Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
schallisolierten, unterirdischen Räumen. Sie wusste nicht, was Max Hansen den Studiotechnikern und dem Produzenten erzählt hatte, aber es war ganz offensichtlich, dass sie in ihr nur ein störendes Anhängsel sahen, das man gerade eben noch tolerieren konnte.
Teilweise lag es auch an Theres. Sogar wenn sie in den Studioraum sollte, um die Gesangspur aufzunehmen, weigerte sie sich, ohne Begleitung hineinzugehen. Teresa wurde erklärt, dass sie keinen Laut von sich geben durfte. Kein Rascheln, keine Bewegung, kein lautes Atmen. Am besten gar nicht existieren.
Theres war die Technik mit dem Mikrofon und den Kopfhörern von ihren Aufnahmen zu Hause bekannt, und soweit Teresa es beurteilen konnte, sang sie schon beim ersten Take perfekt. Die Aufforderung, leise zu atmen, erwies sich als überflüssig, da Teresa die meiste Zeit die Luft anhielt.
Die Stimme des Produzenten erklang aus einem Paar Lautsprechern, und er bat Theres, der einen Phrase etwas mehr Druck zu verleihen, sich in der ersten Strophe etwas zurückzuhalten und so weiter. Theres machte, worum sie gebeten wurde, und nach zwei weiteren Takes war der Produzent zufrieden.
Eine gute Stunde später war der erste Rohmix fertig und wurde abgespielt. Teresa konnte nicht verstehen, warum es Rohmix hieß. Für sie klang es bereits wie etwas, das man im Radio hören konnte, und ein Schaudern kroch ihr die Arme hinunter, als sie die ersten Zeilen hörte und dachte: Das ist mein Lied. Ich habe das geschrieben.
Angesichts des Ergebnisses schienen die Studioleute von einer ähnlichen Erkenntnis getroffen zu sein, und sie betrachteten sie mit milderen Augen. Ein etwa zwanzigjähriger Typ wandte sich ihr zu und sagte: »Guter Text, wirklich«, und Teresa musste ihren Kopf senken, damit niemand sah, wie sie rot wurde. Mit Gemeinheiten konnte sie umgehen, mit Lob und Freundlichkeit dafür umso weniger.
Der Song lief weiter, und obwohl es sich professionell anhörte, fand Teresa, dass etwas fehlte; etwas war auf dem Weg von ihrer einfachen Version aus Svedmyra bis hierher verloren gegangen. Sie konnte partout nicht den Finger darauf legen und wollte auch nichts sagen, da sie wusste, dass sie nur abwinken würden. Vermutlich wussten sie, was sie taten.
Dann nahmen sie sich des Covers von »Thank you for the music« an, und als Theres die letzte Zeile: »For giving it to me …« gesungen hatte, saßen die Leute am Mischpult mit hängenden Unterkiefern da. Der Produzent schaltete die Lautsprecher an, damit der spontane Applaus auch von Theres und Teresa gehört werden konnte.
Max Hansen war zufrieden und meinte, dass sie »auf einem Bombenmaterial sitzen« würden. Als Teresa fragte, ob sie den Rohmix auf einer CD mitnehmen könnten, antwortete er, dass dies unmöglich sei, weil sie nicht riskieren durften, dass sich die Songs verbreiteten, bevor alles fertig war.
Am besten wäre es, wenn sie ihre selbst produzierte Version ebenfalls vernichten würden, damit kein unnötiges Leck entstehen könne. Teresa sagte: »Klar«, ohne auch nur im Traum daran zu denken. Max Hansen drückte Theres einen Fünfhunderter in die Hand. Er würde von sich hören lassen, sobald sich wieder etwas tat.
Nach dem trotz allem recht stillen und ruhigen Milieu des Tonstudios war es wie ein kleinerer Schock, auf die Götgatan hinauszutreten, die von vorbeispazierenden Sonntagsflaneuren und Schaufensterbummlern bevölkert war. Teresa atmete die kalte Luft ein und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Da spürte sie eine Hand, die sich schwer auf ihre Schulter senkte, sah eine Bewegung in den Augenwinkeln und konnte sich gerade noch rechtzeitig umdrehen, um Theres aufzufangen, die im Fallen begriffen war.
Die Leute schielten zu ihnen herüber, als Teresa den Kopf ihrer Freundin fest an ihre Brust drückte und beide in dieser verkrampften Umarmung verharrten. Teresa flüsterte: »Was ist? Wie geht es dir?«
Theres’ Körper erbebte, als sie mit einem einzigen, langen Pusten ausatmete, das durch Teresas Pulli drang und ihre Haut wärmte. Sie hielt Theres noch kräftiger fest und blieb noch eine ganze Zeit so stehen. Schließlich richtete Theres sich so weit auf, dass ihr Mund sich vom Stoff löste, und sagte: »Sie essen.«
»Wer? Die im Studio?«
»Sie nehmen. Sie essen.«
Teresa griff nach Theres’ Hand, um sie zu stützen, und stellte fest, dass sich die Finger fest um den Fünfhunderter geschlossen hatten, den Max Hansen ihr gegeben hatte. AlsTheres sie berührte, öffnete sie die
Weitere Kostenlose Bücher