Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
ist bildhübsch . Wie bist du an so eine Freundin gekommen?«
Teresa antwortete nicht und machte keine Anstalten, an dasTelefon zu kommen, weil sie wusste, wie es enden würde. Jenny würde weglaufen, es einer anderen zuwerfen, und Teresa würde sich nur noch schlechter fühlen, als sie es jetzt schon tat. Es war ihr egal, was sie sagten, aber sie mochte nicht, dass sie sich über Theres ausließen. Mochte es ganz und gar nicht.
»Oh, verdammt!«, schrie plötzlich Johanna und zeigte auf Teresas Handy. »Das ist doch die, die bei Idol mitgemacht hat! Kennst du die etwa?«
Teresa nickte, und Jenny, die spürte, dass ihr die Situation zu entgleiten drohte, sagte: »Natürlich kennt sie die nicht. Und außerdem war sie ja absolut unterirdisch. Das Unterirdischste, was ich je gesehen habe.«
Teresa ging näher heran und stellte sich auf der anderen Seite des Tisches auf. Dann räusperte sie sich und spuckte Jenny ins Gesicht. Jenny quiekte vor Ekel und wischte sich Teresas Speichel aus dem Auge. Dann tat sie etwas, das Teresa ihr niemals zugetraut hätte. Jenny kniff die Augen zusammen und fauchte: »Du widerliches, verdammtes, kleines Miststück, was bildest du dir ein«, worauf sie über den Tisch sprang und mit ihren langen Nägeln auf Teresas Gesicht losging.
Es tat nicht besonders weh, und Teresa bewahrte die Fassung. Sie sah Theres mit dem Glaspickel vor sich. Die Ruhe. Es war alles eine Frage der Ruhe. Der Ruhe und der Rücksichtslosigkeit. Als Jenny erneut mit fuchtelnden Armen auf sie losging, beugte Teresa ihren Körper ein winziges Stück nach hinten, um Kraft zu sammeln, schloss die Hand zu einer Faust und schlug sie so hart sie konnte in Jennys Gesicht.
So einfach. Jenny purzelte nach hinten, und Blut begann aus ihrer zertrümmerten Nase zu schießen. Die anderen Mädchen standen wie festgefroren da, und Teresa hob ihr Handy auf und stopfte es in ihre Tasche. So einfach. Im Grunde ist alles so einfach.
Nachdem Jenny ins Krankenhaus abtransportiert worden war, durfte Teresa ein langes Gespräch mit dem Rektor und derSozialpädagogin führen. Das Gespräch erinnerte in vielerlei Hinsicht an die Unterrichtsstunde zum Thema Demokraten/Republikaner, mit dem Unterschied, dass sie dieses Mal leider keine Aufzeichnungen machen konnte. Sie war schon dabei, ihr Erlebnis mit Jenny in einen Songtext umzuwandeln, der den Arbeitstitel »Brei« trug. Er handelte von Dingen, die normalerweise eine feste Form hatten und die man zu Brei machen musste, wenn man leben wollte.
Außerdem beschäftigte sie ihre neue Entdeckung: die Einfachheit. Meistens wusste man ja, was in einer Situation zu tun war, aber Zweifel, Feigheit oder falsche Rücksichtnahme hinderten einen daran. Es war selbstverständlich gewesen, den Körper und die Hand nach hinten zu verlagern und dann nach vorn zu schnellen und zuzuschlagen. Das Problem bestand darin, wie man diese Einfachheit auf Situationen anwendete, in denen es nicht um Gewalt ging und die man nicht mit Gewalt lösen konnte.
Folge deinem Herzen.
Ja, so gesehen war es eine unglaublich banale Erkenntnis. Aber vielleicht waren die banalsten Erkenntnisse gleichzeitig die allergrößten, wenn man es wirklich schaffte, nach ihnen zu leben.
So könnte es sein, und so gingen Teresas Gedanken, während der Rektor und die Sozialpädagogin eine Frage nach der anderen stellten und Teresa einsilbige Antworten in einem Tonfall gab, von dem sie hoffte, dass er authentisch klang. »Weiß nicht«, »Weiß nicht«, »Nee«, »Ja«. Dieses Mal hieß die Rolle: Mädchen schockiert von ihrer eigenen Tat .
Glücklicherweise hatte sie selbst genug Kratzer im Gesicht, Requisiten, die ihr bei der Darstellung ihrer Rolle halfen. Sie hatte rotgesehen, sie konnte gar nicht begreifen, was sie getan hatte. Schließlich durfte sie in den Unterricht zurückkehren.
Als sie das Klassenzimmer betrat, wurde es still, während sie zu ihrem Platz ging. Als sie zu Micke hinüberschielte, flog derHauch eines Lächelns über sein Gesicht. Sie zückte ihr Notizbuch und kritzelte die Textfragmente hinein, die sie für »Brei« gesammelt hatte. Sie wusste schon, zu welcher Melodie sie passen würden.
12
Wenn eine Reise über tausend Kilometer mit dem ersten Schritt beginnt, dann fängt vieles von dem, was eine große Bedeutung bekommen wird, als Spaß an. Jemand hat Langeweile und probiert eine kleine Idee aus, um sich die Zeit zu vertreiben. So sind Pacman, Nylonstrümpfe, die allgemeine Relativitätstheorie oder Der
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