das Gefühl, sich bereits ewig gegen diesen Kerl zu wehren, und verlor seine Kleider trotzdem. Sein Pullover war zerfetzt und seine Hose hing nur mehr halb auf seiner Hüfte. Kalt spürte er den Schnee unter sich.
    Dann, als Ricky glaubte sich seinem Schicksal ergeben zu müssen, zerriss ohrenbetäubendes Heulen und Knurren die Luft. Ricky wandte den Kopf genauso schnell herum wie der Fremde.
    Der honiggoldene Wolf sprang auf sie zu und riss den weißhaarigen Kerl von Ricky hinunter.
    „Tala!“ Während die

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